
Die Erdgas-Preise in Europa sind Mitte Juni auf den höchsten Stand seit drei Monaten gestiegen. Das hat Folgen für die übrigen Energiepreise und auch für die Kosten der Industrie, etwa für die Chemieindustrie und die Düngerproduktion.
Knapp 50 Euro kostete die MWh Gas am wichtigsten europäischen Handelsplatz TTF am 15. Juni. Das war mehr als doppelt so viel wie zum Beginn des Monats als die Gaspreise im Großhandel nur bei rund 20 Euro je MWh lagen. Diese Woche bewegen sich die Gaspreise im Großhandel wieder um die Marke von 40 Euro je MWh.
Neukunden – also Verbraucher - zahlen derzeit nur 9 Cent je KWh und damit so niedrige Preise wie zuletzt im Oktober 2021. Das kann sich allerdings rasch ändern, wenn die Großhandelspreise so hoch bleiben.
Niederlande legt Gasfeld still
Der Anstieg der Gaspreise im Großhandel hat nach Einschätzung von Analysten verschiedene Gründe: Die Niederlande wollen Europas größten Gasstandort in der Nähe von Groningen ab dem 1. Oktober schließen.
Gleichzeitig wurden mehrere Produktionsunterbrechungen in norwegischen Gasfeldern verlängert. Die Reparaturarbeiten sollen bis in den Juli hinein andauern. Norwegen hat Russland mit einem Anteil von rund 25 % als größte Erdgasimportquellen in die Europäische Union abgelöst.
Auf der Nachfrageseite wird erwartet, dass das Wetter in Europa wärmer wird und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Dennoch sind Europas Gasspeicher derzeit zu 74 % gefüllt, ein Rekordwert für diese Jahreszeit, und die Europäische Union strebt an, bis zum 1. November ein Speicherbestandsziel von 90 % zu erreichen.
Märke reagieren auf Versorgungsängste und Abschaltungen
„Der jüngste Preisanstieg zeigt, wie empfindlich der europäische Markt auf Störungen reagiert“, sagte Bill Weatherburn, Rohstoffökonom bei Capital Economics. Die europäischen Erdgaspreise liegen trotz des Anstiegs immer noch weit unter dem Niveau vom letzten Sommer, als sich Europa nach der Invasion Moskaus in der Ukraine in einer Energiekrise befand.
Doch der rasante Preisanstieg in diesem Monat zeigt, wie anfällig die Region weiterhin für etwaige Versorgungsstörungen nach dem Einbruch der Importe aus Russland ist.
Der norwegische Gasnetzbetreiber Gassco teilte auf seiner Website mit, dass die geplante Abschaltung einer seiner Gasaufbereitungsanlagen bis zum 15. Juli verlängert worden sei. Die Wiederinbetriebnahme war für den 21. Juni geplant. Zwei weitere Gasanlagen bleiben auf unbestimmte Zeit vom Netz, aufgrund von „Prozessproblemen“.
Europa könnte kurz davorstehen, eine weitere Gasquelle zu verlieren, sagen Analysten.
Terminmarkpreise ebenfalls hoch
Die Preise stiegen nämlich steil an, nachdem berichtet wurde, dass die Niederlande planen, ihr Gasfeld in Groningen im Oktober endgültig zu schließen, und nicht erst ein Jahr später, was eine Option gewesen wäre. Die Niederlande, einst ein wichtiger Erdgaslieferant für Europa, haben in den letzten zehn Jahren die Produktion im Onshore-Feld aufgrund der Erdbebengefahr heruntergefahren.
Dennoch scheinen Berichte, dass es im Oktober schließen könnte, die Händler verunsichert zu haben „Der europäische Gasmarkt – und damit auch der globale Gasmarkt – ist sicherlich noch nicht aus dem Gleichgewicht, wenn es darum geht, Angebot und Nachfrage angemessen in Einklang zu bringen“, sagte Tom Marzec-Manser, Leiter der Gasanalytik bei ICIS, gegenüber CNN.
Er fügte hinzu, dass ein Preisanstieg „immer erwartet“ worden sei, da die Terminpreise für Erdgaslieferungen für die nächsten beiden Winter im Vergleich zu den historischen Normen weiterhin erhöht seien.
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