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Strompreise: Netzentgelte sind Preistreiber – Klimaschutz-Strafgebühr

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am Freitag, 18.08.2023 - 11:32 (6 Kommentare)

Die Netzentgelte gehören zu den größten Preistreibern beim Strom. Und sie steigen wegen des Ausbaus der erneuerbaren Energie und der Stromnetze steil an. Dabei gibt es riesige regionale Unterschiede. In Bremen, Bayern und BW sind die Netzentgelte niedrig, in Schleswig-Holstein sehr hoch. In SH spricht man von einer Klimaschutz-Strafgebühr.

Stromnetz.

Der Strompreis setzt sich aus mehreren Kostenbestandteilen zusammen: Die größten Posten sind laut Bundesnetzagentur die Kosten für die Strombeschaffung, den Vertrieb und Gewinnmarge (insgesamt 37,5 %), Steuern (21,7 %): diese beinhalten die Mehrwertsteuer (16 %) und die Stromsteuer (7 %) und das Netznutzungsentgelt mit 21,5 %. Das Netznutzungsentgelt gehört mittlerweile zu den größten Preistreibern beim Strompreis

Das Vergleichsportal Verivox hat ausgerechnet, dass die Netznutzungsentgelte im Bundesdurchschnitt in den letzten fünf Jahren um 28 Prozent gestiegen. Besonders stark war der Anstieg in Hamburg (60 Prozent), Berlin (49 Prozent), Brandenburg (43 Prozent) und Schleswig-Holstein (42 Prozent). 

Das Netzentgelt ist lauf Bundesnetzagentur der Preis, die jeder Netznutzer, der Strom durch das Versorgungsnetz leitet, an den Netzbetreiber zahlen muss (ähnlich wie eine Briefmarke als Porto für einen entfernungsunabhängigen Versand berechtigt). 

Die Netzentgelte sind entfernungsunabhängig. Sie werden vom Anschlussnetzbetreiber erhoben – enthalten sind die Kosten aller vorgelagerten Netzebenen. Die Abwicklung erfolgt durch die Zahlung von Netzentgelten des nachgelagerten an den jeweils vorgelagerten Netzbetreiber.

Erneuerbare machen Netzentgelte teuer

Windränder.

Die Höhe der Stromnetzentgelte für Haushalte in Deutschland hängt stark vom Wohnort ab. Wer in Schleswig-Holstein wohnt, zahlt 2023 fast doppelt so viel wie Verbraucher in Bremen. Der bundesweite Durchschnitt der Stromnetzentgelte liegt laut Verivox bei 350 Euro jährlich für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden.

Doch tatsächlich sind die Gebühren je nach Wohnort sehr unterschiedlich. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine der Ursachen für die regional unterschiedlichen Netzentgelte, aber auch Faktoren wie die Industrie- und Bevölkerungsdichte haben einen großen Einfluss“, erläuterte Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. 

Die Netznutzungsentgelte werden für den Ausbau und die Instandhaltung von Stromleitungen erhoben, auch die Kosten für Zählerinstallation, Ablesung und Abrechnung sind darin enthalten. Im Norden Deutschlands wird viel Windstrom erzeugt, der Richtung Süden geleitet werden muss. 

Wären überall die gleichen Netzgebühren fällig, würden sie in Schleswig-Holstein und Brandenburg um 27 Prozent sinken. In Bremen, Baden-Württemberg und Bayern würden Stromverbraucher hingegen deutlich stärker belastet. Das zeigt eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox.

Eine Klimaschutz-Straffgebühr für den Norden

Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) zahlt derzeit in Schleswig-Holstein pro Jahr mit durchschnittlich 480 Euro (netto) deutschlandweit die höchsten Netzentgelte. Darauf folgen Brandenburg mit durchschnittlich 477 Euro und Mecklenburg-Vorpommern mit 449 Euro. Die niedrigsten Stromnetzentgelte zahlen die Haushalte in Bremen mit 254 Euro, Baden-Württemberg (321 Euro) und Bayern (323 Euro). 

Stark steigende Stromnetzgebühren gäbe es in Bremen mit einem Plus von 38 Prozent (96 Euro). In Baden-Württemberg würden die Netzentgelte um 9 Prozent (29 Euro) ansteigen, in Bayern wären es 8 Prozent (27 Euro). Eine Studie im Auftrag des Verbands der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft kommt zu dem Schluss, dass für einen durchschnittlichen schleswig-holsteinischen Vier-Personen-Haushalt allein die Stromnetzkosten monatlich knapp 27 Euro ausmachen - rund 50 Prozent mehr als für einen vergleichbaren bayerischen Haushalt

 „Es ist unseren Kunden nicht vermittelbar, dass sie Jahr für Jahr knapp 140 Millionen mehr für die Energiewende zahlen, als wenn die Kosten bundesweit einheitlich und fair verteilt würden,“ sagt Andreas Wulff, Vorstandsvorsitzender des VSHEW und Geschäftsführer der Stadtwerke Brunsbüttel sowie der Stadtwerke Steinburg. 

„Mit zunehmender Verbreitung von mit Ökostrom betriebenen Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen werden die Mehrkosten sogar noch weiter steigen. Diese exorbitante Klimaschutz-Strafgebühr kann doch politisch nicht gewollt sein.“

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