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Trotz der Wolfsrisse: Südtiroler Züchter stellen auf der Agrialp aus

Die Wolfszahl im Alpenraum steigt weiter - die Probleme steigen mit.
am Montag, 18.09.2023 - 14:51

Noch vor zwei Monaten hatten sich die Südtiroler Tierzuchtverbände dagegen ausgesprochen, an der Agrialp Rinder, Pferde, Schafen, Ziegen und Kleintiere auszustellen – aus Protest gegen die Wolfspolitik. Jetzt stellen sie doch aus, aber anders.

Die beliebte Messe Agrialp 2023 findet in Bozen vom 23. bis 26. November statt, ein beliebtes Ausflugsziel der Südtiroler und bisher ein Familien-Streichelzoo mit Rindern, Pferden, Schafen und Kleintieren.

Noch im Juli hatten die Südtiroler Tierzuchtverbände, namentlich der Braunviehverband, der Rinderzuchtverband, der Haflingerverband und der Kleinzuchtverband, gemeinsam den Boykott der Agrialp angekündigt, sie wollten also auf die Ausstellung von Tieren verzichten – aus Protest. Die Tierhalter in Südtirol sind nämlich frustriert, sauer und voller Sorgen angesichts der starken Zunahme von Wolfsrissen. Allein 513 Nutztierrisse gab es 2022, das sind fünfmal soviel wie 2020 und fast zehnmal soviel wie 2018.

Keine Mehrheit für Boykott der Agrialp

Braunvieh-Obmann Jakob Huber wäre der Agrialp am liebsten wohl ganz fern geblieben, aus Protest gegen die Wolfspolitik in Italien und in Südtirol. Letztlich gab es jetzt bei den Verbänden aber doch keine Mehrheit für einen vollständigen Boykott. Wie Huber auf Anfrage berichtet, soll die Tierausstellung allerdings in einer deutlich verkleinerten Form stattfinden, etwa mit der Hälfte der Tiere wie in der Vergangenheit. Dafür möchte man mit Wolfsplakaten und persönlichen Gesprächen die Bevölkerung über die dramatische Situationen informieren.

Agrialp: Kleinere Tierausstellung und Wolfsplakate

Der Almsommer 2023 ist nach Hubers Aussage katastrophal, was die Wolfsentwicklung betrifft. Neben den Schafen seien auch Rinder, Esel und Pferde von den Rissen betroffen. Überhaupt kein Verständnis zeigt Huber dafür, dass sich jüngst auch die landeseigene Wildbeobachtungstelle des Landes Südtirol gegen Abschüsse ausgesprochen hat. Diese fordert unter anderem, dass Herdenschutzmaßnahmen vor einem Abschuss umgesetzt werden müssen und man Vergrämungsaktionen nicht ablehnt. Das meldet die Zeitung „Dolomiten“.

Südtiroler Beobachtungsstelle lehnt Abschuss ab

Im Hochpustertal verzichten die Bauern dieses Jahr auf den Almabtrieb als Protest gegen zahlreiche Wolfrisse auf den Sextnter Almen. Auf einer Alm in Gröden wurden 30 von 300 Schafen vom Wolf gerissen. Auch vor Rindern machen die Beutegreifer nicht Halt. 

Die Situation ist dramatisch. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Almen nicht mehr bestossen werden. Dass die Almwirtschaft mittlerweile weit mehr gefährdet als der Wolf, wird von immer mehr Menschen erkannt. Sogar aus Brüssel kommen Signale den Schutzstatus zu senken.

Ein Schlag ins Gesicht der Weide- und Almbauern

Bisher hatten die Südtiroler Landwirte angesichts der stark steigenden Wolfsrisse und des großen Tierleides, dass damit einhergeht, auf Rom und Brüssel geschimpft. 

Dass jetzt mit dem „Nein“ der landeseigenen Beobachtungsstelle auch aus Südtirol selbst so ein Gegenwind gegen die Entnahme von Wölfen kommt, ist für die Weide- und Almbauern ein Schlag ins Gesicht. Drei von fünf Mitgliedern dieser Kommission sind dem Landresrat Arnold Schuler unterstellt.