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"Stellen Sie ein Schild vor ihren Acker und schreiben: Dieses Maisfeld liefert Strom für ihren Fußballfernsehabend."
Mit einfachen, aber klaren Beispielen zeigte Bernhard Widmann auf dem Energieforum der Agritechnica Handlungsstrategien auf, die für Energiewirte nützlich sind, um Zusammenhänge der Bioenergieproduktion zu veranschaulichen.
Bernhard Widmann ist Leiter des Technologie- und Förderzentrums im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe in Straubing. In seinem Vortag nahm er Positionen gegen die Bioenergie unter die Lupe und widerlegte sie mit Fakten.
Bei der nächsten Energiewende-Diskussion werden die drei folgenden Thesen voraussichtlich benannt werden. Darum kann es wichtig sein, die folgenden Gegenargumente zu kennen:
1. Biomasse ist für den Hunger in der Welt verantwortlich
Eine Studie der Universität Hohenheim hat ergeben, dass bis ins Jahr 2050 das Biomassepotenzial weltweit rund 300 Millionen Hektar beträgt. Zwar ist das nur eine Prognose, die unter anderen Annahmen sich verändern würde, doch zeigt es, dass ein Nebeneinander zwischen Nahrungsmittel- und Energieproduktion langfristig möglich ist.
In Deutschland etwa bauen die Landwirte auf zwölf Millionen Hektar Ackerfläche rund 79 Prozent Nahrungs- und Futterpflanzen an. Auf den restlichen 21 Prozent der Felder gedeihen Pflanzen für die Bioenergieproduktion.
"Ein genereller Verzicht auf Bioenergie kann nicht das Hungerproblem auf der Welt lösen", sagte Widmann. Die Ursachen für Hunger sind vielfältig: Diktatur, Bürgerkriege, Korruption und mangelnde Infrastruktur haben einen viel größeren Einfluss auf die Versorgung eines Landes. "Es gab schon immer die Produktion von Nahrung und Energie auf Agrarflächen." Man dürfe nicht vergessen, fügte Widmann hinzu, dass heute in einigen Regionen - wie etwa in der westlichen Welt - ein Luxusverbrauch an Nahrung und Energie stattfindet.
Langfristig ist der hohe Energiebedarf weder durch fossile noch durch regenerative Energie zu decken, daher die Lösung: Energiesparen. "Was wir brauchen ist eine energetische Revolution. Wir brauchen nicht den einen oder anderen Energieträger, wir brauchen eine vernünftige Mischung aus allen Technologien."
Fazit: Die Ursachen für Hunger sind vielfältig. Das Nebeneinander von Nahrungsmittel- und Energieproduktion ist kein Widerspruch. Wichtig ist es, den Energieverbrauch zu senken.
2. Die Produktion von Biokraftstoffen fördert die Abholzung des Regenwalds
"Die Behauptung, dass irgendwo der Regenwald abgeholzt wird, wenn hier ein Hektar Raps angebaut wird, stimmt nicht. Es ist genau das Gegenteil der Fall."
Zum Beispiel entsteht bei der Verarbeitung von öl- und stärkehaltigen Pflanzenteilen hochwertiges Eiweißfuttermittel. Das kann den Import von Soja aus Südamerika zurückschrauben. Die Wertschöpfung bleibt somit in der Region und eine - im besten Fall - umweltschonende Anbauweise hat der Gesetzgeber selbst in der Hand.
"Von einem Hektar Raps können Landwirte 3,5 Tonnen Rapskörner ernten. Daraus lassen sich zwei Tonnen Eiweißfutter herstellen, wovon eine Kuh etwa 800 Tage leben kann. Zudem ergibt der eine Hektar Raps 1.400 Liter Kraftstoff, womit ein Auto 35.000 Kilometer fährt," sagte Widmann.
Er verwies in seinem Vortrag zudem auf die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung, die etwa den Schutz von Flächen mit hohem Naturschutzwert berücksichtigt.
Fazit: Biokraftstoffe sind nicht die Ursache des Problems, sondern könnten Teil der Lösung sein.
3. Die Vermaisung nimmt immer weiter zu - Schuld sind die Biogasanlagen
Den Deutschen fällt der Mais besonders auf, weil die Landwirte ihn erst Ende September ernten und er einige Wochen neben den bereits leeren Feldern steht. Zudem wächst der Mais so hoch, dass Spaziergänger oder Fahrradfahrer nicht darüber schauen können und die Pflanze den Blick in die Weite versperrt.
"Niemand spricht von einer 'Verzuckerrübung', weil die Pflanze den Vorteil hat, in den Boden zu wachsen statt in die Höhe."
Widmann zeigte am Beispiel von Bayern, wo neben Niedersachsen die meisten Biogasanlagen stehen, dass der Maisanbau in den vergangenen Jahren nicht dramatisch angestiegen ist: Die bayerischen Landwirte pflanzten im Jahr 1997 auf etwa 320.000 Hektar Mais an, im Jahr 2012 auf rund 400.000 Hektar. Von einer Vermaisung kann deshalb nicht die Rede sein.
Fazit: Es ist wichtig die Bedenken der Bevölkerung Ernst zu nehmen, aber man sollte bei den Fakten bleiben.
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