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Interview

Elektroautos sind nicht die Zukunft - Es gibt alternative Antriebe

Elektromobilität
am Freitag, 26.05.2023 - 05:00 (5 Kommentare)

Der Verbrennermotor steht kurz vor dem aus. Doch ist der Elektroantrieb wirklich eine Alternative zum Verbrenner oder gibt es noch bessere Lösungen? Prof. Georg Brasseur von der Technischen Universität Graz gibt Antworten.

Hat das Elektroauto eine Zukunft?

Als einzige Antriebstechnologie für Pkw nicht, auch nicht in Europa. Das liegt daran, dass wir nicht genügend Strom, insbesondere grünen Strom, in Europa produzieren können. Zudem können weder Strom noch Wasserstoff interkontinental transportiert werden. Wir können weder solche Stromleitungen bauen, noch haben wir derzeit Schiffe, die Wasserstoff großtechnisch transportieren können. Hinzu kommt, dass der vorhandene Strom anderweitig benötigt wird.

Wofür zum Beispiel?

Für Technologien, die ausschließlich mit Strom funktionieren. Darunter fallen beispielsweise Rechner und die ganze Infrastruktur für Informations- und Kommunikationstechnologie, aber auch Aufzüge, etc. Hier gibt es eine lange Liste, aber Autos gehören nicht dazu.

Wie viel grünen Strom produzieren wir in Europa?

Unser Strom ist zu 60 Prozent grün, inklusive Atomkraft, und 40 Prozent stammen aus Kohle und Gas. Der Strom macht nur 17 Prozent der Primärenergie aus, 83 Prozent sind fossile Energie. Ein schneller Umstieg auf mehr grüne Kraftwerke wie Sonnen- und Windenergie ist derzeit nicht in Sicht. Außerdem machen mehr Photovoltaik- und Windenergieanlagen das Stromnetz instabiler. Anfang des Jahres wurden E-Auto und Wärmepumpenbesitzer in Baden-Württemberg dazu aufgefordert, nicht ans Netz zu gehen, da sonst ein Stromausfall drohe.

Wie hoch ist der Anteil an Elektroautos in Europa?

Derzeit haben wir in Europa 1 bis 2 Prozent E-Autos von rund 260 Mio. Fahrzeugen, also rund 2,6 Mio. E-Autos. Wenn die restlichen 257 Mio. Kraftstoff-Autos umgerüstet werden müssten, würden wir sehr viele Batterien benötigen und das kostet. Angenommen, man braucht für ein E-Auto die Energie von 50 kWh, dann sind das für alle Autos rund 13 TWh. Rechnet man konservativ, sodass 1 kWh Batterien 100 Euro kostet. Dann bräuchten wir 1.300 Mrd. Euro für die Batterien, Verkabelung etc. noch nicht mit eingerechnet. Wir haben aber weder das Geld noch die Menge an Strom in Europa.

Wie viel Strom müssen wir importieren?

Im Jahr 2019 haben wir 17.000 TWh fossile Energie verbraucht, für Strom 4.000 TWh. 58 Prozent davon haben wir für 320. Mrd. Euro importiert. Würden wir das mit grünen Kraftwerken herstellen wollen, bräuchten wir 110-mal so viel Photovoltaikanlagenfläche wie heute oder wir müssten 36-mal so viele Windräder aufstellen. Wir sind also nicht energieautark und müssen dringend Energie sparen, auch beim Pkw.

Wie sollen wir beim Pkw Energie einsparen?

Indem wir am Verbrennungsmotor festhalten und ihn mit einem Energiekonverter kombinieren. Es wird der klassische Diesel mit einem elektrischen Antriebsstrang ergänzt. Der Motor besteht dann aus einem kleinen Verbrennungsmotor, ein oder mehreren Generatoren und Elektromotoren.

Wie funktioniert diese Antriebstechnologie?

Ein Mittelklassewagen mit kräftigem elektrischen Antriebsstrang benötigt auf der Autobahn bei 130 km/h nur rund 30 kW Leistung, die aus einer kleinen Batterie kommen könnte und damit auch die Bremsenergie nutzbar macht. Kurz bevor der Speicher leer wird, startet ein Energiekonverter (Verbrennungsmotor mit Generator oder Brennstoffzelle) und liefert eine fixe Strommenge zum Fahren und Laden der Batterie. Wenn die Batterie voll ist, stoppt der Energiekonverter. Dadurch lässt sich viel Kraftstoff sparen.

Wie viel Diesel oder Benzin kann man sparen?

Fahrzeuge mit einem 100- bis 200-kW Motor bewegen sich in Ballungsräumen im Mittel mit 5 kW und daher mit schlechtem Wirkungsgrad. Deshalb lässt sich der Kraftstoffverbrauch im Stadtverkehr um rund 50 Prozent reduzieren. Statt 6 l Benzin oder Diesel braucht man nur noch 3 l auf 100 km.

Was halten Sie von Biomethan aus Biogasanlagen als Kraftstoff?

Ja, super. Es ist nahezu wie Erdgas und kann einfach in einem speziellen Verbrennungsmotor verwendet werden. Daher bin ich auch Fan von Verbrennungsmotoren. Die sind unsensibel gegenüber Kraftstoffen. Man kann zwar in einen Benziner keinen Diesel tanken, aber man kann den Motor so gestalten, dass man ihn mit vielerlei Kraftstoffen betreiben kann. Diese Technologie beherrschen wir seit Jahrzehnten.

Kann man den Tank auch noch mit anderen Kraftstoffen füllen?

Ja, zum Beispiel mit Alkohol. In Brasilien wird aus Zuckerrohr Alkohol hergestellt und die Autos und der Schwerverkehr können mit Benzin oder einer Mischung mit 10 bis 90 Prozent Alkohol betankt werden.

Sind E-Autos nicht wenigstens umweltfreundlicher als Verbrenner?

Nein, auf keinen Fall. Ein sparsamer Verbrenner ist auf jeden Fall umweltschonender, was das CO2 anbelangt, denn der europäische Strom wird, wie gesagt, zu 60 Prozent aus fossiler Energie hergestellt und da ist die Batterie noch nicht mit eingerechnet. Diese verwendet auch seltene Erden, die es hierzulande kaum gibt und die daher importiert werden müssen, was zu neuer Rohstoffabhängigkeit führt. Zudem hat eine Batterie eine deutlich schlechtere Energiedichte als Kraftstoffe, eine geringere Reichweite und Laufzeit und ist noch dazu teurer als konventionelle Pkw.

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