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Politik international

Ciolos bekennt sich zu starker einheitlicher GAP

am Dienstag, 19.01.2010 - 16:32

Brüssel - Dacian Ciolos (40), Agrarexperte aus Rumänien und Kandidat für den Agrarkommissar in der Europäischen Kommission Barroso II, überzeugte beim Hearing die Mitglieder des Agrarausschusses des Europäischen Parlaments (EP) von seiner Qualifikation und Programmatik.

Ciolos sagte, in Kooperation mit den Parlamentariern für die Programmperiode nach 2013 eine starke Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit entsprechender Mittelausstattung auf den Grundsätzen der Stabilität und Voraussehbarkeit für die Landwirte, der Sicherung einer gesunden Lebensmittelversorgung für die Konsumenten und des Gefühls für die Steuerzahler, ihr Geld sei gut angelegt, entwickeln zu wollen.

Er erteilte einer Renationalisierung der Agrarpolitik ebenso eine deutliche Absage wie einer weiteren "Liberalisierung um der Liberalisierung willen" oder "Reform um der Reform willen", wenngleich er eine Reform der GAP für notwendig hält, um auf die derzeitige Situation reagieren zu können und Verbesserungen zu erreichen. Eine Mitteilung der Kommission an Rat und EP über die Gestaltung der GAP nach 2013 kündigte Ciolos bis Ende dieses Jahres an. Ciolos erntete nach dem dreistündigen Hearing für seine Antworten auf die Fragen der Europaparlamentarier quer durch die Fraktionen eine nahezu frenetische Zustimmung.

Der Europäische Landwirteverband COPA war in einer ersten Reaktion voll des Lobes über den anfänglich, nach seiner Nominierung Ende November 2009, mit Skepsis aufgenommenen Kandidaten: "Yes he can " (Ja, er kann), titelte COPA in Anlehnung an den Wahlkampfslogan des US-Präsidenten Barack Obama ihre Presseaussendung. Der Vorsitzende des EP-Agrarausschusses, der Italiener Paolo De Castro von der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten, resümierte das Hearing Ciolos mit den Worten: "Wir sind sehr zufrieden. Nicht viele Kandidaten haben noch so herzlichen Applaus erhalten."

Schwerpunkte Direktzahlungen, Marktordnungen und Ländliche Entwicklung

Der unter anderem ehemalige Landwirtschaftsminister und Sprecher seines Landes im Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) der EU mit akademischen Abschlüssen in Agrarökonomie, Agrarhandel und Agrarökologie an Universitäten in Frankreich und Italien skizzierte drei Schwerpunkte

  • Direktzahlungen
  • neue Marktordnungsinstrumente und
  • Ländliche Entwicklung - einer künftigen GAP:

In der ersten Säule müsste auf neuen Kriterien basierend ein von der Mehrheit der Mitgliedstaaten tragbares und ausgewogenes Modell der Direktzahlungen gefunden werden, das den Landwirten die Stabilisierung eines Mindesteinkommens garantiert. Klar machte er dabei jedenfalls, dass als Verteilungskriterium für künftige Direktzahlungen "die historische Referenz keine angemessene Lösung mehr ist. Sie muss der Geschichte angehören." De facto heißt das wohl, um die Unterstützung einer möglichst breiten Mehrheit an Mitgliedstaaten dafür zu bekommen, wird es wohl notwendig sein, nach 2013 in irgendeiner Form auf die Forderung der neuen Mitgliedstaaten nach gleich hohen Direktzahlungen wie in den alten EU-Ländern einzugehen und eine Umverteilung von West nach Ost vorzunehmen. "Die Direktzahlungen müssen einfacher, gerechter und transparenter werden. "

Branchenvereinbarungen und Ausnahmen von EU-Wettbewerbsrecht

Die Marktordnungen will Ciolos mit "modernen Marktmechanismen" ausstatten, um Mängel in der Funktionsweise der Märkte zu korrigieren und die enormen Preisschwankungen der jüngsten Vergangenheit im Interesse stabiler Landwirteeinkommen und Verbraucherpreise in Schranken zu halten. Dazu bekennt er sich zu "Marktregulierung " und "Mechanismen, das Angebot in der Branche selber zu regulieren". Konkret befragt heißt das für den neuen Agrarkommissar zwar keine Rückkehr etwa zu den Milchquoten, denn "die Quote regelt bei dem Ausmaß der Marktöffnung nur das Angebot, wird aber auf der Seite des Nachfrageeinbruchs nicht wirksam". Aber er sprach von "neuen Lösungen als Antwort auf die Volatilität" der Märkte und Preise.

Dem neuen Agrarkommissar scheint eine überzogene Marktmacht des Lebensmittelhandels in der Wertschöpfungskette sehr bewusst zu sein und er bekannte sich dazu, den Anteil der Produzenten daran erhöhen zu wollen. Als Mittel dazu sieht er Zusammenschlüsse von Landwirten sowie feiwillige, privatwirtschaftliche Branchenvereinbarungen etwa zur Angebotssteuerung. Hier endet die Kompetenz des Agrarkommissars aber an den Grenzen des europäischen Wettbewerbsrechtes. Dennoch will Ciolos die Marktbeteiligten zu solchen Verhandlungen ermutigen und innerhalb der Kommission für entsprechende Ausnahmen für die Landwirtschaft im Wettbewerbsrecht eintreten. "Das Wettbewerbsrecht soll Zusammenschlüsse der Landwirte erlauben und für sie dort, wo möglich, Ausnahmen machen, um sie in der Verteilung des Mehrwertes in der Produktionskette besserzustellen. " (aiz)