
Manche Versorger nutzen die ausgesprochen unübersichtliche Situation möglicherweise aus und verdienen an der Notlage ihrer Kunden. „Das neue Jahr beginnt mit einer massiven Preiserhöhungswelle beim Strom“, sagt auch der Energieexperte des Vergleichsportals Verivox, Thorsten Storck.
Die Bundesregierung will jedenfalls per Gesetz verhindern, dass Energieversorger mit ungerechtfertigten Preiserhöhungen die eigenen Kassen füllen.
Danach sollen die Preise im gesamten nächsten Jahr - geltend vom 1. Januar bis zum 31. Dezember - nicht erhöht werden dürfen. Es sei denn, der Versorger kann glaubhaft nachweisen, dass der Preisaufschlag „sachlich gerechtfertigt ist“, sagt ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung.
Das Besondere daran ist: Energieversorger müssen nachweisen, dass ihre Beschaffungskosten für Strom oder das Gas angestiegen sind - etwa durch höhere Einkaufspreise. Nicht jede Preiserhöhung ist danach also nicht gerechtfertigt, sondern nur solche Anhebungen, die "sich nicht begründen lassen.
Dem Vergleichsportal Verivox waren Ende November bereits 550 Fälle von Strompreiserhöhungen in der Grundversorgung zum Jahreswechsel bekannt geworden. Die Erhöhungen betrugen im Schnitt 54 Prozent.
“Die Strompreiserhöhungen zum Jahreswechsel fallen teils drastisch aus“, sagt der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding. „Leider sind die Neukundentarife über die Vermittlungsportale noch höher, so dass ein Anbieterwechsel in den meisten Tarifgebieten keine Ersparnis bringt.“ Dies dürfte sich erst im Laufe der nächsten Monate ändern. Kunden in der Grundversorgung hätten momentan daher keine Wahl.
Verivox und die Tagesschau hatten einige Beispiele für drastische Preiserhöhungen der Versorger genannt: Bei MVV Energie in Mannheim sind ab Januar in der Grundversorgung knapp 0,45 Euro fällig statt bisher 0,27 Euro je Kilowattstunde. Beim sächsischen Energieversorger Envia kostet Strom künftig 0,48 Euro statt 0,28 Euro.
Bei RheinEnergie in Köln klettert der Preis auf 0,55 Euro, bei den Stadtwerken München auf knapp 0,62 Euro. Und die Liste ließe sich noch lange weiterführen.
Riesige Preisunterschiede kaum zu erklären - Mitnahmeeffekte

Soch riesige Unterschiede bei den Preisen sind eigentlich nicht zu erklären", sagen auch Experten. Steffen Arta, Geschäftsführer der Stadtwerke im hessischen Dreieich, sagte in der Tagesschau: „Natürlich verfolgt jedes Unternehmen eine eigene Beschaffungsstrategie. Aber diese extreme Spreizung der Preise, die wir momentan sehen, ist energiewirtschaftlich eigentlich gar nicht mehr zu begründen.“
Alle Erhöhungen sind selsamerweise zu dem Termin wirksam, an dem die Strompreisbremse in Kraft tritt. Für 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs übernimmt dann der Staat die Kosten, die über 0,40 Euro beim Strom liegen. "Die Notwendigkeit, dem eigentlichen Auftrag folgend, die Energiepreise bestmöglich zu kalkulieren, bestehe für die Versorger somit nicht mehr", sagt Arta.
„Ich denke, Mitnahmeeffekte können nicht gänzlich ausgeschlossen werden", ist der Energieexperte überzeugt.
Die Strompreisbremse soll ab dem 1. Januar 2023 gelten. Für Verbraucher und kleine Unternehmen soll dann ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs abgesichert werden. Der Bruttopreis für diesen Strom soll bei 40 Cent je kWh liegen. Für alle, die mehr als 40 Cent zahlen müssen, soll die Bremse direkt die monatliche Stromrechnung senken, wie es aus der Regierung hieß.
Im Normalfall berechne sich der Abschlag auf Basis des bisherigen Stromverbrauchs. Verbraucht man mehr als 80 Prozent des bisherigen Stroms, gilt für jede weitere Kilowattstunde der neue hohe Preis im Liefervertrag. Das soll einen Anreiz setzen, weniger zu verbrauchen.
Laut Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW ist vorgesehen, dass die Strom- und Gaspreisbremsen direkt den monatlichen Abschlag reduzieren. Die Verrechnung sollen die Versorger übernehmen.
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