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Politik national

Bundestag debattiert über Agrarhaushalt

am Freitag, 14.09.2012 - 10:28 (Jetzt kommentieren)

Berlin - Die Regierung will sparen, dementsprechend kleiner fällt auch der Agrarhaushalt aus. Umschichten statt ausweiten, lautet Landwirtschaftsministerin Ilse Aigners Devise.

5,26 Milliarden Euro soll das Gesamtbudget des Landwirtschaftsministeriums (Einzelplan 10) für das Jahr 2013 betragen - knapp 20 Millionen Euro weniger gegenüber 2012.
 
"Nicht immer die Ausgaben ausweiten, aber umschichten, wo es notwendig ist", lautete die Devise von Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) bei der Präsentation ihres Haushaltsentwurfs am gestrigen Donnerstag im Plenum. "Die Koalition steht geschlossen den Landwirten zur Seite", pries die Ministerin trotz Kürzung.
  • Bundeshaushalt 2012: Agrarposten bleibt in etwa gleich (8. September 2011) ... 
Die Einzelposten im Überblick
 
Rund 70 Prozent des Gesamtbudgets (3,65 Milliarden Euro) fließen wegen des Strukturwandels in die landwirtschaftliche Sozialpolitik. 2,14 Milliarden Euro davon entfallen auf die Alterssicherung der Landwirte (AdL) und 1,30 Milliarden auf die landwirtschaftliche Krankenversicherung. "Diese 3,65 Milliarden Euro sind gut investiert, denn das Geld hilft im Alter, unterstützt bei Krankheit und sichert Unfälle ab."
 
Für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" sind wie in diesem Jahr 600 Millionen Euro vorgesehen. 2010 standen hierfür noch 700 Millionen Euro zur Verfügung.
 
Für Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation sollen 2013 insgesamt 494 Millionen Euro ausgegeben werden, 28 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr, zur Förderung von Modell- und De­mons­trationsvorhaben 14 Millionen Euro, davon entfallen fünf Millionen Euro für Vorhaben mit dem Schwerpunkt Tierschutz. 
 
Insgesamt 142,6 Mil­lio­nen Euro und damit 4,0 Millionen Euro mehr als 2012 will das Bundesland­wirtschaftsministerium laut Entwurf für die Verbraucherpolitik ausgeben. Davon fließen rund 66 Millionen Euro in die Finanzierung des Bundesinstituts für Risikobewertung. Die Mittel für Verbraucherinformation sollen um fünf auf 25 Millionen Euro aufgestockt werden. Aigner schätzte die Lage der Verbraucher in Deutschland so gut wie nie zuvor ein.
 
Der Gesamthaushalt
 
Die Haushalts­ausgaben des Bundes sollen 2013 insgesamt 302,2 Milliarden Euro umfassen und damit um etwa 10,5 Milliarden Euro geringer ausfallen als 2012. Die Nettokreditaufnahme des Bundes soll in 2013 auf 18,8 Milliarden Euro sinken. In 2012 ist noch eine zusätzliche Kreditaufnahme von 32,1 Milliarden Euro geplant. Bis zum Jahre 2016, also drei Jahre früher als geplant, soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse vollständig greifen. (pd/ez)
  • SPD: Aigner ist zu passiv ...
  • FDP: Ein Haushalt, der Maß hält ...
  • Linke: Globale Ernährungsstrategie erforderlich ...
  • Grüne: Der Bundesregierung ist der Tierschutz schnuppe ...
  • CDU/CSU: Höchste Ansprüche an Qualität ...
  • Bauernverband: Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen ...
  • BDM: Keine Kürzungen im Agrarhaushalt ...

SPD: Aigner ist zu passiv


Für Ulrich Kelber (SPD) enthält der Entwurf des Agrarhaushalts "nur kleine Taten". Kelber kritisiert vor allem die Kostenverteilung der Energiewende.


Die Behebung von Problemen werde nur versprochen, "aber politische Konsequenzen bleiben aus". Kelber kritisierte Ministerin Aigner als zu passiv.
 
"Wo ist Frau Aigner?", fragte er im Hinblick auf steigende Energiepreise. "Wo ist der Protest bei Verlagerungen der Kosten der Energiewende auf die Verbraucher?" "Ihnen fehlt die Unterstützung ihrer Fraktionen", unterstellte er. Verantwortliches politisches Handeln müsse die Verbraucher auf Augenhöhe mit global agierenden Konzernen heben, sagte er in Richtung Regierungsbank.

FDP: Ein Haushalt, der Maß hält


Rainer Erdel (FDP) wirft der Opposition Wahlkampf auf dem Rücken der Landwirte und Verbraucher vor.


"Die Regierung legt einen Haushalt vor, der Maß hält", sagte er, denn der Agrarhaushalt nutze den verbleibenden Spielraum, um die Herausforderungen der Zukunft anzunehmen.
 
