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Webinar

Agri-Photovoltaik: Ohne EEG-Förderung ökonomisch denkbar?

Agriphotovoltaikanlage mit Traktor bei mechanischer Unkrautbekämpfung
am Dienstag, 01.02.2022 - 09:00 (Jetzt kommentieren)

Wie Agri-PV-Anlagen im Einzelfall ohne EEG-Förderung finanziert werden können, zeigten das Technologie- und Förderzentrum Straubing und die Kanzlei BBH in einem Webinar. Die Chancen und Herausforderungen für Agri-PV-Anlagen und die Möglichkeiten, ohne EEG-Förderung mit Agri-PV-Anlagen zu wirtschaften, haben wir für Sie zusammengefasst.

Was ist eine Agri-Photovoltaik-Anlage?

Agri-Photovoltaik-Anlagen (Agri-PV-Anlagen) sind Systeme, die durch Doppelbewirtschaftung die Effizienz der Landnutzung steigern sollen. Die Agrarproduktion bildet dabei den primären Wirtschaftszweig, die Stromproduktion aus Sonnenenergie ist die sekundäre Nutzung. Nach der DIN SPEC 91434 gelten nur offene Systeme, entweder bodennah oder aufgeständert, in Kombination mit Acker- oder Dauergrünland als Agri-PV-Anlagen.

Welche Förderungen für Agri-PV-Anlagen gibt es?

Gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gelten Agri-PV-Anlagen als Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien (§3 Nr.1 EEG 2021). Das heißt, es besteht ein gesetzlicher Anspruch auf vorrangigen Anschluss an das öffentliche Stromnetz und die vorrangige Abnahme des so produzierten Stroms. Je nach Größe der Agri-PV-Anlage gibt es unterschiedliche Förderungsmöglichkeiten. Dabei kann unter Berücksichtigung der „Verklammerungsregeln“ in § 24 EEG 2021 nach der Leistung der jeweiligen Anlage wie folgt klassifiziert werden:

  • Festvergütung:                                    Anlagen bis 750 kWp
  • Ausschreibung, erstes Segment:     Anlagen von 750 kWp bis 20 MWp
  • Innovationsausschreibung:              Anlagen von 100 kWp bis 2 MWp

Die Einspeisevergütung gilt somit in erster Linie für kleinere Anlagen, Großanlagen können nach erfolgreicher Beteiligung an einer Ausschreibung mit der gleitenden Marktprämie gefördert werden.

Eigene Ausschreibungen für Agri-PV-Anlagen

Eine Besonderheit stellen insoweit die Innovationsausschreibungen dar. Denn hier sind nur Anlagenkombinationen teilnahmeberechtigt: Eine fluktuierende Erneuerbare Energie – wie eine Solaranlage – muss mit einer anderen Erneuerbaren Energie oder einem Speicher kombiniert werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass für den Ausschreibungstermin am 01.04.2022 ein eigenes Segment für Besondere Solaranlagen, zu denen auch Agri-PV-Anlagen zählen, vorgesehen ist. Teilnahmeberechtigt sind hier Anlagenkombinationen mit einer Leistung von 100 kWp und mehr, wobei die Gebotsmenge 2 MWp nicht überschreiten darf.

Bei einer Zuschlagserteilung wird eine fixe Marktprämie gewährt. Das bedeutet, dass die Marktprämie aus dem EEG-Förderkonto zusätzlich zum Markterlös für den direktvermarkteten Strom gewährt wird.
Bei „Ausschreibungsanlagen“ ist insbesondere das Eigenverbrauchsverbot (§ 27a EEG 2021) zu beachten. So dürfen Betreiber im gesamten Zeitraum der Förderung den Strom grundsätzlich nicht zur Eigenversorgung nutzen.
 

Strom aus Agri-PV-Anlagen ohne EEG-Förderung verkaufen

Jens Vollprecht ist Rechtsanwalt und Partner der BBH Berlin. Er betreut projektbegleitend Mandaten aus dem Bereich erneuerbarer Energien. Im Webinar erklärt Vollprecht, welche weiteren Optionen Betreiber von Agri-PV-Anlagen "außerhalb" des EEG haben, den Strom zu vermarkten:

  • Eigenversorgung
  • Direktlieferung
  • Sonstige Direktvermarktung

Was gilt für Agri-PV-Anlagen außerhalb der EEG-Förderung?

