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Energieversorgung

Landwirte sind bei Gas-Lieferstopp geschützt

Symbolbild für Gaspipeline aus Russland
am Montag, 23.05.2022 - 10:06 (Jetzt kommentieren)

Landwirtschaftliche Betriebe zählen – wie Gewerbebetriebe, Schulen oder Krankenhäuser – zum Kreis der „geschützten Kunden“. Sie würden darum im Fall einer Knappheit zum Beispiel durch einen russischen Lieferstopp bevorzugt mit Gas versorgt.

Das hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) klargestellt. Voraussetzung dafür ist Müller zufolge, dass der Gasverbrauch des einzelnen Betriebes die Grenze von 1,5 Mio kWh nicht übersteigt und die Anschlussleistung unter 500 kW liegt.

Allerdings gilt der Schutz laut Müller nicht absolut. „Denn natürlich müssen wir auch für die geschützten Kunden erst einmal genügend Gas haben“, räumte er im FAZ-Interview ein.

DBV-Fachmann dämpft die Hoffnungen an Versorgungssicherheit

Udo Hemmerling vom Deutschen Bauernverband (DBV) verwies gegenüber dem Pressedienst Agra-Europe darauf, dass im praktischen Betrieb ohnehin nur den rund 2.500 Großverbrauchern in Deutschland die Gaszufuhr gezielt gedrosselt werden könne. Dies sei aber eher eine technische als eine rechtliche Frage, stellte der stellvertretende DBV-Generalsekretär fest. Für Landwirte bedeute die Klarstellung von Behördenchef Müller, dass ihre Betriebe genauso behandelt würden wie alle anderen Kleinverbraucher im jeweiligen Gasnetzbereich.

Beim Zentralverband Gartenbau (ZVG) pocht man darauf, dass auch die Gartenbaubetriebe zu den „geschützten“ Kunden zählen. „Wenn in den Äußerungen die landwirtschaftlichen Betriebe explizit aufgeführt sind, dann gehen wir davon aus, dass damit die gesamte landwirtschaftliche Urproduktion gemeint ist und damit auch der Gartenbau eingeschlossen ist“, so ZVG-Generalsekretär Bertram Fleischer auf Anfrage.

Sauenhalter fürchten kalte Ställe im Winter

Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck hatte Ende März die erste Stufe des „Notfallplan Gas“ in Kraft gesetzt. Drei Eskalationsstufen eröffnen der Regierung dabei unterschiedliche Handlungsspielräume.

Die erste Stufe ist die Frühwarnstufe, es folgen die Alarmstufe und die Notfallstufe. Noch greift der Staat nicht aktiv in den Gasmarkt ein - vielmehr müssen Gaslieferanten und Netzbetreiber im Rahmen sogenannter marktbasierter Maßnahmen mehr Gas beschaffen, die Speicher bestmöglich füllen und Gasflüsse optimieren.

Laut der Security-of-Supply-(SoS)-Verordnung genießen Privatkunden auch in der Notfallstufe besonderen Schutz. Gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz ist Privatkunde aber nur, wer Energie für den eigenen Verbrauch im Haushalt nutzt oder wessen Jahresverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke bis zu 10.000 kWh beträgt. Dies hatte bei Ferkelerzeugern und Unterglasbetrieben zwischenzeitlich Sorgen ausgelöst, ihre Ställe und Gewächshäuser könnten im nächsten Winter mangels Gasnachschub auskühlen.

Das sind die rechtlichen Grundlagen der Gaszuteilung

Die rechtlichen Grundlagen für „geschützte Kunden“ werden im Energiewirtschaftsgesetz, der Gasnetzzugangsverordnung und in der europäischen Verordnung zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung, auch SoS-Verordnung genannt, gelegt.

Demnach sind geschützte Kunden solche, deren Belieferung durch die Gasversorgungsunternehmen auch bei einer teilweisen Gasversorgungsunterbrechung oder im Falle außergewöhnlich hoher Gasnachfrage prioritär gewährleistet werden soll.

Mit Material von AgE
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