
Etwa die Hälfte aller Haushalte in Deutschland heizt mit Gas. Auch in der Industrie spielt Gas eine enorm wichtige Rolle. Doch ein Ende der Preiserhöhungen ist nicht in Sicht. „Dieser Winter wird mit Sicherheit der teuerste aller Zeiten werden,“ sagt Thorsten Storck vom Vergleichsportal Verivox. „Die Gaspreise haben sich im Jahresvergleich bereits jetzt fast verdreifacht. Mit der neuen Umlage verteuert sich Gas weiter.
"Viele Haushalte werden dadurch massive finanzielle Probleme bekommen“, sagt Thorsten Storck. Auch ohne die Gasumlage kommen auf Verbraucher und Wirtschaft jedoch weiter steigende Gaspreise zu: Für August, September und Oktober haben örtliche Gasgrundversorger 166 Preiserhöhungen um durchschnittlich 47,7 Prozent angekündigt, berichtet Verifox weiter. Das entspricht durchschnittlichen Mehrkosten von rund 914 Euro im Jahr.
Die Gasumlage ist bei dieser Rechnung noch nicht einmal berücksichtigt. Die Versorger reichen damit die hohen Einkaufspreise an ihre Kunden durch. So sind die Einfuhrpreise für Erdgas, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gemessen werden, auf Jahressicht um gut 200 Prozent gestiegen. An den Spotmärkten, wo Gas kurzfristig gehandelt wird, haben sich die Preise für Erdgas in den letzten zwölf Monaten mehr als versiebenfacht.
Am wichtigsten europäischen Handelsplatz, dem Natural Gas EU Dutch TTF, kostet Gas am Montagmorgen (22.08) 286,05 je Megawattstunde – das sind knapp 41 Euro bzw. 17 % mehr als am Freitag.
Preisexplosion geht weiter – Mehrwertsteuer wird gesenkt
Der durchschnittliche Bruttopreis für eine Kilowattstunde Gas lag 2021 noch bei 6,56 Cent/kWh, berichtet Verifox. Im ersten Halbjahr 2022 lag der durchschnittliche Gaspreis für Haushalte dann bereits bei 14 Cent pro Kilowattstunde. „Die Heizkosten erreichen angesichts der aktuellen Entwicklung eine Höhe, die viele Haushalte nur noch schwer tragen können“, sagt Thorsten Storck dazu.
„Die neue Umlage katapultiert die Gaspreise dann auf fast 21 Cent pro Kilowattstunde. Sie könnten allerdings noch deutlich höher steigen, denn die Großhandelspreise für Gas liegen über diesem Niveau. Die jährlichen Gaskosten für den Musterhaushalt (20.000 kWh) belaufen sich im August 2022 nach Berechnungen von Verifox auf durchschnittlich 3.568 Euro. Mit Einführung der Gasumlage steigen die Kosten um 576 Euro (brutto) auf 4.144 Euro an. Das entspricht einer Mehrbelastung von 16 Prozent, hat Verivox ausgerechnet.
Jetzt will die Bundesregierung für einen befristeten Zeitraum einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Erdgas verlangen. Die Steuer solle von bisher 19 auf 7 Prozent verringert werden, kündigte Kanzler Olaf Scholz am vorigen Donnerstag an. Mit dem Schritt würden die Gaskunden stärker entlastet als sie durch die staatliche Gasumlage belastet würden. Er erwarte von den Unternehmen, dass sie die Steuersenkung eins zu eins an die Verbraucher weitergäben, sagte Scholz.
Noch mehr Umlagen ab Herbst
Neben der Gasumlage zur Rettung wichtiger Importeure können auf die Gaskunden noch weitere Umlagen zukommen. Vom 1. Oktober an müssen Gasversorger auf jede von Haushalten verbrauchte Kilowattstunde Erdgas 0,57 Cent für sogenannte Regelenergie zahlen, wie das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) am Donnerstag in Ratingen mitteilte. Bei Firmen beträgt die Umlage 0,39 Cent je Kilowattstunde.
Ob und in welcher Höhe diese Umlagen von den Gaslieferanten auf die Endverbraucher umgelegt werden, ist offen. Sie kämen dann zu der bereits veröffentlichten Gasumlage von 2,419 Cent je Kilowattstunde hinzu. Neben der Beschaffungsumlage kommt im Herbst noch eine Gasspeicherumlage hinzu. Diese soll die Kosten ersetzen, die für die Extra-Einspeicherung von Erdgas zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Winter entstehen.
Das Wirtschaftsministerium geht aber nicht davon aus, dass diese Umlage eine "relevante Größe" erreichen wird, sagt Verivox. Die Gasumlage wird nach Ansicht von Ökonomen zu einer Steigerung der Inflationsrate führen. So hält das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung eine Inflationsrate im vierten Quartal um die zehn Prozent für möglich.
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