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Interview

Photovoltaik: Diese Hürden erschweren die Einspeisung von Strom

Mit einer eigenen PV-Anlage auf dem Dach kann man selbst Stromkosten sparen, aber auch den überschüssigen Strom ins Netz einspeisen.
am Samstag, 25.03.2023 - 05:00 (1 Kommentar)

Die Einspeisung von PV-Strom ins Netz entwickelte sich aufgrund vieler Faktoren zu einer enormen Geduldsprobe für Verbraucher. Thomas Schoy vom Privaten Institut für Energieversorgung weiß die Hintergründe.

Errichten Sie auch PV-Anlagen für Landwirte?

Ja, mindestens 80 Prozent der Flächen, die wir bis jetzt mit Photovoltaik(PV)-Anlagen bebaut haben, sind landwirtschaftliche Flächen. Dazu gehören sowohl Dächer als auch Grundstücke. Aber auch auf Gewerbeparks kann man im großen Stil PV-Anlagen errichten.

An wen müssen sich Landwirte bei der Planung wenden?

Ein Statik-Gutachten muss zwingend für die Prüfung vorliegen. Es lohnt sich immer einen Statiker zu beauftragen, selbst wenn es nur um das Dach eines Einfamilienhauses geht. Solateure sind dafür nicht immer qualifiziert genug. Idealerweise sollte aber der Elektrofachbetrieb auch Kenntnis davon haben, welche statischen Voraussetzungen notwendig sind. Deshalb sollte man auch immer mindestens mit einem Dachdecker zusammenarbeiten.

Was sind die ersten Herausforderungen?

Das hängt immer von der geplanten Größe der PV-Anlage ab. Wenn ein Hausbesitzer eine PV-Anlage installieren möchte, ist das Thema Netzanschluss eher weniger ein Problem. Wenn es um größere Anlagen ab 30 kW aufwärts geht, funktioniert es nicht mehr über den Hausanschluss. Dann müssen sich Hausbesitzer vom Netzbetreiber einen Anschlusspunkt zuweisen lassen und eine Netzverträglichkeitsprüfungen beantragen. An einem Netzverknüpfungspunkt lässt sich dann ins öffentliche Netz einspeisen. Dieser kann jedoch kilometerweit von der Anlage entfernt sein. Wenn das der Fall ist, müssen Anlagenbetreiber herausfinden welche Rechte sie haben, um einspeisen zu können.

Was für Zusatzkosten entstehen dabei?

Das hängt immer von der Entfernung ab. Die Durchschnittskosten (AC-Kosten) können zwischen 5 bis 10 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Die Kosten für eine Transformator(Trafo)-Station und die AC-Kosten liegen schnell bei 100.000 bis 150.000 Euro. Wenn sich der Netzverknüpfungspunkt nicht auf dem Grundstück befindet, sollten Betreiber größere Anlagen im Visier haben.

Ist es schwerer eine FFPV-Anlage genehmigt zu bekommen als eine Dachanlage?

Laut Habeck sollen die Genehmigungsverfahren auch für Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen (FFPV) verschlankt werden. Ich habe es allerdings im PV-Bereich noch nicht gesehen. Flüssigerdgas(LNG)-Terminals hingegen können innerhalb von 3 Monaten genehmigt werden, aber bei PV ist es so, dass die Genehmigungszeiten rund drei Jahren andauern. Innerhalb dieser Zeit muss man davon ausgehen, dass ungefähr jedes zweite Projekt, obwohl es sehr gut geplant ist, während des Genehmigungsverfahrens ausfällt.

Wie läuft das Verfahren ab?

In der Regel sprechen 30 verschiedene Behörden mit. Im ersten Schritt müssen Sie bei der Gemeinde vorsprechen, ob in dem Gemeindegebiet eine PV-Anlage gewünscht ist. Daraufhin erfolgt ein Aufstellungsbeschluss im Gemeinderat. Dann werden über das Bauleitverfahren die Träger der öffentlichen Belange mit einbezogen. Da sprechen auch die Naturschutzbehörde und die Feuerwehr mit.

