
Die Rohölpreise sind der wichtigste globale Indikator für die Entwicklung der Energiepreise und der Produktionskosten – auch in der Landwirtschaft. Und im neuen Jahr scheinen die Kosten für Energie, Treibstoff, Dünger und fast alle anderen Betriebsmittel gerade zu explodieren.
Einige der Kostentreiber sind hausgemacht, wie etwa die Einführung der CO2-Steuer und die Wiederhochsetzung der Mehrwertsteuer. Doch einen sehr kräftigen Schub erhalten die Kosten seit kurzem vom globalen Energiemarkt. Erstmals seit 13 Monaten sind die Rohölpreise Mitte Februar wieder über 60 USD je Barrel gestiegen. Seit November schossen die Preise für das Rohöl WTI um 35 USD je Barrel bzw. gut 70 Prozent nach oben.
Erdgas – der wichtigste Kostenfaktor für die Herstellung von Stickstoffdünger und gleichzeitig ein wichtiger Indikator für die Heizkosten – verteuerte sich in Europa zeitweise um 65 Prozent – zuletzt gaben die Kurse dort wieder etwas nach.
Trotzdem: Wohin man schaut explodieren die Kosten und fressen die mageren Einnahmen vieler Landwirte. Auch die Ackerbauern dürften wohl nicht viel von den hohen Getreidepreisen haben – denn zum einen muss man überhaupt noch Getreide im Lager haben, um es zu den derzeitigen Kursen verkaufen zu können. Zum andern könnte die kommende Ernte möglicherweise zu deutlich niedrigeren Preise gehandelt werden als man jetzt erwartet, während die Kosten der Produktion steigen und steigen.
Hintergrund ist, dass die hohen Getreidepreise nach den derzeitigen Daten eine gewaltige Anbauexpansion auslösen könnten. Aus Nordamerika meldet das USDA jedenfalls, dass viele Farmer im Frühjahr planen, den Anbau von Mais, Soja und Sommerweizen deutlich auszuweiten. Dasselbe ist aus Südamerika zu hören.
Ölproduktion wird weiter gedrosselt – Entwicklung sehr fragil

Wie aber ist der sprunghafte Anstieg der Energiepreise und der Produktionskosten zu erklären – denn die globale Wirtschaft steckt wegen Corona je eigentlich in einer tiefen Krise.
Das verdeutlichen auch viele aktuelle Daten und Berichte: So hat die Europäische Kommission ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in der Eurozone für 2021 vor kurzem von 4,2 Prozent auf 3,8 Prozent gesenkt. Der Grund: Viele Regierungen in Europa haben die Sperrmaßnahmen ausgeweitet oder verlängert, um die Ausbreitung von Corona einzudämmen.
Die Internationale Energie-Agentur IEA hat in ihrem Monatsbericht von Februar die Prognose für die weltweite Ölnachfrage für 2021 vor dem Hintergrund der belasteten Wirtschaft von 96,6 Mio. Barrel je Tag (bpd) um 96.000 Mio. bpd auf 96,4 Mio. bpd gesenkt. Dies ist die vierte Abwärtskorrektur in Folge.
Weiter heißt es in der Prognose: „Die Belebung der globalen Ölnachfrage bleibt aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Probleme sehr fragil“. Die IEA sagte auch, dass das Rohölangebot außerhalb der OPEC+ im Jahr 2021 sogar um 830.000 bpd steigen dürfte – speziell wohl aus Libyen und möglicherweise auch aus Russland und den USA.
Die Pandemie begrenzt zudem weiterhin den Flugverkehr auf der Welt und damit auch die Nachfrage nach Flugbenzin und Rohöl. Daten vom größten globalen Datensammler für Flugdaten, dem Official Airline Guide (OAG) zeigen, dass die wöchentlichen weltweiten Linienflüge 47 Prozent niedriger sind als im Vorjahr.
Weltwirtschaft eigentlich nicht fit – aber es fließt viel Geld

Auf der anderen Seite wird ein stärker als erwarteter Flugverkehr aus Europa gemeldet, der sich positiv auf die Nachfrage nach Flugbenzin und auf die Rohölpreise auswirkt. Ein Bericht von der europäischen Luftfahrtbehörde Eurocontrol zeigt, dass der europäische Flugverkehr in den ersten zehn Tagen des Februar im Jahresvergleich um 66 Prozent zurückgegangen ist, erwartet worden war jedoch ein Rückgang von 72 Prozent.
Besonders positiv reagierten die Rohölpreise aber auf die Anzeichen, dass die Pandemie in den USA nachlässt. Das wäre ein wichtiger Treiber für das globale Wirtschaftswachstum und den Energiebedarf, glauben Analysten. Aktuelle US-Daten zeigen jedenfalls, dass der 7-Tage-Durchschnitt der neuen Covid-Infektionen in den USA auf den niedrigsten Stand seit über 3 Monaten gefallen ist.
Hinzu kommt: In den USA fließt reichlich Geld in den Markt und an die Verbraucher. Vorige Woche wurde ein Gesetz verabschiedet, das Zahlungen in Höhe von 593,5 Milliarden US-Dollar vorsieht, von denen der größte Teil aus 1.400 US-Dollar Konjunkturzahlungen an die meisten Amerikaner besteht. Diese Maßnahme ist Teil eines noch größeren Gesamtpakets der Pandemiehilfe in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar, den das Parlament voraussichtlich in der Woche vom 22. Februar genehmigen wird und dann zur Prüfung an den Senat weiterleiten wird.
Deutschland: Stärkster Kostensprung seit 10 Jahren

In Deutschland waren die Energiekosten bereits im Januar kräftig gestiegen – wie das Energieportal Verivox berichtet. Danach mussten die deutschen Verbraucher für Heizung, Strom und Kraftstoff deutlich mehr Geld ausgeben als noch im Dezember. Nach Angaben von Verivox betrug der Anstieg gegenüber dem Dezember etwa sieben Prozent. Das sei die stärkste monatliche Zunahme in den vergangenen zehn Jahren gewesen, heißt es weiter.
Grund für die Verteuerung war neben der neuen CO-Steuer auch die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung. Im Januar verteuerte sich laut Verivox Heizöl um zwölf Prozent und Gas um fünf Prozent. An der Tankstelle hat sich Benzin im Monatsvergleich um 9,8 Prozent verteuert, Diesel um 11,2 Prozent.
Nun kommt aber der sehr kräftige Anstieg der Rohöl- und Erdgaspreise im Februar hinzu. Hier dürfte es einen neuen kräftigen Kostenschub für alle Energieträger und auch für landwirtschaftliche Betriebsmittel und Investitionsgüter geben. Noch vor wenigen Wochen hatten die Analysten nicht mit solch einem steilen Ansteig der Energiepreise gerechnet.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte – ähnlich wie die IEA – wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage mit einer Erholung der Nachfrage und der Preise nicht vor dem zweiten Halbjahr 2021 gerechnet. „Nach steigenden Preisen noch in diesem Jahr sehe es nicht aus“, schrieb der IWF vor kurzem in seinem Bericht. "Zu viele Unsicherheitsfaktoren, allen voran die Corona-Pandemie, mit hohen Infektionszahlen weltweit, belasteten die Wirtschaft und damit auch die Ölnachfrage und die Ölpreise", glaubte der IWF.
Nun kommt es offenbar aber ganz anders und die Teuerung trifft die von der Corona-Krise gebeutelten Landwirte und Verbraucher ziemlich hart.
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