
Wie aus Regierungskreisen in Berlin verlautete, soll die Obergrenze für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futterpflanzen von derzeit 4,4 % schon im kommenden Jahr auf 2,5 % verringert werden. Danach soll der Deckel innerhalb von sieben Jahren schrittweise auf null gesenkt werden.
Bereits 2023 sollen so 4,2 Mio t an Nahrungs- und Futtermitteln vom Tank auf den Teller beziehungsweise in den Trog wandern. Dadurch sollen 1,1 Mio ha Anbaufläche für Nahrungs- und Futtermittelzwecke genutzt werden.
Für Mineralölkonzerne soll es sich schon in naher Zukunft nicht mehr rentieren, diese Art von Biokraftstoffen den fossilen Treibstoffen beizumischen.
Umweltminister der Länder wollen ebenfalls aussteigen
Umweltministerin Steffi Lemke und Agrarminister Cem Özdemir (beide Grüne) begründen ihre Pläne mit dem Krieg in der Ukraine und der damit verbundenen Lebensmittelknappheit. Beide Minister wollen Agrarflächen, auf denen aktuell Pflanzen zur Gewinnung von Biosprit angebaut werden, für die Ernährung von Menschen statt für den Tank nutzen.
Erst am vergangenen Freitag hatten sich auch die Umweltminister der Länder per Beschluss für die Reduktion von pflanzenbasiertem Biosprit ausgesprochen.
Biokraftstoffe würden nicht mehr auf THG-Quote angerechnet
Nach einem Entwurf des Umweltministeriums, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, soll die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) dabei helfen, den Biospritanteil zu senken.
Die THG-Quote verpflichtet Mineralölkonzerne dazu, den CO2-Ausstoß ihrer Kraftstoffe um einen bestimmten Prozentsatz zu senken. Aktuell liegt die Quote bei 6 Prozent, bis 2030 soll sie auf 25 Prozent steigen.
Einen Teil dieser Quote können die Konzerne bislang mit der Beimischung von Biosprit aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen erfüllen. Dieser Anteil soll nach den neuen Plänen von Lemke bis 2030 auf null sinken.
Koalitionspartner FPD ist gegen einen Ausstieg
Ob dieser vorgezeichnete Plan, den das Agrarministerium laut Regierungskreisen unterstützt, wirklich umgesetzt wird, ist aktuell noch offen. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung steht noch aus.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte sich in der vergangenen Woche bereits ablehnend geäußert. Lemkes Pläne führten zu einem höheren Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr und seien mit den Klimazielen der Bundesregierung nicht vereinbar, hatte Wissing der dpa gesagt.
Biokraftstoff-Branche kritisiert die Pläne von Lemke und Özdemir
Mit scharfer Kritik reagierte der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) auf die Pläne. VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann sprach von „ignoranter grüner Politik gegen Klimaschutz sowie Investitionssicherheit“. Erst vor einem halben Jahr habe die Bundesregierung unter Federführung des Umweltressorts die jetzigen Regelungen zu Biokraftstoffen eingeführt. „Nur sechs Monate später soll aus ideologischen Gründen nun der gesamte Industriezweig abgewickelt werden“, so Baumann.
Aus VDB-Sicht ist eine gesetzliche Regelung zur Reduktion des Anteils von Biokraftstoffen nicht nötig. Die Ethanolproduzenten verwendeten zumeist Getreide, das nicht nahrungsmitteltauglich sei. Die Biodieselhersteller hätten ihre Produktion bereits zugunsten der Lebensmittelproduktion gedrosselt. Baumann bezeichnet die Pläne als unflexibel und untauglich, etwaige Probleme der Rohstoffverfügbarkeit zu lösen.
NABU fordert deutlich schnelleren Ausstieg
Demgegenüber lobte der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jörg-Andreas Krüger, die Pläne als „einen ersten richtigen Schritt und ein wichtiges Signal an die Märkte“. Krüger forderte zugleich den vollständigen Ausstieg bereits bis 2025.
Nach seiner Auffassung haben Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln keine Zukunft. Diese Form der Energiebereitstellung gehe mit massiven Auswirkungen auf die globale Biodiversität und den Flächenverbrauch einher, ohne die nötige CO2-Einsparung im Verkehrssektor zu liefern.
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