An der Strombörse in Leipzig haben sich seit März 2020 die Notierungen für Lieferungen im kommenden Jahr mit über 70 Euro/MWh mehr als verdoppelt. Seit rund 12 Jahren war der Strom im Großhandel nicht mehr so teuer. Die stromintensiven Unternehmen in Deutschland fürchten deshalb um ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Strompreiserhöhung für Privathaushalte?
Wie stark der Anstieg der Börsenpreise auf die Privathaushalte durchschlägt, ist noch nicht abzusehen. Thorsten Storck, Energieexperte des Vergleichsportals Verivox, erwartet, "dass im Herbst eine weitere Welle von Strompreiserhöhungen auf die Haushalte zukommt". Würden die Stromversorger den Preisanstieg an der Börse direkt weitergeben, entspräche das einer Verbraucherpreissteigerung von rund 2,5 Prozent, rechnete er vor. Für einen Haushalt mit 4.000 kWh Jahresverbrauch wären das zusätzliche Kosten von rund 30 Euro brutto.
Deutschlands größter Stromversorger Eon sieht in den gestiegenen Großhandelspreisen aktuell keinen Grund für Preiserhöhungen. Energieeinkauf, Vertrieb und Service machen nur rund ein Viertel des Strompreises für die Haushalte aus, erläuterte ein Unternehmenssprecher. Eon kaufe zudem die benötigten Energiemengen langfristig ein. Deshalb hätten "kurzfristige Schwankungen - wie wir sie derzeit erleben - keinen unmittelbaren Einfluss auf unsere Strompreise".
Das treibt den Großhandelspreis nach oben
Der Großhandelspreis wird aktuell vor allem von zwei Entwicklungen getrieben: Die Zertifikate für den Ausstoß des Klimagases C02 und die Brennstoffe sind kräftig teurer geworden. "Bei einem C02-Preis von 50 Euro/t steigen die Erzeugungskosten eines Gaskraftwerks um etwa 2 Cent/kWh, bei einem Steinkohlekraftwerk sind es etwa 4 Cent und bei einem Braunkohlekraftwerk sogar fast 6 Cent", sagte der Energieökonom Andreas Löschel von der Universität Münster. "Parallel dazu sind die Gaspreise sehr stark angestiegen, das kommt oben noch drauf."
An dieser Entwicklung dürfte sich nach Löschels Einschätzung nicht viel ändern. "Die CO2-Preise werden wohl langfristig auf dem jetzigen Niveau bleiben, wenn sie nicht sogar weiter steigen." Außerdem beginne sich der Atomausstieg bemerkbar zu machen. "Wir sehen so langsam eine Verknappung beim Stromangebot."
Nur Politk kann weiteren Strompreisanstieg verhindern
Bisher habe sich die Abschaltung der Kernkraftwerke durch den Ausbau der erneuerbaren Energien kaum bemerkbar gemacht. In diesem und im kommenden Jahr würden aber in kurzer Zeit größere Kernkraftkapazitäten abgeschaltet. "Damit gehen Kraftwerke mit günstigen Produktionskosten vom Netz."
Einen weiteren Anstieg der Strompreise, darin sind sich Ökonom Löschel, der BDI und auch Verbraucherschützer einig, kann nur die Politik verhindern. "Die Einnahmen aus dem CO2-Preis müssen genutzt werden, um die Abgaben und Umlage, die auf dem Strompreis liegen, herunterzubringen", forderte Löschel, der eine Expertenkommission der der Bundesregierung leitet.
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