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Wind

Rheinland-Pfalz: Windkraft soll naturschonend ausgebaut werden

am Mittwoch, 03.10.2012 - 07:27 (Jetzt kommentieren)

Mainz - In Rheinland-Pfalz soll die Nutzung von Windenergie mit Natur- und Landschaftsschutz besser miteinander vereinbart werden.

Mit der Überarbeitung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV ist in Rheinland-Pfalz nach den Worten von Wirtschaftsministerin Eveline Lemke die Grundlage für einen zukunftsorientierten und gleichzeitig naturschonenden Ausbau der Windkraft gelegt worden.
 
Als verbindliche Ausschlussgebiete für die Windenergienutzung in Rheinland-Pfalz werden im LEP die Kernzonen der UNESCO-Welterbegebiete Oberes Mittelrheintal und Obergermanisch-Raetischer Limes, die Kern- und Pflegezone des Biosphärenreservats Naturpark Pfälzerwald, Naturschutzgebiete und derartige Gebiete in Planung und der Haardtrand mit einem Korridor von sechs Kilometern nach Westen festgelegt.

Die wichtigsten Änderungen

Für bedeutende historische Kulturlandschaften in Rheinland-Pfalz, die bereits im LEP genannt sind, so etwa die Täler von Mosel und Lahn, sollen regionale Planungsgemeinschaften diejenigen Gebiete konkretisieren, die von der Windenergienutzung freizuhalten sind. Hinsichtlich der Freiflächenphotovoltaik wird in dem Entwurf klargestellt, dass sie in allererster Linie auf zivilen oder militärischen Konversionsflächen errichtet werden soll sowie auf ertragsschwachem, artenarmem oder vorbelastetem Acker- und Grünland. Neu festgelegt wird, dass es in der Kernzone des UNESCO-Weltkulturerbes keine Freiflächenphotovoltaikanlagen geben darf.

Blum: Neuer Wettbewerb um Flächen

Kritik am LEP IV kam von den beiden Agrarverbänden im Land. Die Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd und des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Norbert Schindler und Leo Blum, kritisierten die Festlegungen zur Photovoltaik auf Acker- und Grünlandflächen. Beide Verbände hatten sich bereits zu Beginn der Diskussionen um das LEP IV gegen die Möglichkeit zur Errichtung von Freiflächenphotovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Arealen aller Art ausgesprochen, um die Produktionsflächen nicht weiteren Begehrlichkeiten auszusetzen. Blum bedauerte in einer ersten Reaktion ausdrücklich, dass die Landesregierung die Forderungen des landwirtschaftlichen Berufsstandes "links liegen" lasse und damit selbst zu einem weiteren Flächenverbrauch beitrage, obwohl sie mit dem Ziel angetreten sei, diesen zu verringern. "Dies ist nicht mehr nachvollziehbar und nicht zielorientiert", so Blum. Die Ertragsmesszahl sei kein verlässlicher Anhaltspunkt dafür, ob eine Fläche für einen Betrieb wichtig sei oder nicht. Vielmehr werde mit der Neuregelung der Wettbewerb um landwirtschaftliche Flächen zusätzlich angeheizt. Für viele Landwirte werde es deshalb in Zukunft tendenziell schwieriger und teurer, landwirtschaftliche Flächen zu akzeptablen Konditinen zu erwerben beziehungsweise zu pachten.

Schinder: Etragsarme Böden wichtig für die Landwirtschaft

Schinder stellte fest, dass auch ertragsschwache, artenarme oder vorbelastete Acker- und Grünlandflächen wichtig für die Nahrungsmittel- und Futtermittelproduktion seien. Es sei unzumutbar, der heimischen Landwirtschaft weitere Flächen zur Nahrungsmittelproduktion zu entziehen und die Verbraucher mit steigenden Strompreisen zu belasten. Mit diesem Tatbestand schaffe die Landesregierung eine Bürde für die kommenden Generationen, deren vollständiges Ausmaß erst in einigen Jahren vollständig überschaubar sei.

Windhöffigkeit entscheidend

Entscheidend dafür, ob ein Gebiet Vorranggebiet für die Nutzung von Windkraft werden kann, ist nach dem LEP IV weiterhin die Windhöffigkeit. In der Begründung der Rechtsverordnung wird der Begriff konkretisiert, dass Standorte dann als windstark gelten, wenn sie eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,8 m/sek bis 6,0 m/ sek in einer Höhe von 100 m über dem Grund erreichen. Grundsätzlich gilt weiterhin, dass zwei Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung zur Verfügung stehen soll.  Neu aufgenommen in das LEP IV wurde der Grundsatz, wonach mit der Ausweisung von Vorranggebieten und Konzentrationsflächen die Bündelung der Netzinfrastruktur erreicht werden soll. Einzelanlagen sollen nur genehmigt werden, wenn weitere Anlagen in räumlicher Nähe möglich sind. Lemke unterstrich die Bedeutung der Zusammenarbeit von Kommunen und regionalen Planungsgemeinschaften bei der Energiewende.

Mehr Freiraum für Kommunen

Die Kommunen erhielten über das LEP IV mehr Freiraum bei der konkreten Gestaltung der Energiewende, denn sie wüssten am besten, wo in ihrer Umgebung wie viele Windräder und Photovoltaikanlagen stehen könnten und wo das unverträglich sei. Für die Festlegung von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten nach den Vorgaben der Kriterien des LEP IV sei hingegen die Regionalplanung zuständig. Erst durch das Zusammenspiel der beiden Planungsebenen gelinge die Energiewende. Nach der Beschlussfassung durch den Ministerrat ist der Entwurf des LEP IV in eine erneute verkürzte Anhörungsphase gegangen. Es folgt die Beteiligung des kommunalen Rats, der zuständigen Ausschüsse des Landtags und anschließend die endgültige Beschlussfassung des Ministerrats.

Höfken: Windkraft auch in Schutzgebieten nutzen

Mit Blick auf das neue LEP IV sprach sich die Mainzer Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken für die Nutzung der Windkraft auch in Schutzgebieten aus. Die Landesregierung habe bereits viele Anregungen der Natur- und Umweltschutzverbände zum Ausbau der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz aufgegriffen. Entsprechend der Forderung verschiedener Verbände habe ihr Haus ein Fachgutachten zur Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen erstellen lassen und werde über den kommenden Windkrafterlass strenge Naturschutzprüfungen sicherstellen. Von den Verbänden werde jedoch nicht wahrgenommen, dass Naturschutzexperten und hochrangige Institutionen den Ausbau der Windkraft in Schutzgebieten nicht gänzlich ausschlössen, kritisierte Höfken.

Natura 2000-Gebiete und Windkraftanlagen

So habe das Programm "Mensch und Biosphäre" der UNESCO aktuell darauf hingewiesen, dass die Nutzung von Windkraft in Entwicklungszonen von Biosphärenreservaten durchaus möglich sei. Die Ministerin wies darauf hin, dass es gemäß einem von der Staatlichen Vogelschutzwarte vorgelegten Gutachten im Sinne des Naturschutzes nicht notwendig sei, Natura-2000-Gebiete vollständig von der Windenergienutzung auszuschließen. Allein in Rheinland- Pfalz gebe es 177 dieser europäischen Schutzgebiete, die insgesamt eine Fläche von 385.000 Hektar umfassten und ganz unterschiedliche Arten schützten. Das Gutachten arbeite heraus, welche Arten windkraftsensibel seien und welche Natura- 2000-Gebiete deshalb von der Nutzung ausgenommen werden sollten.

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