Unter den Älteren mag sich der ein oder andere erinnern: Winters waren Seen und Teiche mitunter zugefroren. Ein Heidenspaß! Es sei denn, man setzte sich schwungvoll auf den Hintern oder brach gar durch das tückische Eis. Mit Sprache ist es ganz ähnlich: Ausrutschen ist niemals ausgeschlossen. Und spätestens, wenn man es leise knacken hört, sollte man das rettende Ufer ereilen.
Gendern im Amt: Kärnten wagt sich auf dünnes Eis
Die Kärntner Landesregierung, Abteilung 13, Gesellschaft und Integration, hat den Fall ins kalte Wasser nicht kommen sehen. Die Kolleg*Innen brachten einen Leitfaden heraus für die geschlechtergerechte Sprache im Amtsgebrauch. Darin wurde aus „Bauer/ Bäuerin“ ein „landwirtschaftlich Beschäftigter“. So sollten Beamt*Innen fortan formulieren. Dass die Landwirte in Österreich darauf frostig reagieren, hätte man/frau ahnen können.
Bauer = Landwirt = landwirtschaftlich Beschäftigter?
Dabei ist der Gedanke dahinter ja sehr ehrenvoll: Niemand soll sich diskriminiert fühlen im schönen Kärnten. Und rein fachlich mag daran nix auszusetzen sein. Könnte man meinen. Doch da schmilzt der Wunsch nach störungsfreier Sprache wie ein Schneemann im April. Denn „landwirtschaftlich Beschäftigter“ ist auch der Erntehelfer, vielleicht sogar der Städter, der mal Brennholz macht. So wird aus einer wichtigen Aufgabe eine bürokratisch verbrämte Dienstleistung. Ersetzbar, glatt, seelenlos.
Der „Landwirt“ ist wenigstens jemand! Er hat immerhin etwas mit Landwirtschaft zu tun. Da schwingt die alte Bedeutung des "Hausherrn" im "Wirt" mit. Das hat schon Klang. Und auch noch einen modernen. Das kann nach heutiger Lesart jemand sein, der einen Betrieb führt, sei es, weil er ihm gehört oder er ihn gepachtet hat. Ein Landwirt kann aber auch in einer Behörde sitzen oder in einer Redaktion. Er - natürlich auch sie - kann das notwendige Wissen in einer Ausbildung oder auf einer Hochschule erworben haben. Dem Landwirt haftet etwas technokratisches Drumherum an. In jedem Fall klar, neutral und wertfrei. In etwa so wie eine frisch polierte Pflugschar.
Bauer zwischen Ehrentitel und Schimpfwort
Der Bauer ist da schon eine andere Hausnummer. Zwischen „Bauernschläue“, „Bauerntölpel“, aber auch „Bauernkrieg“ und „Bauernopfer“ wabert der Begriff hin und her, mit einem positiven Klang bei den einen und einem negativen bei den anderen. Viele, die ihr Geld mit Ackerbau und Tierzucht verdienen, tragen den Begriff allerdings wie ein Ehrenzeichen. Steht er doch auch für Heimat und Bodenständigkeit.
Etwas neutraler betrachtet und im Vergleich zum Landwirt ist der Bauer derjenige, der nicht nur Landwirt ist, sondern das auch noch auf eigenem Grund und Boden. Und zwar im Vollerwerb. Teilzeitbauer hört sich auch irgendwie komisch an. In der guten alten Zeit kannte man noch den Vollbauer, Dreiviertelbauer etc. und als landeskundliche Besonderheiten den Kötter oder auch den Knüver. Alles Bauern, aber mit genau definierten Besitztümern.
Der Vorteil war, dass jeder wusste, mit wem er es zu tun hat. Da brauchte man nicht einmal mehr große oder kleine Karos im Hemd. Der Vorstoß aus Kärnten aber treibt die modische Gleichmacherei auf die Spitze. Und gerade bei vielen, für die der Bauernstand nicht nur Beruf ist, sondern Berufung, kommt da die Galle hoch.
Doch kein Genderleitfaden: Im Sturm der Bauern knickt Kärnten ein
So sollten nun Bauer und Bäuerin in Kärnten verschwinden. Natürlich nicht wirklich, nur im Amtsdeutsch. Die Landwirtschaftskammer des Landes und Landwirte protestierten. Und auch andere Gruppen waren so glücklich nicht mit den umsichtigen Leidfadenformulierer*Innen: Aus dem „Gast“ sollte die „Besuchsperson“ werden, aus dem Polizisten die „Polizeikraft“.
Jetzt ist aber Tauwetter angesagt. Denn der umstrittende Leitfaden wurde nach zahlreichen Aufschreien eingestampft und lediglich ein gesamtösterreichisches Wörterbuch für die Behörden angemahnt. Vielleicht kommt dann demnächst ja der „Landwirtende“ oder der „Bäuernde“ noch zu Ehren.
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