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Traktorenzüge auf Brücken

Bauernproteste: Nach den Niederlanden jetzt auch in Deutschland

Bauernprotest Chemnitz
am Montag, 11.07.2022 - 15:25 (6 Kommentare)

Niederländische Landwirte protestierten im ganzen Land gegen die von der Regierung geplante Stickstoffverordnung. Nach den Ausschreitungen in den Niederlanden starteten am Wochenende auch in Deutschland Proteste.

Deutschlandweit fuhren Bauern auf Brücken, um über Autobahnen und befahrenen Straßen auf sich aufmerksam zu machen. In NRW, Hessen, Bayern und Hamburg schlossen sich Landwirte, unter anderem über die Organisation Land sichert Versorgung (LsV, früher: „Land schafft Verbindung" NRW), zum friedlichen Protest zusammen. Heute sollen die Proteste ausgeweitet werden.

Frank Kisfeld, der beim LsV in NRW organisiert ist, spricht auf t-online.de von „dicht an dicht gedrängten Traktoren“ und von Brücken, auf denen sich Menschengruppen gebildet haben.

Aus seiner Region seien in den vergangenen Tagen schon rund ein Dutzend Landwirte über die Grenze gefahren, um die Proteste der niederländischen Kollegen zu unterstützen, wie er t-online berichtete.

In Heerenberg protestierten deutsche und niederländische Landwirte zusammen und blockierten einen Kreisverkehr.

„Aus Solidarität und weil ich weiß, dass es bei uns genauso kommt"

Bauernproteste Niederlande Grenze

Auch Markus Blömer, der einen Hof in Rhede, nahe der niederländischen Grenze bewirtschaftet, ist nach Holland gefahren. Aus Solidarität, wie der Landwirt sagt. "Und weil ich weiß, dass es bei uns genauso kommt“, sagt er.

Es sei egal, ob es um Wasserproben oder Flächen gehe, die nachweislich in Ordnung seien. Die landwirtschaftlich benutzen Flächen würden in Sippenhaft genommen und als Rote Gebiete erklärt. Die Einmischung bei der Tierhaltung, der Freiheit in der Düngung oder beim Antasten des Eigentums – das alles gehe fast in Richtung Berufsverbot. Diese vielen Regeln würden Landwirte in Existenznot bringen.

"Ich habe Angst, dass bei uns etwas Ähnliches passiert"

Proteste Niederlande

Auch Jelle Tünte, ein Landwirt aus Bocholt, war bei den Protesten dabei. „Ich bin mitgefahren, weil wir Landwirte aus Deutschland uns mit denen aus Holland immer gegenseitig solidarisch zeigen. Außerdem verstehe ich nicht, wie man unsere Berufsgruppe so abservieren kann. Und ich wollte auch zu den Protesten fahren, damit andere sehen, dass die Problematik auch auf uns in Deutschland zukommen kann.“

Tünte sei zwar nicht tagelang an vorderster Front dabei gewesen, aber für ihn zähle die Geste, erzählt er agrarheute. Insgesamt seien sie 30 Landwirte aus der Grenzregion gewesen, die Autobahnbrücken besetzt hätten, um Solidarität mit den Landwirten im benachbarten Holland zu zeigen.

„Ja, ich habe Angst, dass bei uns etwas Ähnliches passiert. Es passiert auch schon, z. B. durch die Ausweitung der Roten Gebiete oder durch Pflanzenschutzbedingungen in Naturschutzgebieten.“

In Bayern protestierten zwischen Memmingen und Mindelheim Landwirte auf den Brücken der A96:

In NRW zeigen Landwirte aus dem Rhein-Sieg-Kreis ihren Protest gegen Umweltauflagen, die sich kaum mehr umsetzen lassen:

Heute (11.07.) hat auch der Bauernbund Sachsen-Anhalt e. V. dazu aufgerufen, die Bewegung zu unterstützen:

Strengere Düngeregeln für Landwirte

Am Freitag hatte der Bundesrat einer Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung Nitrat belasteter Gebiete (AVV) zugestimmt, die auch Änderungen der Düngeverordnungen vorsehen. Viele Landwirte sind deshalb in Sorge. Sie erwarten eine lange Phase mit Rechtsunsicherheiten. Außerdem wehren sie sich dagegen, die alleinige Verantwortung für die Nitratbelastung zu tragen.

Demonstrationen und Blockaden wie in den Niederlanden könnten auch in Deutschland anstehen. In Zukunft soll weniger Düngemittel eingesetzt werden, da die Nitrat-Richtlinie zum Schutz des Trinkwassers offenbar nicht ausreicht. Sollten die Vereinbarungen des EU-Vertrags nicht eingehalten werden, könnten Geldstrafen in Milliardenhöhe fällig werden.

Bauernproteste in Holland und Deutschland: Kein Ende in Sicht?

Markus Blömer aus Rhede nahe der niederländischen Grenze geht davon aus, dass die Proteste noch länger, möglicherweise bis in den August hinein anhalten. „Wir machen heute Abend noch was mit den Niederlanden zusammen.“

Mit Material von t-online, Berliner Zeitung, LsV NRW e.V.

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