Knapp 40 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland stammt aus erneuerbaren Energien. Davon kommt der Löwenanteil aus Windkraft. Bis 2030 soll der Beitrag der Erneuerbaren zur Stromversorgung nach den Vorstellungen der Bundesregierung möglichst auf 65 Prozent steigen. Das ist eine direkte Folge der Energiewende und der deutschen Klimaschutzziele.
Nach der Atomkraft werden deshalb auch die Kohlekraftwerke abgestellt. Zuletzt steuerten beide Energiearten noch 12 Prozent bzw. 37 Prozent (Stein-und Braunkohle) zur Stromversorgung bei. Da wird Strom künftig wohl noch teuer werden. Bereits jetzt zahlen deutsche Landwirte und Verbraucher die höchsten Strompreise in Europa. Ursache ist die massive Förderung der erneuerbaren Energien über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Um einen Anteil der Erneuerbaren von 65 Prozent bis 2030 zu erreichen, müssen auch die Windparks weiter ausgebaut werden. Und dies soll offenbar auch auf Standorten und in Regionen geschehen die dafür nur bedingt geeignet sind. Dagegen formiert sich massiver Widerstand in den betroffenen Regionen. Das zeigte eine Demo gegen den Ausbau von Windparks des Aktions-Bündnisses „Pro Natur“ am 23. Mai in Berlin.
Klimaschützer gegen Naturschützer?
Eine besonders vom Ausbau mit Windparks der neuen Generation betroffene Region ist offenbar der Odenwald. Diese stark bewaldete Mittelgebirgs-Landschaft erstreckt sich über die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Seit 2015 ist der ganze Odenwald „Unesco Global Geopark“, etwa vergleichbar mit dem Weltkulturerbe. Die bayerischen und baden-württembergischen Teile des Odenwalds sind zudem noch eigenständige Naturparks.
Im Dreiländereck Odenwald laufen seit einiger Zeit Planungen für mehr als 70 Windparks mit Standorten für etwa 400 bis 500 WKA, berichtet die Bürgerinitiative „Rettet den Odenwald“. Nach Berichten der Rhein-Neckar-Zeitung hatte die Umweltvereinigung „Initiative Hoher Odenwald – Verein für Landschaftsschutz und Erhalt der Artenvielfalt“ (IHO) deshalb Ende 2018 versucht die Bebauung am Eiterbachtal in einem Eilverfahren vor dem Landgericht Kassel zu stoppen. Damit ist die Umweltvereinigung jedoch gescheitert.
Das Verwaltungsgerichtshofs stellte fest: „dass die Windräder weder gegen das Artenschutzrecht, noch gegen das Immissionsschutzrecht oder das Wasserrecht verstoßen“. Während verschiedene regionale Umwelt- und Naturschutzverbände das Projekt mit aller Kraft bekämpfen, unterstützt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die hessische Regierungskoalition aus Grünen und CDU das Projekt. Nun haben die Gegner gegen den weiteren Ausbau der Windparks in Berlin demonstriert.
Windparks in gewaltige Dimensionen
Die Dimensionen der geplanten Windparks sind gewaltig. Wie die Hessisch/Niedersächsische Allgemeine Zeitung aus Kassel in dieser Woche schreibt, sind bereits 20 Windräder für den Windpark Reinhardswald bestellt. Die Bauarbeiten sollen im Oktober 2020 nach erteilter Genehmigung starten.
Weiter heißt es „die 20 Windräder haben jeweils eine Leistung von 5,6 Megawatt. Bei einer Nabenhöhe von 166 Meter und 150 Meter Rotordurchmesser werden sie eine Höhe von über 240 Metern erreichen und zu den bislang größten Anlagen überhaupt zählen.“ Der Betreiber unterstrich, dass man vor 25 Jahren noch 187 Anlagen hätte bauen müssen, um diese Energie zu gewinnen. Mit der erzeugten Energie ließen sich etwa 105.000 Haushalte versorgen.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatte vor einigen Tagen von einer Informationsveranstaltung zu den Windkraft-Standorten in Südhessen berichtet. Dort lehnten die Teilnehmer die geplante Ausweisung von sogenannten Vorranggebieten zum Bau von WKA offenbar mehrheitlich ab. Auch die Vertreter der drei großen Bürger-Initiativen – Vernunftkraft Odenwald, Schutzgemeinschaft Odenwald und die Bürgerinitiative „Rettet den Odenwald“ – und auch Kommunalpolitiker sprachen sich gegen das bisherige Vorgehen der Behörden aus.
Befürchtet wird nicht nur die Zerstörung eines letzten großen zusammenhängenden Laubwalds in Deutschland sondern die Bürgerinitiativen kritisieren außerdem, dass die ausgewiesenen Flächen sogenannte Schwachwindgebiete sind und deshalb eigentlich gar nicht für den Bau von Windparks geeignet wären.
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