Radko Pavlovec kennt alle Berichte des Weltklimarats und glaubt: Wir können unsere Klimaziele nicht mehr erreichen. Er hält das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, für unrealistisch. Bei über zwei Grad Erwärmung können sogenannte Kipppunkte ausgelöst werden. Danach ließe sich der Klimawandel nicht mehr aufhalten.
Doch der Energieexperte hat eine Idee, wie sich die weltweiten Klimaziele doch noch einhalten ließen: Sog. Lumobags – das sind Sandsäcke, die mit einer Folie ummantelt und mit Aluminium beschichtet sind – sollen in den Wüsten platziert werden und von dort aus Sonnenenergie reflektieren. So ließe sich die durch Treibhausgase ausgelöste Erderwärmung kompensieren.
Runter auf 1,5 C°: Wüstenprojekt soll auch Agrarflächen schonen
Pavlovecs hat ausgerechnet, dass eine Fläche von ungefähr 40.000 Quadratkilometern Fläche mit den reflektierenden Sandsäcken ausgestattet sein müsste, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Zum Vergleich: Das entspricht etwa der Hälfte der Fläche von Österreich.
Doch „Verglichen mit den 150.000 Quadratkilometern an Wald, die jedes Jahr der Rodung zum Opfer fallen, ist diese Fläche ziemlich überschaubar“, wie Pavlovec dem Standard sagte. Der Physiker glaubt, bis 2031 sei es theoretisch möglich, eine Fläche in dieser Größe mit den Säcken auszulegen.
Sein Plan sieht vor, die Sandsäcke in der Sahara oder in Nordwestaustralien auszulegen, weil die Sonneneinstrahlung hier hoch ist und die Gebiete nicht landwirtschaftlich genutzt werden.
Pro Quadratmeter eine Tonne CO2 sparen
Die aluminiumbeschichteten Säcke können in den Wüsten bis zu 96 Prozent der Sonnenenergie reflektieren, so Pavlovec. Wenn seine Theorie stimmt, ließe sich pro mit Lumobags ausgelegten Quadratmeter die Erwärmung von ungefähr einer Tonne CO₂ kompensieren.
Und nicht nur das, auch die Auswirkungen auf die Natur seien gering: Viele Tierarten, deren Lebensraum die Wüste ist, würden sich nicht sehr an den Bereichen mit Säcken stören. Zwischen den Sandsäcken soll es genug Freiraum geben, in denen sich Tiere bewegen können.
Durch die Reflexion entsteht zwar vor Ort eine Temperaturdifferenz, die Pavlovec aber als gering einschätzt.
Klimaretter Sandsack? Pilotprojekt in Spanien geplant
Aktuell ist das Projekt noch nicht einsatzfähig. Innerhalb der nächsten zwei Jahre soll eine Pilotanlage in Südspanien realisiert werden. Hier könnten erste Tests unter wüstenartigen Bedingungen auf 16 Quadratkilometern stattfinden. Mithilfe von Satelliten ließe sich untersuchen, wie stark die Reflexion ausfällt. Pavlovec geht davon aus, dass eine solche Testfläche die CO₂-Emissionen eines 2.500-Megawatt-Kohlekraftwerks ausgleichen kann.
Die Idee, Weltwüsten mit reflektierenden Sandsäcken auszustatten, ist für Pavlovec kein Ersatz für die notwendige Energiewende. Es sei nur eine Notfallmaßnahme, um die gefürchteten Klimakipppunkte zu verhindern. Geht es nach dem Energieexperten, sollen die Sandsäcke in Zukunft in vielen Wüsten der Welt vorkommen.
Doch es wird dauern, bis das Projekt praxisfähig ist. Es ist wünschenswert, dass die reflektierenden Sandsäcke den weltweiten Temperaturanstieg aufhalten – ob es gelingen kann, wird die Praxis zeigen.
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