Was El Niño für die Ernte deutscher Landwirte bedeutet


In einer globalisierten Welt kann sich Wetter in einer Ecke auf eine weit entfernte auswirken. Besonders betroffen ist davon die Landwirtschaft.
El Niño ist wieder da. Der erste Hinweis für die Rückkehr des Wetterphänomens war letzten Herbst warmes Wasser tief im tropischen Westpazifik. Jetzt meldet die Weltwetterorganisation eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit für den Effekt von Juni bis August. Von Juli bis September liegt sie sogar bei 80 Prozent. Das könnte die globale Durchschnittstemperatur weiter in die Höhe treiben, das 1,5-Grad-Ziel droht spätestens nächstes Jahr zu kippen.
El Niño verändert Wetter und bringt Landwirte damit weltweit ins Schwitzen. Auch wenn es vorwiegend Kulturen im globalen Süden trifft, lässt El Niño auch Landwirte in Deutschland nicht kalt.
Mit El Niño steigt die Gefahr von Dürre und Überschwemmung
Initial für das Phänomen scheint ein Abschwächen der Passatwinde zu sein. Normalerweise wehen sie stark Richtung Westen. Wenn sie das nicht mehr tun, breitet sich warmes Wasser zum Teil bis an die Küste Südamerikas aus. Dadurch gibt es dort mehr Wolken, mehr Regen, Überschwemmungen drohen. Zugleich steigt nicht mehr so viel nährstoffreiches, kaltes Tiefenwasser auf. Das heißt, es fehlt die Nahrungsgrundlage für Plankton und damit auch den Fischen, Seevögeln, Robben und den Fischern.
Anderswo tritt ein gegenteiliger Effekt auf. Es fällt weniger Niederschlag. Australien, Ostafrika, Südostasien und Indien sind vor allem betroffen. Dürre und Feuer sind im Zuge von El Niño zu erwarten.
Reisbauern in Südostasien erwarten schlechte Ernte
Schaut man in die Welt, ploppen überall Meldungen auf, die Folgen des Klimaphänomens zeigen. So rät die Regierung Thailands den Reisbauern des Landes nur eine Ernte dieses Jahr einzuplanen. Normal wären zwei, aber die Beschränkung soll Wasser sparen. Das kann Folgen haben, denn Thailand ist immerhin der zweitgrößte Reisexporteur der Welt. Und auch andere Reisproduzenten Asiens wie Vietnam, Indonesien und die Philippinen erwarten geringere Erträge. Die reduzierte Menge könnte die Preise auf dem Weltmarkt nach oben treiben. Das hängt aber noch an den Mengen, die China und Indien liefern.
Farmer in Australien, Afrika und Süd-Amerika ebenfalls betroffen
Auch in Zimbabwe und in anderen Länder im südlichen Afrika rechnet man mit kleineren Ernten durch El Niño. Das macht Nahrungsimporte notwendig und gefährdet die wirtschaftliche und die politische Stabilität. Trockene Bedingungen wird es laut Welternährungssituation beispielsweise auch in Australien, Brasilien, Bolivien und Guatemala geben. Auf der anderen Seite erwarten die Meteorologen mehr Regen etwa in Argentinien, der Türkei und den USA.
El Niño beeinflusst ein Viertel des Ackerlandes
Für sich genommen sind das allesamt lokale Ereignisse. Doch über alles gesehen, ist es ein zerstörerisches Phänomen. Ein gutes Viertel des globalen Ackerlandes ist betroffen. Überwiegend negativ. Laut einer Studie im Magazin „Agricultural Systems“ beeinträchtigt El Niño beim Weizen 12.8 Prozent der Flächen negativ und 2.1 Prozent positiv, beim Reis sind es 13.4 zu 6.4 Prozent, bei Mais 11.8 zu 10.2 Prozent und bei Soja 8.4 zu 18.3 Prozent.
Billionenverluste durch El Niño
Einer Studie im Magazin „Science“ zufolge zieht der Effekt die ganze Wirtschaft runter. Die Geowissenschaftler Christopher W. Callahan und Justin S. Mankin vom Dartmouth College in New Hampshire haben dazu Kosten von El Niño in den Jahren 1982 bis 1983 sowie 1997 bis 1998 betrachtet. Demnach schlug El-Niño 1982 bis 1983 mit 4,1 Billionen Dollar Einkommensverlust zu Buche. Die Phase von 1997 bis 1998 vernichtete sogar 5,7 Billionen.
Die Wissenschaftler sind in Sorge, weil diese Kosten auch eine Idee davon liefern, was wirtschaftlich durch die Klimakrise zu erwarten ist. Jetzt kommt es darauf an, wann El Niño voll durchschlägt. Ob der Regen rechtzeitig zur Ernte kommt. Oder eben ausbleibt.
Was heißt das für Landwirte in Deutschland?
El Niño betrifft auch Landwirte in Deutschland. In erster Linie nicht direkt auf der Wetter-Seite, aber steigende Temperaturen erhöhen auch hierzulande die Gefahr für Hitzeperioden und Dürren. Schließlich sind auch heimische Betriebe im Gefüge des Weltmarktes verwurzelt. Missernten treiben Preise nach oben und verändern Lieferketten.
Das Ende ist aber noch offen. So sind die letzten Monate beispielsweise die Getreidepreise gesunken. Und die Ernten in Europa fallen voraussichtlich hoch aus. Der Markt ist im Prinzip gut gefüllt. El Niño könnte für heimische Landwirte quasi einen positiven Effekt haben und die Preise stützen.
Digitale Ausgabe agrarheute
Lesen Sie zum Thema auch "Landwirte wappnen sich gegen Wassernot" in der digitalen Ausgabe agrarheute.
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