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Strompreise und Energieversorgung

Energiewende in der Kritik: Zu teuer und Stromversorgung gefährdet

Stromtrassen.
am Dienstag, 06.04.2021 - 11:59 (11 Kommentare)

Der Bundesrechnungshof hat in einem Gutachten die Ergebnisse der Energiewende der Bundesregierung scharf kritisiert: Zu teuer und außerdem ist die Versorgungsicherheit gefährdet.

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Bereits 2016 und 2018 hatte sich der Bundesrechnungshof mit dem Thema befasst: Damals kam man zu dem Ergebnis, dass „die Energiewende unzureichend koordiniert und mangelhaft gesteuert wird. Und dass der enorme Aufwand und die großen Belastungen für Bürger und Wirtschaft in einem Missverhältnis zu dem bis dahin "dürftigen Ertrag" standen.

Deshalb sich der Bundesrechnungshof nach drei Jahren erneut mit der Umsetzung der Energiewende befasst. Doch das Ergebnis ist nicht viel besser: „Ein hoher Aufwand verbunden mit erheblichen Ausgaben und Kosten ist weiterhin ein Kernelement der Energiewende.“ Dabei standen diesmal die Versorgungssicherheit, die Bezahlbarkeit von Strom und die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im Fokus der Untersuchung.

Fakt ist jedenfalls: Deutschland hat derzeit die höchsten Strompreise in Europa und der Welt – und darin wird sich in absehbarer Zeit wohl auch nichts ändern.

Wettbewerbsfähigkeit gefährdet – Strompreise steigen weiter

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Das Ergebnis der Untersuchung ist „ernüchternd“ stellt der Bundesrechnungshof in seinem Monitoring-Bericht fest. Kernpunkt der Kritik ist, das „eine zuverlässige und preisgünstige Versorgung von privaten Haushalten und Wirtschaft mit Strom zunehmend fraglich“ ist. Hinzu kommt: Die sichere Versorgung unterliegt Risiken, die die Bundesregierung nicht vollständig im Blick hat.

Denn: Bei der Versorgungssicherheit ist das Monitoring lückenhaft; und „die Bezahlbarkeit“ ist noch immer nicht messbar. Das Resultat ist: Das gefährdet die an sich notwendige Energiewende, ihre Akzeptanz und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Bei der Versorgungssicherheit mit Strom muss nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs deshalb unbedingt das Monitoring vervollständigt werden.

Außerdem müssten dringend Szenarien entwickelt werden, die aktuelle Entwicklungen und bestehende Risiken vollständig und realistisch erfassen, heißt es weiter. Die Verbrauchspreise für Elektrizität könnten weiter steigen, sofern das derzeitige System der Umlagen und Entgelte beibehalten wird, betont der Bundesrechnungshof und er hält es weiterhin für nötig, das System der staatlich geregelten Energiepreis-Bestandteile grundlegend zu reformieren.

Die geplante Entlastung der EEG-Umlage aus den Einnahmen des Zertifikatehandels und aus Haushaltsmitteln sieht der Bundesrechnungshof kritisch. Er sieht darin eine zusätzliche Belastung aller Steuerzahler. "Damit können die Auswirkungen des nicht funktionierenden Preissystems lediglich kaschiert werden", heißt es.

Annahmen zu optimistisch – erhebliche Versorgungslücke

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Die sichere Versorgung mit Strom muss nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes anhand von Indikatoren und Schwellenwerten gemessen und bewertet werden. Bei den Kriterien Versorgungszuverlässigkeit und Systemsicherheit ist das Monitoring aber lückenhaft, lautet die Kritik. Zu wesentlichen Aspekten sagt das bisherige Monitoring jedoch nichts oder kaum etwas aus.

Dazu gehören die Aspekte Netzausbau und Speicher, Netzwartung, Netzstabilität oder Versorgungsausfälle. Hier besteht nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes dringend Handlungsbedarf. Bei anderen Kriterien beruht die Bewertung auf unrealistischen oder überholten Annahmen. Sie sind teils zu optimistisch und teils unplausibel, heißt es weiter.

Nicht ausreichend berücksichtigt hat die Bundesregierung z. B. den Kohleausstieg. Dieser hinterlässt eine Kapazitätslücke von bis zu 4,5 Gigawatt – das entspricht der Leistung von vier großen konventionellen Kraftwerken. Hinzu kommt der stockende Netzausbau und eingeschränkte grenzüberschreitende Austauschkapazitäten. Beide Aspekte haben erheblichen Einfluss auf die Versorgungssicherheit.

Bisher fehlt ein Worst-Case-Szenario

Kritisch hinterfragt werden vom Bundesrechnungshof außerdem die neuen Pläne zur Wasserstoffgewinnung und zur „Elektrifizierung“ von Wärme und Verkehr. Denn: Sie verursachen einen erheblichen Strommehrbedarf. Gleichzeitig kann jedoch in Jahren mit extremem Wetter erheblich weniger Strom aus Wind und Sonne erzeugt werden, heißt es weiter.  

Das Gutachten kritisiert deshalb, das „kein Szenario untersucht wurde, in dem mehrere jetzt schon absehbare Faktoren zusammentreffen, die sich nachteilig auf die Versorgungssicherheit auswirken können. Kurz gesagt: Ein „Worst-Case“-Szenario – Stresstest fehlt also.  Dazu würden auch ein möglicher Blackout und die Folgen zählen. Das verantwortliche Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) muss deshalb sein Monitoring für die sichere Versorgung mit Strom vervollständigen und anpassen, lautet die Forderung.

Der Bundesrechnungshof empfiehlt deshalb noch einmal dringend, umfassende, aktuelle und realistische Szenarien zu untersuchen; dazu gehört auch ein „Worst-Case“-Szenario, in dem verschiedene absehbare Risiken zusammentreffen.

Hohe Strompreise gefährden Wettbewerbsfähigkeit

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Schon 2018 hatte der Bundesrechnungshof gefordert, transparent zu machen, was die Bundesregierung unter Bezahlbarkeit der Energiewende versteht. Zu diesem Punkt zog der Bericht eine sehr magere Bilanz: Das BMWi hat nach wie vor nicht bestimmt, was es unter einer preisgünstigen und effizienten Versorgung mit Elektrizität versteht. Bis zu welchem Niveau gilt Strom als preisgünstig, lautet die Frage.

Weiter heißt es: „Bedenklich stimmen die hohen Strompreise für Privathaushalte und für kleinere und mittlere Unternehmen. Das setzt die Akzeptanz des Generationenprojektes aufs Spiel. Und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“.

Durch die Energiewende ändert sich die Struktur der Stromversorgung grundlegend, stellt der Bundesrechnungshof fest. Erneuerbare Energien werden ausgebaut, der Anteil steuerbarer, konventioneller Kraftwerke geht zurück. Gleichzeitig bestehen Netzengpässe. Diese Entwicklungen stellen das Stromsystem vor große Herausforderungen.

Denn: Die stark schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne führt zu stark wechselnden Lastflüssen in den Netzen. Um die Netze stabil zu halten, erbringen die Netzbetreiber Systemdienstleistungen. Die Kosten dafür werden jedoch ebenfalls über die Netzentgelte von den Endverbrauchern getragen, stellt der Bundesrechnungshof fest.

Bundesrechnungshof zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei Elektrizität

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