
"Der Düngemittelmarkt spielt auch 2022 weiter verrückt", berichten Landwirte und Händler. Die Lager der Bauern und Händler sind leer, die Düngerpreise bleiben extrem hoch und vereinbarte Lieferungen verzögern sich. Dabei wird Entwicklung weiterhin durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Ein Problem für die europäischen Bauern ist: „Die europäische Produktion ist relativ begrenzt. Die Landwirte sind daher vom hochvolatilen Weltmarkt abhängig. Bestimmte große Akteure wie Russland, China, die Ukraine oder die Türkei schränken ihre Exporte weiterhin ein.
Auch dies trägt dazu bei, dass das Angebot unter der Nachfrage bleibt und die Preise hoch bleiben, sagt Adrian Urban, Business Development Manager bei Yara Deutschland gegenüber dem belgischen Agraronline-Dienst Le Sillon Belge. Schließlich kommt die Komponente "Transport" hinzu. „Die Transportkosten, sowohl auf dem Seeweg als auch auf der Straße, sind zuletzt wirklich explodiert. Es überrascht nicht, dass dies den Anstieg der gesamten Rohstoffpreise, einschließlich Düngemittel, negativ beeinflusst," sagt Urban.
Die europäischen Düngemittelpreise blieben in den letzten beiden Woche auf sehr hohem Niveau relativ stabil. Ein Grund dürfte sein, dass es über den Jahreswechsel und danach auf dem europäischen Markt nur geringe Aktivitäten gab. Der internationale Markt bleibt jedoch unter starken Spannungen. Mit der Wiederaufnahme der Importe Indiens für ein Harnstoffvolumen, das sich etwa 3 Mio. t nähern könnte, dürfte der Markt erneut in Bewegung geraten.
Auch die russische Exportquote bleibt ein begrenzender Faktor angesichts eines bereits von Chinas Exportrestriktionen geprägten internationalen Marktes. Zu beachten ist auch, dass die Gaspreise vor allem in Europa als Reaktion auf die zunehmenden Spannungen an der ukrainischen Grenze erneut in die Höhe geschossen sind.
Extrem hohe Düngerpreise in Frankreich und Europa

Yara Manager Urban sagt: „Die globale Nachfrage bestimmt derzeit noch mehr als die Produktionskosten den Verkaufspreis von Düngemitteln“. Die weitere Entwicklung der Nachfrage ist angesichts der zahlreichen Probleme indessen schwer vorherzusagen sagt der Düngerexperte. „Die derzeit verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die Nachfrage zumindest im ersten Quartal 2022 über dem Angebot bleiben wird. Die Situation könnte sich um den April herum stabilisieren, aber diese Aussage sollte unter Vorbehalt gewertet werden".
„Zumal die Nachfrage so groß ist, dass selbst ein Rückgang der Gaspreise nicht ausreichen würde, um die Preise für Stickstoffdünger deutlich zu senken, heißt es weiter. Gleichzeitig sind die Getreidepreise weiterhin hoch. Und die Nachfrage aus der Landwirtschaft ist eigentlich da. Doch es gibt weiterhin kaum Dünger zu kaufen. Auch weil die Importe fehlen. An den französischen Importhäfen rechnen Düngerhändler im Januar sogar mit weiter steigenden Preisen. Doch viele Landwirte halten sich mit Bestellungen oder Spotkäufen angesichts der hohen Düngerpreise weiter zurück.
Am wichtigsten französischen Importhafen Rouen wurde Ammoniumtrat 33,5 % Anfang Januar zu stabilen Preisen von 775 Euro je Tonne (lose) verladen, Ammoniumtrat 27 % kostete 622,50 Euro je Tonne. Die Preise für Harnstoff schwankten zwischen 895 und 905 Euro je Tonne. Der Preis des wichtigsten Phosphordünger DAP 18-46 lag relativ unverändert bei 840 Euro je Tonne. Der Preis für TSP 45 lag bei rund 590 Euro je Tonne und Kali-60-Chlorid wurde zu Preisen zwischen 560 Euro und 600 Euro je Tonne für Januar-Lieferungen abgegeben.
Britische Bauern bestellen nicht – Ukraine liefert nichts mehr

