Ein großes Projekt geht in der Gemeinde Schlier in Baden-Württemberg an den Start: Insgesamt drei Agri-PV-Anlagen sind geplant. Hier lässt sich die Fläche parallel landwirtschaftlich und für die Energieerzeugung mit Solarstrom nutzen. Baurechtlich hat der Gemeinderat per Satzung bereits grünes Licht gegeben. Bereits im Spätsommer sollen die ersten beiden Anlagen ans Netz gehen.
Doppelnutzung besonders auf ertragsschwachen Böden interessant
Das Konzept der Agri-PV kann für Landwirte vor allem an trockenen Standorten rentabel sein. „Die Agri-Photovoltaik bietet nützliche Synergien zwischen Land- und Energiewirtschaft. Einerseits erschließt sie neue Flächen für die Energiewende. Andererseits hilft sie Landwirten, sich an den Klimawandel anzupassen, weil die Solarmodule Schutz vor Wetterextremen wie Hitze und Starkregen bieten“, sagt Hannes Blum, Energieökonom am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW).
Wie sich Agri-PV in der Praxis durchsetzen kann, diskutierten die Forscher des IÖW mit Landwirtschaftsbetrieben, spezialisierten Planungsbüros und einem Energieversorger. Viele Landwirte befürchten allerdings durch Solaranlagen Einschränkungen in der Bewirtschaftung, vor allem auf fruchtbaren Böden. Deshalb ist die Doppelnutzung auf weniger ertragreichen Flächen interessant. Dort lassen sich durch die Verschattung der Solarmodule die Erträge sogar erhöhen: Sie sind vielversprechend, um trockene Standorte und hitzeempfindliche Pflanzen an den Klimawandel anzupassen. Zudem schützen sie die Sonderkulturen vor Hagel und Starkregen.
Drei Anlagen für 9 Mio. Euro geplant
Die in Schlier geplanten Anlagen sind sehr speziell und es gibt sie in der Form noch nirgends zu finden. Insgesamt 9 Mio. Euro kosten die drei Anlagen, und das hauptsächlich ohne staatliche Zuschüsse.
So kann man sich die Agri-PV-Anlagen in Schlier vorstellen:
- Wetzisreute: 2,6 ha
- Eratsrain: 4,6 ha
- Richlisreute: 7,2 ha
- Horizontale, einachsige, kippbare PV-Tische, mit einer Drehachsenhöhe von etwa 2,8 m in langen Reihen.
- Zwischen den Reihen ist ein Abstand von rund 14 m. 11 m davon stehen für den Ackerbau zur Verfügung.
- Eine Fläche von 2 m unter den Modultischen bleibt als Blühstreifen unbewirtschaftet.
- 85 Prozent der Fläche stehen für Landwirtschaft zur Verfügung und 15 Prozent für die Energiegewinnung.
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Maisanbau eignet sich nicht für Agri-PV
Auf den Flächen sollen weiterhin Brotweizen, Hafer und Dinkel angebaut werden. Lediglich der Maisanbau fällt auf den Flächen weg, da die Pflanzen zu hoch wachsen.
Durch die Schwenkbarkeit können die Modultische optimal der Sonne folgen und zum anderen bei der landwirtschaftlichen Nutzung per App mit dem Handy gesteuert weggeklappt werden. Aufwendige Betonfundamente seien nicht geplant, da die Pfosten und der größte Teil der Nebenanlagen nur wie Zaunpfähle in den Boden gedrückt werden sollen.
Landwirte schrecken vor Genehmigungsverfahren zurück
Viele Landwirte schrecken aber bisher wegen komplizierter Genehmigungsverfahren vor einer Agri-PV-Anlage zurück. Mit einer rechtlichen Einordnung zur Agri-Photovoltaik bietet die Anwaltskanzlei HSK Orientierung. „Auf Ackerflächen direkt neben Autobahnen oder zweispurigen Bahngleisen hat ein Antrag für eine Agri-Photovoltaik-Nutzung gute Chancen“, erklärt Antonia Kallina, Juristin der HSK.
„Für alle anderen Flächen müssen Kommunen zunächst einen Bebauungsplan erstellen und mitunter sogar den Flächennutzungsplan ändern. Das ist eine erhebliche rechtliche Hürde.“ Forscher empfehlen daher, Agri-PV eine Privilegierung im Bauplanungsrecht einzuräumen.
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