Warum ist genau das eine Geduldsprobe?

Genehmigungsverfahren sind mit einem großen Aufwand verbunden. Momentan ist es so, dass es besonders bei den Wechselrichtern enorme Lieferprobleme gibt. Bei den Übergabe- und Trafostationen gibt es ein ähnliches Problem. Wenn sie heute bei größeren Anlagen eine Übergabe einer Trafostation benötigen, muss diese bestellt werden. Bei Trafoherstellern bekommt man heute aber keine verbindlichen Liefertermine und auch keine verbindlichen Preise mehr. Sie bestellen dann mit einer sogenannten Preisgleitklausel.

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Was heißt das genau?

Sie bestellen heute etwas und müssen in der Regel 40 Prozent anzahlen. Dann wissen Sie aber nicht, ob Sie diesen Trafo-Station in einem halben Jahr oder in eineinhalb Jahren bekommen. Deshalb schauen wir uns parallel immer bei verschiedenen Anbietern um. Das andere Problem ist, dass die Netzbetreiber den Netzanschluss auch bereitstellen müssen. Zudem müssen sie die Genehmigung erteilen, dort einspeisen zu dürfen. Das hängt davon ab, ob der Anschluss auch vom Netzbetreiber freigeschaltet wird. Ab einer bestimmten Größenordnung benötigt man in der Regel auch eine Anlagenzertifizierung.

Was benötigt man für eine Anlagenzertifizierung?

Ein zertifiziertes Unternehmen überprüft, welche Komponenten an diesem Standort verbaut wurden. Zudem werden die Dokumente geprüft, ob alles den Vorgaben entspricht, um dort einspeisen zu dürfen. Diese Anlagenzertifizierungen dauern aktuell mehrere Jahre. Selbst wenn man die PV-Module schon auf dem Dach hat. Das Problem hat auch der Gesetzgeber erkannt und es macht keinen Sinn, dass Anlagen über Jahre oder Monate keine Einspeisevergütung bekommen. Aber bis die Anlagenzertifizierung vorliegt und eine Anlagenkonformitätsbescheinigung gestellt wurde, ist die Einspeiseberechtigung vorläufig.

Was bedeutet das?

Das heißt, wenn irgendwas in dieser Zwischenzeit passieren würde, müsste man die Einspeisevergütung zurückbezahlen. Bei größeren Anlagen ist das ein ganz großes Problem. Aktuell gibt es ungefähr 1.000 PV-Anlagen in Deutschland, die aufgrund dieser Thematik keinen Netzanschluss haben. Und dass, obwohl wir das Problem der Energieknappheit haben.

Wie lässt sich das Problem lösen?

Diese Frage lässt sich eigentlich nicht beantworten. Jeder, der eine Erneuerbare-Energien-Anlage hat, muss ins öffentliche Netz einspeisen dürfen. Das ist ein Gesetz. Dieses wird aber dadurch, dass der Netzbetreiber eigene Anschlussbedingungen hat, nicht erleichtert. Der Netzbetreiber haftet für die Stabilität und die Sicherheit des Netzes. Deshalb bestimmt er auch die Voraussetzungen, unter denen man in das Netz einspeisen kann.

Was empfehlen Sie Landwirten?

Das A und O für einen nachhaltig guten Betrieb einer PV-Anlage ist, möglichst qualitativ hochwertig zu arbeiten, aber auch die Komponenten entsprechend im Vorfeld zu prüfen. Es ist egal, wie der Modulhersteller heißt. Entscheidend ist, dass das jeweilige Modul idealerweise von Dritten geprüft wurde. Nur weil es bei einem namenhaften Händler gekauft wurde heißt es noch nicht, dass auch die Qualitätskriterien eingehalten wurden.

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