Im Frühjahr droht vielen Bauern ein erheblicher Düngemittelmangel. Die Situation wird sich 2022 auch auf die Erträge, die Erntemengen und auf die Lebensmittelpreise auswirken, sagen Experten. Dabei dürfte wegen des knappen Düngers nicht nur die Ernte-Menge schrumpfen, sondern auch die Qualität des Getreides, was besonders für den Brotweizen wichtig ist. Dies könnte weltweit zu einer Verknappung von hochwertigem Mehl zum Brotbacken und zu weiteren Preissteigerungen bei Backwaren führen.
Unterdessen berichtete die Financial Times Anfang dieser Woche: „Die britischen Landwirte bereiten sich auf eine Düngemittelknappheit im Frühjahr vor, nachdem sich die Preise fast verdreifacht haben und die Läger leer sind. Matt Culley, Vorsitzender des Getreide-Boards bei der britischen National Farmers' Union, sagte, viele Landwirte hätten sich geweigert, Düngemittel zu den hohen Preisen zu bestellen, was zu Lieferproblemen zu Beginn der Saison 2022 führen wird."
Ähnliche Berichte kommen auch aus der Ukraine. Das Land ist nicht nur ein wichtiger Exporteur von Getreide sondern eigentlich auch von Stickstoffdünger. Im Vergleich zu 2020 sind die Preise für Mineraldünger in der Ukraine um das 3- bis 4-fache gestiegen. Mehrere ukrainische Mineraldüngerproduzenten überlebten die extreme Rallye der Gaspreise nicht, heißte in einem Bericht.
Das Düngerwerk Odessa, das auf die Produktion von Ammoniak, Harnstoff und flüssigem Stickstoff spezialisiert ist, hat am 22. September den Betrieb eingestellt. Die ukrainischen Produzenten von Mineraldünger, die sich noch über Wasser halten, arbeiten weiterhin nicht mit voller Kapazität, was zu einer Verringerung der Produktionsmengen führt", sagte Leonid Kozachenko Präsident des Ukrainischen Agrarbundes, im ukrainischen Fernsehen.
Heftige Preisschwankungen in den USA

In den USA sind die Düngemittelpreise diese Woche erstmals zurückgegangen, aber die Korrektur könnte nur von kurzer Dauer sein, glauben Analysten. Der nordamerikanische Düngemittelpreisindex von Green Markets fiel um 12 Prozent. Die Preise für Harnstoff schwankten dabei extrem stark. Sie stiegen und fielen innerhalb einer Woche jeden Tag, um mehr als 100 US-Dollar pro Short-Tonne, als der Markt versuchte, die Aussichten für die Frühjahrsnachfrage zu bewerten und Erdgas in Europa neue Höchststände erreichte, sagte Alexis Maxwell, Analyst bei Green Markets.
Die Düngemittelpreise sind in den letzten Monaten auf wiederholte Rekorde gestiegen, angetrieben von Rückschlägen wie einer Energiekrise in Europa, unerwarteten Werksschließungen und gestoppten Exporten großer Lieferanten. Der Anstieg hat Bedenken hinsichtlich der Aussichten auf eine weitere Nahrungsmittelinflation geschürt.
Der Rückgang in dieser Woche ist kein Zeichen dafür, dass die hohen Düngemittelpreise weiter nachlassen werden, sagte Maxwell. „Große Produzenten wie der Nahe Osten und Ägypten haben bis Februar ihren Harnstoff ausverkauft, und ein Großteil der Werke Europas und der Ukraine bleibt geschlossen – also müssen diejenigen, die nach Ware suchen, weit weg suchen“, sagte er. China, sonst die beste Alternative für Ersatzlieferungen, bleibt aufgrund eines bis Mai laufenden Exportverbots vom Markt ausgeschlossen.
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