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Strompreise und Energiekrise

Strompreise an der Strombörse verzehnfacht - auf 55 bis 60 Cent/kwh

Stromzähler.
am Donnerstag, 18.08.2022 - 12:10 (5 Kommentare)

An der Strombörse EEX in Leipzig brechen die Strompreise einen Rekord nach dem anderen. Innerhalb eines Jahres haben ich die Spotmarktpreise verzehnfacht – von 50 Euro auf 565 Euro je MWh. Das merken auch die Verbraucher, für die die Strompreise Im August bereits bei 42 Cent liegen und weiter steigen.

spotmarktpreise für strom.

An der Strombörse (European Power Exchange) kletterte der Preis für eine Megawattstunde für den kurzfristigen Bezug diese Woche auf über 565 Euro je Megawattstunde. Noch im vergangenen Jahr lag der Preis für eine Megawattstunde Strom an der Börse bei etwa 50 Euro. Der Preis hat sich seitdem also ungefähr verzehnfacht.

In den Preisen für die Endverbraucher zeigt sich die Preisexplosion wegen der laufenden Verträge der Energieversorger nicht sofort bzw. erst mit einiger Verzögerung. Der oben genannte Börsenpreis von 565 Euro je Megawattstunde bedeutet umgerechnet 56,5 Cent je Kilowattstunde (kWh).

Das ist jedoch ein Preis ohne Steuern, Abgaben und Gewinnspannen der Versorger. Diese lagen im Juli nach Berechnungen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im Schnitt bei 19 Cent je kWh. Das ist mehr als die Hälfte des Strompreises, den die Verbraucher zu diesem Zeitpunkt zahlen mussten.

Zahlte ein Privathaushalt 1998 brutto durchschnittlich 17,11 Cent für eine Kilowattstunde, waren es 2018 im Mittel 29,47 Cent. Im Frühling 2022 lag der Preis inklusive aller Steuern und Abgaben bei rund 35 Cent. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox liegt der aktuelle Strompreis im August bereits bei 42 Cent je kWh. Damit ist er rund ein Drittel höher als im Vorjahr.

Und der Strompreis steigt weiter – obwohl die EEG-Umlage abgeschafft wurde. Und das hat mit den insgesamt steil ansteigenden Kosten für Gas und fossile Energieträger zu tun.

Preisexplosion an der Strombörse

Der Preisrekord an der Börse bezieht sich auf den Kurs am sogenannten Übernachtmarkt. Dort kaufen große Stromgesellschaften und Profihändler Strom, den sie am nächsten Tag geliefert bekommen wollen. Und hier steigend die Kosten von Tag zu Tag. Gut 40 Prozent der deutschen Stromproduktion basierte zuletzt auf Braunkohle, Steinkohle und Erdgas. Und die steigenden Preise für Erdgas und Kohle treiben die Börsenpreise weiter nach oben.

Ein Preisentlastung ist nicht in Sicht, wenn man auf die aktuelle Gaspreisentwicklung schaut. Eher im Gegenteil. Die Bundesregierung will daher wieder mehr Kohle zu Stromerzeugung nutzen. Doch Braunkohle setzt auch mehr Kohlendioxid bei der Verbrennung frei als etwa Erdgas.

Die Preise für die Emissionszertifikate (Verschmutzungsrechte) im Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) haben sich dabei seit November 2020 verdreifacht. Pro Tonne Kohlendioxid, die bei der Stromproduktion anfällt, sind derzeit rund 80 Euro zu zahlen.

Die hohen Kosten für Strom aus fossilen Kraftwerken beeinflussen auch die Preise für den Ökostrom, der in Deutschland einen Anteil von gut 40 Prozent am Strommix hat. Die Produktion von Wind- und Sonnenstrom aus neuen Anlagen kostete 2022 etwa 4 bis 5 Cent pro Kilowattstunde. Doch der günstige Ökostrom hat nur wenig Einfluss auf die durchschnittlichen Preise an der Börse.

Der Grund liegt in der Funktionsweise der Börse: Das letzte Kraftwerk, dass zur Deckung des Strombedarfs eingesetzt werden muss – und damit das teuerste ist –, bestimmt den Preis des Stroms an der Börse. Die Experten sprechen hier von den „Grenzkosten“ und vom „Merit-Order-Effekt.“

Die Hälft des Stroms wird kurzfristig gehandelt

Die meisten Stromanbieter erzeugen ihren Strom nicht selbst, sondern kaufen ihn von Stromerzeugern ein. Das geschieht an der Strombörse oder Käufer und Verkäufer verhandeln direkt miteinander (Over-the-Counter-Geschäfte, OTC).

Etwa die Hälfte des jährlichen Stromverbrauchs wird kurzfristig gehandelt (Spotmarkt). Für die anderen 50% werden langfristige Lieferverträge geschlossen (Terminmarkt).

Wenn es um die langfristigen Lieferverträge geht, verhandeln die Parteien aktuell noch lieber direkt. An den Strombörsen stehen sich Anbieter und Nachfrager in Reihenfolge der Höhe ihrer Gebote gegenüber.

Die Anbieter, die den geringsten Preis verlangen, werden als erste berücksichtigt. Umgekehrt bei den Käufern: Wer das meiste bietet, bekommt zuerst Strom. Der Strompreis ist dann der Preis, den Anbieter gerade noch akzeptieren und Nachfrager gerade noch zu zahlen bereit sind.

Beim Over-the-counter-Handel (OTC) verhandeln Stromerzeuger und Stromanbieter direkt miteinander. Die Preise sind nur den beiden Akteuren bekannt und nicht öffentlich einsehbar, jedoch orientieren sie sich in der Regel ebenfalls am Börsenpreis.

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