So werde in die Forschung für alternative Pflanzen im Bereich erneuerbare Energien sowie in den ökologischen Landbau investiert, und die Ministerin sei der Garant dafür, dass die durch die EU geplante Stilllegung von Ackerflächen im Rahmen der Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik nicht ohne Widerstand akzeptiert werde.

Linke: Globale Ernährungsstrategie erforderlich


Für Roland Claus (Die Linke) stand weniger das konkrete Zahlenwerk im Mittelpunkt.


"Das Problem dieses Etats ist, was nicht drin steht." Er kritisierte, dass die "Agrar- und Verbraucherschutzpolitik heute an Börsen und Discounterketten gemacht wird". Die Regierung tue zu wenig gegen die "Börsenspekulation mit Nahrungsgütern", die zur unnötigen Verteuerung von Nahrungsmitteln und damit zum Hunger führe.
 
"Deshalb ist eine neue globale Ernährungsstrategie erforderlich", sagte er und forderte die Durchsetzung eines Verbots der Spekulation mit Nahrungsmitteln.
 
Positiv am Etat vermerkte er, dass mehr Geld für alle Forschungseinrichtungen des Bundes vorgesehen ist. Hinsichtlich der sozialen Verantwortung gegenüber den Landwirten kritisierte er, dass die "Selbstausbeutung der Bauern" zunimmt.

Grüne: Der Bundesregierung ist der Tierschutz schnuppe


Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) wischte die Erklärungen ihrer Vorredner aus dem Koalitionslager zum Tierschutz vom Tisch.


"Denn der Bundesregierung ist der Tierschutz schnuppe." Die schwarz-gelbe Agrarpolitik setze weiter auf immer größere Massenställe und vergebe Bürgschaften für "Tierfabriken" in der Ukraine.
 
"Die Ministerin bemüht sich, diese Politik als tierfreundlich aussehen zu lassen", sagte die Grüne. "Das ist aus unserer Sicht inakzeptabel." Statt lediglich zwei Millionen Euro für Forschungskooperation zur Verbesserung der Welternährungssituation auszugeben, forderte sie die Exporte von Nahrungsmitteln zu stoppen, die andernorts sich entwickelnde regionale Märkte stören würden.

CDU/CSU: Höchste Ansprüche an Qualität

Franz-Josef Holzenkamp

"Außer Anklage haben sie nichts Konstruktives zu bieten", entgegnete Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) der Opposition.


Holzenkamp lobte den Standard der deutschen Nahrungsmittelproduktion, denn dieser genüge "höchsten Ansprüchen an Qualität, Vielfalt und Sicherheit". Dahinter stünden über 300.000 Familien in der Landwirtschaft und insgesamt über vier Millionen Menschen in der Nahrungsmittelwirtschaft.
 
"Keine Regierung hat in der Vergangenheit in der Verbraucherpolitik so viel umgesetzt wie unsere Regierung", führte er aus. Die Ausgaben seien dafür gesteigert, der ländliche Raum dabei ohne finanzielle Einschnitte weiterhin gefördert worden. Insofern plädierte Holzenkamp für Effizienzsteigerungen als Ziel für die Zukunft: "Und das sollte ohne ideologische Kämpfe verfolgt werden."

Bauernverband: Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen


Der Deutsche Bauernverband (DBV) fordert Anpassungen bei der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung und der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes".


Die finanzielle Ausstattung des Agraretats muss deutliche Zeichen und Impulse setzen, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen, fordert der Bauernverband. Ohne die Sparvorgaben der Bundesregierung zu konterkarieren, will der DBV Anpassungen im Agrarhaushalt bei der Landwirtschaftlichen Unfallversicherung sowie bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes".
 
So müsse es in der Unfallversicherung gelingen, den Übergang zu einem einheitlichen Sozialversicherungsträger für die Beitragszahler akzep­tabel zu gestalten. Dazu seien die Bundesmittel auf derzeitigem Niveau zu halten.
 
Die Kürzung des Agrarhaushalts geht im Wesentlichen zu Lasten der Unterstützung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, kritisiert der Verband. 

BDM: Keine Kürzungen im Agrarhaushalt


Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) pocht darauf, jede Kürzung des Haushaltsvolumen im Agrarhaushalt zu vermeiden.


Die deutsche Landwirtschaft sei durch die Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik auf den Weltmarkt abhängig geworden von staatlichen Zahlungen und damit auf die der öffentlichen Haushalte. Diese Entwicklung sei von der Bundesregierung maßgeblich mitzuverantworte.
 
Um diese Abhängigkeit von den öffentlichen Haushalten wieder auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zurückführen zu können, sieht der BDM die Notwendigkeit, Marktrahmenbedingungen zu schaffen, die die Marktstellung der Milcherzeuger entscheidend verbessern. "Märkte gestalten statt Krisen verwalten - dass muss zukünftig die Richtschnur für politisches Handeln sein", erklärt BDM-Vorsitzender Romuald Schaber. Solange das nicht geschieht, werde die Landwirtschaft weiter in hohem Maß auf Agrargelder angewiesen sein, so Schaber weiter.

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