Wenn keine finanzielle Förderung nach dem EEG in Anspruch genommen wird, entfallen die Anforderungen, welche an die finanzielle Förderung gekoppelt sind. Das bedeutet unter anderem, es gibt keine Einschränkungen der Flächenkulisse, ein Bebauungs-Plan mit Blick auf die finanzielle Förderung ist in diesem Fall nicht erforderlich und das Eigenversorgungsverbot entfällt. Dies kann schon Vorteile gegenüber einer Vermarktung im Rahmen des EEG bringen.

Aber da der erzeugte Strom aus einer Anlage mit erneuerbarer Energie stammt, muss der eingespeiste Strom einer der folgenden Veräußerungsformen zugeordnet werden:

  • geförderte Direktvermarktung
  • sonstige Direktvermarktung
  • Einspeisevegütung
  • Mieterstromzuschlag

Wie Jens Vollprecht erklärt, ist ohne finanzielle Förderung nach dem EEG nur die sonstige Direktvermarkung möglich. Zu beachten sind auch die weiterhin geltenden Pflichten abseits der finanziellen Förderung, wie beispielsweise bezüglich der technischen Einrichtungen (§9 EEG 2021).

Was sind Power-Purchase-Agreements bei Agri-PV-Anlagen?

Power-Purchase-Agreements (PPA) sind Lieferverträge für Strom aus erneuerbaren Energien, welche nicht nach dem EEG gefördert sind. Einer der wichtigsten Vertragsgegenstände ist das Entgelt für den gelieferten Strom. Welcher Preis hier erzielt werden kann, wird auch von der Entwicklung des Strompreises abhängen.

Ein PPA kann nach unterschiedlichen Kriterien ausgelegt sein. Der Vertragspartner kann ein Stromhändler sein, in diesem Fall spricht man von Utility oder Merchant PPAs. Ist der Stromnutzer ein Industrieunternehmen handelt es sich um einen Corporate PPA. Weiterhin wird nach der abzunehmenden Strommenge unterschieden, entweder gibt es eine feste Abnahmemenge (fixed-volume PPA) oder es wird die gesamte erzeugte Energie geliefert (pay-as-produced PPA).

Da keine finanzielle Förderung nach dem EEG beansprucht wird, können Herkunftsnachweise ausgestellt und damit Zusatzerlöse erzielt werden. Zukünftig wird auch das Thema „Klimaneutralität“ immer wichtiger werden. Unternehmen, die sich dieses Ziel setzen, werden Strom aus ungeförderten erneuerbaren Anlagen benötigen.

Bei der THG-Quote ergeben sich seit dem 01.01.2022 attraktive Einsatzmöglichkeiten u.a. für Strom aus Solaranlagen. Auch dies könnte zu höheren Einnahmen führen. Darüber hinaus sind u.a. die Netzentgelte, Abgaben, Umlagen und die Stromsteuer zu beachten. Diese können im Einzelfall komplett entfallen oder zumindest reduziert werden.
Je nach Konzept kann damit im Einzelfall auch eine Agri-PV-Anlage ohne finanzielle Förderung nach dem EEG ökonomisch denkbar sein.
 

EU-Direktzahlungen für Agri-PV-Anlagen

Die Verordnung zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (DirektZahlDurchfV) ist ein Kernelement der EU-Agrarförderung. Jens Vollprecht nennt hier vor allem die Problematik im Wortlaut des § 12 Abs. 3 DirektZahlDurchfV. Denn Flächen mit Solaranlagen werden hier pauschal von den Direktzahlungen ausgeschlossen. Die Regelung müsse jedoch mit der „europarechtlichen Brille“ gelesen und eine Beurteilung im Einzelfall vorgenommen werden. Daher können die Direktzahlungen beansprucht werden, wenn die landwirtschaftliche Tätigkeit durch die Agri-PV-Anlage nicht „zu stark“ beeinträchtigt wird, so Vollprecht weiter. Eine Änderung der Verordnung, die ein solches Verständnis bestätigt, wird bald in Kraft treten.

Mit Material von LandSchafftEnergie am Technologie- und Förderzentrum Straubing, Kanzlei BBH
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