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Windenergie: Was der Streit von Söder und Habeck für die Bauern heißt

Ausbau-Windenergie-Habeck-Soeder
am Samstag, 22.01.2022 - 10:20 (8 Kommentare)

Die Bundesregierung will den Ausbau der Windenergie voranbringen und sieht ein Problem in der bayerischen 10-H-Regelung. Doch ohne die Flächen der Bauern und Forstwirte wird die Energiewende nicht funktionieren. Darum spielt hier auch die Agrarpolitik eine wichtige Rolle.

Landauf landab werben Vertreter der neuen Bundesregierung dafür, gemeinsam Probleme zu lösen und Neuanfänge zu wagen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist hier sogar schon konkreter als Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Es ist noch keine zwei Wochen her, da hat Habeck seine ehrgeizigen Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgestellt. Deutliche Kritik äußerte er dabei an Bayerns 10-H-Regelung. Habeck kam diese Woche deshalb gleich noch nach München, um mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und dessen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) über das aus Habecks Sicht zentrale Problem der Ausbauflaute der Windenergie in Bayern zu reden.

Welche Spannungen gab es rund um Robert Habecks Besuch in Bayern?

Spannend sind die Schattierungen, die rund um Robert Habecks Besuch in Bayern sichtbar wurden: CSU-Generalsekretär Markus Blume betonte schon im Vorfeld, dass an der 10-H-Regelung nicht gerüttelt werde. Hubert Aiwanger könnte sich Ausnahmen von 10-H vorstellen und erklärte bereits im vergangenen Juni, dass er schon jetzt rund 300 potenzielle Standorte für rund 1.000 neue Windräder sehe. Schon damals war Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger in die Parade gefahren und hat vor einem unkontrollierten „Vollpflastern“ der bayerischen Wälder gewarnt. Und was macht Markus Söder? Quasi im Alleingang kündigte er für spätestens März einen eigenen Bayern-Plan zum Ausbau Erneuerbarer Energien bzw. der Windkraft an.

Warum die Energiewende ohne Landwirte und Forstwirte nicht klappt

Porträt von Simon Michel-Berger

Wie auch immer der Clinch zwischen Markus Söder und Robert Habeck ausgeht: Klar ist, dass ohne die Flächen der Land- und Forstwirte die grüne Energiewende als Rohrkrepierer enden wird. Ob für Windkraft, Freiflächen-PV oder neue Stromleitungen: Ohne das Eigentum der Bäuerinnen und Bauern geht es nicht. Wie gerne und schnell Bauern und Waldbesitzer bereit sind, in neue Dinge zu investieren, hat der Boom rund um das erste Erneuerbare-Energien-Gesetz gezeigt. Doch die Grundbesitzer brauchen hierzu eine wirtschaftliche Perspektive, politische Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Appelle, ein verschärftes Ordnungsrecht oder gar Enteignungen, wie es sie beim Stromtrassen- oder Straßenbau gibt, werden die Bauern und ihre Traktoren wieder auf die Straßen bringen.

Wie Agrarpolitik auf Energiepolitik ausstrahlt

Auch in der Energiepolitik wird die Agrarpolitik zunehmend eine wichtige Rolle spielen. Falls Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) es nicht schaffen, die Landwirtinnen und Landwirte mitzunehmen – die Nagelprobe wird der grüne Weg zur künftigen Nutztierhaltung in Deutschland sein - dann wird die deutsche Bauernschaft auch Habecks wohlklingende Worte zur Planungssicherheit für den Ausbau erneuerbarer Energien nur als Sonntagsreden einordnen.

Was Landwirte und Forstwirte bei der Energiewende brauchen

Was die Landwirte und Forstwirte bei der Energiewende brauchen, ist nicht philosophisches Phrasengeschwurbel. Sie brauchen konkrete Vorschläge und versierte Politiker, die diese gemeinsam mit ihnen ausarbeiten. Markus Söder scheint das erkannt zu haben: Vergangene Woche dachte er medienwirksam über eine Kabinettsumbildung nach, bei der jede Ministerin und jeder Minister - laut Münchner Merkur - „sattelfest und von der Branche akzeptiert“ sein müsse. Es ist ein guter Vorsatz für das neue Jahr, dem Markus Söder jetzt auch schnell Taten folgen lassen muss. Hiervon könnte gerade vor der ins Haus stehenden Landtagswahl in Bayern das dringend notwendige Signal des Aufbruchs ausgehen – auch in der Landwirtschaft. Das weiß Markus Söder.

Im politischen Berlin sollte man sich, wenn Markus Söder nun Taten folgen lässt, daran ein Beispiel nehmen und einen Maßstab für das Handeln der Ministerinnen und Minister der neuen Bundesregierung setzen. Erfolg gibt es nicht ohne Verständnis für und Unterstützung von den Menschen, für die man Politik macht. Erfolg aber braucht die neue Bundesregierung dringend, wenn sie die großen Spannungen, die in der Ampelkoalition stecken, für vier Jahre oder länger aushalten will.

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