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Biomasse

Speiseabfälle und Biotonne als Biogaslieferanten

am Montag, 21.02.2011 - 15:48 (Jetzt kommentieren)

Berlin - Angesichts des Booms beim Bau landwirtschaftlicher Biogasanlagen und damit einhergehender Nutzungskonkurrenzen rücken Abfall- und Koppelprodukte für die Vergärung verstärkt ins Blickfeld.

Wie vergangene Woche bei einer Konferenz der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Berlin deutlich wurde, ist das Potential allerdings begrenzt. Ein Vertreter der Firma Remondis machte deutlich, dass das Potential bei den Speiseabfällen - diese dürfen laut EU-Recht seit einigen Jahren auch in Deutschland nicht mehr verfüttert werden - weitgehend ausgeschöpft sei.
Auf Deponien dürfen die Abfälle aus Mensen, Kantinen, Pommesbuden und Krankenhausküchen ebenso wenig landen wie im Schweinemagen.
Daher gilt die Vergärung als effizienter und umweltfreundlicher Verwertungsweg. Wie Remondis, so gehört auch die Firma ReFood zur Rethmann-Gruppe, einem Spezialisten in der Nutzung von Reststoffen. ReFood operiert dabei unter dem Dach der Saria-Gruppe und betreibt derzeit fünf Biogasanlagen, davon vier in den neuen Bundesländern und eine in Frankreich. Das Unternehmen sammelt laut eigenen Angaben derzeit pro Jahr rund 400.000 Tonnen an Speiseresten ein. Dazu gehören auch überlagerte Lebensmittel aus dem Einzelhandel, die ebenfalls in Biogasanlagen wandern können. "Wir sind in dem Bereich Marktführer", betont ein ReFood-Sprecher.

Wirtschaftliche Anreize erhöhen

Umsätze erwirtschaftet ReFood beim Ankauf der Speisereste, für deren Entsorgung die Gastronomen zahlen. Bei der Stromproduktion gibt es Vergütungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und schließlich lässt sich der Absatz der Gärreste als Dünger versilbern. Weil die Speiseabfall-Biogasanlagen somit nicht nur von der Energieproduktion abhängen, haben sie eine deutlich günstigere Kalkulationsgrundlage als Biogasanlagen, die andere Reststoffe wie beispielsweise den Inhalt der Biotonne nutzen, in die die Verbraucher ihre organischen Abfälle werfen.
Wie Dr. Michael Kern vom Witzenhausen-Institut bei der FNR-Konferenz deutlich machte, sind solche Reststoffanlagen für Kommunen in der Regel Zuschussgeschäfte. Er sprach sich dafür aus, die wirtschaftlichen Anreize für die Biogaserzeugung aus Bioabfällen zu erhöhen und führte den Klimaschutz zur Begründung an. Die Menge der nicht erschlossenen Bio- und Grünabfälle in Deutschland bezifferte er auf zwei bis vier Millionen Tonnen. Für die Verwertung von Bio- und Grünabfall gibt es laut seinen Schätzungen derzeit rund 100 Vergärungsanlagen mit einer jährlichen Kapazität von 1,7 Millionen Tonnen.

Umsatz aus Speiserestankauf und EEG-Vergütung

Die deutschen Biogasanlagen von ReFood stehen in Malchin und Kogel in Mecklenburg-Vorpommern, in Genthin in Sachsen-Anhalt sowie im thüringischen Schwallungen. Hinzu kommt der französische Standort Benet, wo das Unternehmen unter dem Markennamen Bionerval operiert. Zusammen haben die Biogasanlagen eine Leistung von rund neun Megawatt (MW) und produzieren laut Firmenangaben pro Jahr etwa 24,6 Millionen cbm Biogas, das in eigenen Blockheizkraftwerken in 77.000 Mwh Strom umgewandelt wird. Die entstehende Wärme von 86.000 MWh setzt ReFood beispielsweise bei innerbetrieblichen Prozessen wie der Hygienisierung der Biomasse oder zum Beheizen von Verwaltungsgebäuden ein. Die 150.000 cbm Gärrest dienen der Landwirtschaft als hochwertiger organischer Dünger, der laut ReFood "im Vergleich zu mineralischen Düngern nachhaltig und preisgünstiger ist".

Gärrest wird als Dünger abgesetzt

ReFood vertreibt den von der Bundesgütegemeinschaft Kompost zertifizierten NPK-Dünger DynAgro in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Je nach Bedarf können Landwirte den Dünger an den Biogasanlagen abholen oder ReFood mit der Anlieferung beauftragen. "Die Qualität unserer Produkte lassen wir dabei permanent überprüfen, unter anderem durch unabhängige Labore", betont Johannes Otto, Vertriebsleiter für organischen Dünger bei ReFood.
In Thüringen hätten ein Gefäß- und ein Freilandversuch in Kooperation mit der Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) die gute Düngewirkung des Gärprodukts bestätigt.
In Mecklenburg-Vorpommern führte ReFood gemeinsam mit Prof. Rolf Kuchenbuch von der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt Rostock (LUFA) und der Universität Rostock einen weiteren Düngungsversuch durch: Die Effizienz von flüssigen Gärprodukten sollte im Vergleich zu Harnstoff als mineralischem Dünger nachgewiesen werden. Harnstoff wurde zum Vergleich herangezogen, da dieser N-Dünger preisgünstig und weit verbreitet ist. Durch den Phosphorgehalt seines Düngers sieht ReFood deutliche Vorteile für sein Produkt. Aufgrund der Zusammensetzung eigne sich das Gärprodukt zum einen hervorragend als Grunddünger, um dem Boden wesentliche Nährstoffe zuzuführen. Über die Pufferkapazität des Bodens führe der hohe Anteil an Ammoniumstickstoff zudem zu einer langfristigen Versorgung mit Stickstoff.

Koppelprodukte auch für die Biodieselproduktion

In der Saria-Gruppe sind die Biogasaktivitäten von ReFood nicht das einzige Bioenergie-Standbein. So produziert Saria an den Standorten Malchin, Sternberg und Lünen aus Altfetten mehr als 200.000 Tonnen Biodiesel pro Jahr - ein Produktionsweg, der seit dem Skandal um Dioxinbelastungen von Mischfettsäuren eigentlich keinen guten Ruf hat. Der ReFood-Sprecher macht aber auf einen entscheidenden Unterschied aufmerksam: Bei ReFood müssten die technischen Mischfettsäuren im Produktionsverfahren nicht abgetrennt werden, sondern würden zu Biodiesel verarbeitet.
Beim schleswig-holsteinischen Futtermittelhersteller Harles & Jentzsch, bei dem dioxinbelastete Futtermittelkomponenten gefunden worden waren, waren hingegen - korrekt gekennzeichnete - technische Mischfettsäuren des Biodieselherstellers Petrotec aufgetaucht, die bei diesem als Abfallprodukt anfallen.
In der Europäischen Union gelten aus Rest- und Altstoffen gewonnene Biokraftstoffe wie die von Saria und Petrotec im Sinne einer Kaskadennutzung als besonders umweltfreundlich und sollen deshalb auf die Biokraftstoffquote doppelt angerechnet werden. In Deutschland muss diese Brüsseler Vorgabe noch umgesetzt werden, in Großbritannien und Holland ist man schon so weit.
   

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