Naturschutz und Windenergie. Auf den ersten Blick Worte, die nicht zusammenpassen. Beides lässt sich jedoch vereinbaren, wie auch ein Naturschützer des NABU berichtet.
Waldbesitzer und Naturschützer denken um
Mark Harthun vom NABU Hessen sieht eine Chance für Windenergie im Wald. „Ich bin seit 24 Jahren beim NABU aktiv und eigentlich über den gesamten Zeitraum auch im Waldschutz. Windkraftanlagen in Waldstandorten wären damals undenkbar gewesen“, sagt er. Aber auch manche Waldbesitzer denken um.
Seit 1322 bewirtschaftet die Familie von Philipp von der Malsburg das Gut Escheberg, zu dem auch die umliegenden Wälder gehören. Er ist seit 2017 Windradbetreiber und hat gemeinsam mit der Gemeinde Zierenberg sechs Windenergieanlagen. Vier davon stehen in seinem Privatwald. Dass sich viele über die Anlagen aufregen, kann er nicht verstehen. Er sagt: „Für mich war das sofort klar. Vor zehn Jahren habe ich den Betrieb übernommen und mein Vater hat mich damals bestärkt, diesen Schritt zu gehen. Wir müssen auch aus betrieblicher Sicht so einen alten Familienbetrieb auch weiter aufstellen.“
Wegen aufwendigen Genehmigungen geht Ausbau schleppend voran
Von der Planung bis zur Fertigstellung der Windräder dauerte es nur vier Jahre, was außergewöhnlich schnell ist. Von der Malsburg betont: „Am wichtigsten sind die Auflagen und die raumplanerischen Restriktionen.“ Zu Siedlungen muss man 1.000 m und bestimmte ornithologische Auflagen einhalten. Es gibt auch Auflagen zum Denkmalschutz und Abstände zu Rotmilan-Horsten müssen auch beachtet werden.
„Auch von der Flugsicherung gibt es Punkte, die man zu beachten hat“, so der Windradbetreiber. Langwierige Genehmigungsverfahren sind ein Grund, warum der Ausbau der Windenergie so schleppend vorankommt. 2021 wurden so wenig Windräder in Deutschland gebaut wie noch nie seit der Jahrtausendwende. Der Ausbau müsse dringend beschleunigt werden, auch im Wald. Für die Naturschützer ist das ein echter Konflikt.
Ohne Waldflächen lässt sich Ziel der Energiewende nicht erreichen
Schließlich haben die Naturschützer gemeinsam mit den zuständigen Regierungspräsidien Kompromisse gefunden: Windräder sollen nicht in alte Laubwälder gestellt werden dürfen, sondern hauptsächlich in Nadelholzbestände. Außerdem sind Flächen vorzuziehen, die durch Sturmschäden brachliegen. Laut Naturschützern funktioniert das beispielsweise im Reinhardswald gut. Aktuell wurden dort 18 Anlagen genehmigt.
Bisher wurden bundesweit 2.300 Windräder im Wald installiert und 1.050 ha Waldfläche dafür beansprucht. Wenn komplett auf Waldflächen verzichtet wird, lässt sich laut Berthold Hahn vom Fraunhofer Institut das Ziel der Energiewende nicht erreichen. Wenn Windenergie bereits in wenigen Jahren einen Großteil der fossilen Energieträger ersetzen soll, muss sie noch deutlich ausgebaut werden. Zu den 30.000 vorhandenen Windrädern müssten jedes Jahr 2.000 neue gebaut werden.
„Wir müssen auch als Naturschützer eine Offenheit für den Ausbau erneuerbarer Energien zeigen“, sagt auch Harthun vom NABU. Voraussetzung ist jedoch, dass als Ausgleich Artenhilfsprogramme realisiert werden. Auch Philipp von der Malsburg musste Ausgleichsflächen schaffen. Er pflanzte 2.500 neue Bäume – was deutlich mehr sind als für die Windräder gefällt wurden.
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