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Politik international

Barroso will Anbauzulassung transgener Pflanzen neu regeln

am Freitag, 18.09.2009 - 09:56 (Jetzt kommentieren)

Brüssel - In der Europäischen Union haben sich die Chancen für die künftige Tolerierung nationaler Anbauverbote von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) überraschend verbessert.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellte im Vorfeld der Gespräche über seine mögliche Wiederwahl mit den politischen Gruppen des Europaparlaments in Aussicht, entsprechende Schritte zu prüfen.

"Auf einem Gebiet wie den GVO sollte es beispielsweise möglich sein, ein gemeinschaftliches Zulassungsverfahren, das auf wissenschaftlichen Belegen basiert, mit der Freiheit der Mitgliedstaaten zu kombinieren, auf dem eigenen Hoheitsgebiet selbst über den Anbau von GV-Pflanzen zu entscheiden", so Barroso in Brüssel. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel  unterstützte die Haltung ihres Präsidenten beim jüngsten Agrarministerrat ausdrücklich. Beobachter werteten die Aussage Barrosos als Zugeständnis an die europäischen Grünen, denen der Portugiese am vergangenen Mittwoch Rede und Antwort stand.

Wichtiger Mosaikstein

Die Niederlande hatten die Möglichkeit der Tolerierung nationaler Anbauverbote auf EU-Ebene im März erstmals ins Spiel gebracht. Die grundsätzlich gentechnikfreundlich eingestellte Agrarministerin Gerda Verburg will damit ihre kritischen Amtskollegen zufrieden stellen und das schleppende Verfahren zur Anbauzulassung für neue GVO beschleunigen. Österreich griff das Thema beim Agrarrat im Juni erneut auf. Das von Wien eingereichte Papier wurde von zehn weiteren Mitgliedstaaten, darunter Polen, Ungarn, Irland und Griechenland, unterstützt.

Die stellvertretende verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Elvira Drobinski-Weiß, begrüßte die Überlegungen des Kommissionspräsidenten. In einer Pressemitteilung bezeichnete Drobinski-Weiß die Möglichkeit nationaler Anbauverbote als wichtigen Mosaikstein, "um dem Vorsorgegedanken endlich konsequent Geltung zu verschaffen". Das sei ein enormer Fortschritt für die Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und die Verbraucher in Deutschland. Nur die Mitgliedstaaten selbst könnten anhand der lokalen Gegebenheiten beurteilen und entscheiden, ob der Anbau Risiken berge. Die Politikerin rief dazu auf, kritische Studien und mögliche Langzeiteffekte auf Gesundheit und Umwelt ebenso stärker zu berücksichtigen wie wirtschaftliche und soziale Auswirkungen.

Grüne wollen Abstimmung verhindern

Mit der Vorstellung seines politischen Gesamtpakets - in dem das GVO-Thema nur eine Randbemerkung war - hatte Barroso im Parlament offensichtlich Erfolg, denn die Anführer der politischen Gruppen des Hohen Hauses einigten sich am vergangenen Donnerstag darauf, die Abstimmung über die Kandidatur des Portugiesen für Mittwoch dieser Woche auf die Tagesordnung der Plenarsitzung zu setzen. Allerdings kam diese Entscheidung nicht mit Zustimmung der Grünen zustande. Ausschlaggebend war vielmehr das positive Votum der Liberalen, die Barroso zuvor scharf kritisiert hatten, letztendlich aber den Wunschkandidaten der EVP-Fraktion unterstützten. Die Ko-Vorsitzenden der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit, ließen umgehend verlauten, man werde beantragen, den Tagesordnungspunkt wieder zu streichen.

Die Grünen sprachen sich dafür aus, vor einer Abstimmung zuerst das Ergebnis des irischen Referendums über den Lissabon-Vertrag am 2. Oktober abzuwarten. Nur dann wisse man, ob die neue Kommission unter dem Vertrag von Nizza oder Lissabon bestellt werde. Der Chef der Sozialdemokraten, Martin Schulz, blieb bei seiner ablehnenden Haltung gegenüber Barroso. Parlamentspräsident Jerzy Buzek dagegen begrüßte die Entscheidung. Damit sende man ein starkes Signal an die Bürger von Europa, erklärte Buzek in Brüssel. In Zeiten einer Wirtschaftskrise könne man es sich nicht leisten, in einem politischen Vakuum zu agieren. (AgE)

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