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Eine bayerische Erfolgsgeschichte: Der Drive-in Hofladen

Drive-In Hofladen am Reitsberger Hof in Baldham
am Freitag, 09.10.2020 - 13:00 (Jetzt kommentieren)

Der Corona-Lockdown im März hätte für den Reitsberger Hof, einen Erlebnisbauernhof im Osten Münchens, die Katastrophe bedeuten können: Veranstaltungen abgesagt und die eigene Wirtschaft geschlossen. Doch dann hatten die Geschwister, die den Betrieb bewirtschaften, eine Idee.

Vielen Tagesausflüglern in Oberbayern ist der Reitsberger Hof in Baldham ein Begriff: Der Erlebnisbauernhof steht auf vielen Standbeinen und bietet nicht nur Kindergeburtstage an, sondern hat auch eine Saftpresse und Obstbrennerei sowie eine eigene Reitschule mit Pensionspferdehaltung. Im hofeigenen Wirtshaus „Landlust“ gibt es neben Verpflegung auch ein kulturelles Programm und in der Veranstaltungshalle sowie auf dem Gelände finden Veranstaltungen von Firmenevents bis zu Mittelaltermärkten statt.

Möglich wird das alles durch die Weitsicht von Betriebsinhaber Georg Reitsberger, der den mit 10,7 ha Ackerbau und Grünland relativ kleinen Betrieb bereits vor 25 Jahren in Richtung eines Erlebnisbauernhofes entwickelte. Bewirtschaftet wird der Hof mit seinen verschiedenen Standbeinen von Reitsbergers Kindern Anna und Quirin sowie deren Partnern.

Schock im März: Corona-Lockdown

Schild mit einem Traktor und Haus und der Aufschrift Regio-Drive-In Hofladen

Als Schock für den Betrieb, der von seinen Besuchern lebt, kamen die Einschränkungen vom März, die letztlich dazu führten, dass der Reitsberger Hof bereits zwei Tage vor dem offiziellen Lockdown am 22. März seine Tore schloss.

Anna Link, geborene Reitsberger, die das Wirtshaus betreibt, erzählt: „Unser Veranstaltungskalender war für das ganze Jahr voll, auf einen Schlag brach das alles weg. Unsere laufenden Kosten blieben aber, etwa für unsere Auszubildenden, die jetzt nicht mehr viel zu tun hatten. Auch die Kühllager waren voll und unsere Verträge mit den Lieferanten liefen weiter.“ Einige Aktivitäten am Hof, etwa die Reitschule, konnten in sehr begrenztem Umfang weitergeführt werden. Doch alles andere stand vor dem Aus.

In dieser Situation besannen sich Anna Links Bruder Qurin auf eine Idee, mit der er schon lange geliebäugelt hatte: Ein eigener Hofladen. Weil in Corona-Zeiten aber wenige Leute zum Einkaufen in einem kleinen Raum kommen würden, wurde ein alter hölzerner Verkaufsstand mit einer Rampe nachgerüstet, sodass Autos vorfahren und die Waren kontaktlos direkt in den Wagen befördert werden konnten. Der „Regio-Drive-in-Hofladen“ war geboren.

Eröffnung des Drive-In Hofladens: Der Ansturm kommt

Auto und Kuh mit dem Schild Hofladen stehen unter einem Vordach

Der neue Hofladen, der am 24. April seine Türen öffnete, hatte von Anfang ein breites Angebot an regionalen Spezialitäten:

  • Eier vom Glonner Hof aus Zorneding
  • Kartoffeln von Familie Haas aus Baldham Dorf
  • Käse der Naturkäserei Tegernseer Land
  • Brot von der Bäckerei Postel aus Anzing 
  • Milch vom Unkelbach Hof aus Hergolding
  • Schinken, Fleisch und Wurst von der Metzgerei Rottenwallner aus Bad Tölz
  • verschiedene „Unser Land“ Produkte aus dem Landkreis Ebersberg.

Ergänzt wurde das Spektrum durch Bier, Wein, Spirituosen, Kaffee, Obst und Gemüse und nicht zuletzt Säfte und Obstgelees vom eigenen Betrieb. Link betont, wie wichtig gerade diese letzten Produkte waren: „Unsere Azubis waren froh, wieder etwas zu tun zu haben und haben mit Feuereifer Gelees gekocht.“

Erfolg durch Marketing in sozialen Medien

Genauso wichtig wie der Hofladen war auch das Marketing dafür. Quirin Reitsberger erklärt: „Unsere Stammkunden sind es gewöhnt, über Facebook mit uns zu reden. Wir haben hier über unser Angebot informiert und die Kunden auch per Handy benachrichtigt. Bestellungen konnten auch per WhatsApp aufgegeben werden.“ Ein professionell gestaltetes Logo rundete den Auftritt ab.

Profitiert hat der Hofladen zusätzlich von der Nähe zu einem Discounter in unmittelbarer Nachbarschaft. Reitsberger erinnert sich: „Oft haben die Kunden den Einkauf dort mit einem Besuch in unserem Hofladen ergänzt. Einmal standen fast 100 Autos in einer Schlange vom Discounter bis zu uns.“

Ergänzt wurde das Hofladen-Angebot durch kleine Aktionen: Zu Ostern und zum Muttertag konnten Geschenkkisten zum Preis von 35 € bzw. 20 € bestellt werden, die vor die Haustür geliefert wurden. Zum 1. Mai gab es kleine Maibaum-Aufsteller aus Holz zu jedem Einkauf.

Nach dem Lockdown: Der Hofladen macht weiter

Regale mit Gläsern und verpackten Lebensmitteln in einem Laden

Als die Ausgangsbeschränkungen gelockert wurden, zog der Hofladen aus der Hütte in die ehemalige Milchkammer um, wo er sich immer noch befindet. Die Möglichkeit des „Drive-in“ ist noch immer vorhanden, wird jedoch kaum noch genutzt.

Link erklärt: „Die Leuten kommen gerne zu uns in den Laden, um zu reden und sich die Produkte in Ruhe anzuschauen. Uns ist das auch wichtig, denn nur wenn wir mit den Kunden reden, können wir ihre Bedürfnisse verstehen und erfüllen.“

Rückblickend sagt Reitsberger: „Sehr geholfen hat uns natürlich die Lage so nahe an München. Andere Betriebe in schlechterer Lage hätten mit einem Drive-in-Hofladen wahrscheinlich nicht den gleichen Erfolg gehabt.“

Er betont aber auch, dass der Erfolg auf Zusammenarbeit basiert: „Wenn wir nicht all die anderen Betriebe gehabt hätten, um gemeinsam ein so breites Angebot für unsere Kunden zu schaffen, wären wir nicht so weit gekommen. Insofern profitieren auch andere Höfe, die nicht den geographischen Vorteil haben, uns aber ihre Produkte liefern. Der Erfolg ist unser aller gemeinsame Leistung.“

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