Die strengen Normen definierten das Konzept, erklärte Ciolos am Montag im Anschluss an das Agrarministertreffen in Brüssel. Leider seien die Hintergründe des Systems jedoch nicht bekannt genug. Deshalb müsse man die Verbraucher innerhalb und außerhalb der EU über den Nutzen der Standards aufklären.
Delegationen: EU-Modell international nicht anerkannt
Zuvor hatten die EU-Agrarminister über die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Modells diskutiert. Die meisten Delegationen sahen das EU-Modell auf internationaler Ebene nicht ausreichend anerkannt. Mehrere Ansätze wurden genannt, um die Vorteile des Systems zu nutzen, beispielsweise die Anwendung aller EU-Standards auf Importe aus Drittstaaten, den "Export" europäischer Normen durch multilaterale oder bilaterale Abkommen sowie die Vermittlung ihres Mehrwerts durch Absatzförderung und Kennzeichnung.
Aigner: Wettbewerbsfähigkeit durch marktwirtschaftliche Prinzipien stärken
Die spanische Landwirtschaftministerin Elena Espinosa betonte, man müsse die Effizienz der Instrumente erhöhen. Gleichzeitig solle man den Weltmarkt aber auch als Gelegenheit für zusätzliche Absatzmöglichkeiten betrachten, beispielsweise zur Deckung des Bedarfs nach tierischen Produkten aus artgerechter Haltung. Vonnöten seien Kosten-Nutzen-Analysen. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner stellte die Notwendigkeit zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch "marktwirtschaftliche Prinzipien und die Stärkung des privatwirtschaftlichen Umfelds" heraus.
Fragerunde: Mercusor-Verhandlungen im Zentrum
Insgesamt stand die von der spanischen Ratspräsidentschaft angesetzte Fragerunde jedoch im Schatten der Aussprache über die Wiederaufnahme der Freihandelsgespräche mit den Mercosur-Staaten. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) lenkten den Fokus auf die Ernährungssicherung.
Wettbewerbsfähigkeit lebenswichtig
Die EU-Landwirtschaft sorge für die gesicherte Lebensmittelversorgung der 500 Millionen europäischen Verbraucher und stehe gleichzeitig für hohe Standards in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit, Tierschutz und Umweltschutz, so COPA-Präsident Padraigh Walshe am Rande des Treffens. Die gewaltigen öffentlichen Leistungen, die das europäische Agrarmodell erbringe, seien in der Welt einzigartig. Es sichere auch den Fortbestand der ländlichen Gebiete in Europa. Leider seien sich die EU-Bürger dessen nicht immer voll bewusst. Im Zuge der Öffnung der Grenzen komme es mehr denn je darauf an, auf den einheimischen Märkten für europäische landwirtschaftliche Erzeugnisse zu werben, um die Sensibilisierung der Verbraucher für die hohen Qualitäten und Produktionsstandards der EU zu erreichen.
COGECA-Präsident Paolo Bruni bezeichnete es in Anbetracht der wachsenden Preisvolatilität als "lebenswichtig, dass die europäischen Landwirte und landwirtschaftlichen Genossenschaften im internationalen Wettbewerb mithalten können". Eine ambitionierte Politik zur Absatzförderung werde der EU helfen, ihre Marktanteile in Drittländern aufrechtzuerhalten und weiter zu steigern. (AgE)
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Agrarminister rufen zur Wachsamkeit auf
Brüssel - Europa darf in den Handelsgesprächen mit Drittstaaten nicht zweimal zahlen. Das haben die EU-Agrarminister beim jüngsten Ratstreffen am Montag mehrheitlich bekräftigt.
Hintergrund ist die Wiedereröffnung der Verhandlungen mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay - den Mercosur-Staaten - über ein bilaterales Freihandelsabkommen durch die Europäische Kommission im Rahmen des EU-Südamerikagipfels einen Tag später.
Frankreich hatte den Schritt im Vorfeld des Rats gemeinsam mit Finnland, Griechenland, Irland, Luxemburg, Österreich, Polen und Ungarn scharf kritisiert und eine Aussprache eingefordert. Gegenüber EU-Agrarkommissar Dr. Dacian Cioloş drückten viele Delegationen ihren Unmut darüber aus, dass sie von der entsprechenden Kommissionsentscheidung, auf die sie formell keinen Einfluss haben, erst im Nachhinein offiziell informiert wurden.
Vorsicht bei sensiblen Bereichen wie Fleisch und Zucker
Allgemein wurde die Kommission zu größter Vorsicht aufgerufen, insbesondere in den besonders sensiblen Bereichen Fleisch und Zucker. Über die in der Doha-Runde bis zum Juli 2008 gemachten Zugeständnisse dürfe nicht hinausgegangen werden. Mehrere Minister, darunter Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, verlangten von der Brüsseler Behörde eine umfassende Folgenabschätzung, einschließlich der erwarteten positiven Effekte für Industrie und Dienstleistungen, sowie eine transparente Verhandlungsführung unter regelmäßiger Berichterstattung an die Mitgliedstaaten.
Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) bestärkten die Mitgliedstaaten in ihrer Kritik. Cioloş beschwichtigte, man habe die Verhandlungen lediglich wiedereröffnet, und zwar unter dem bestehenden Mandat. Wann eine Einigung erfolge, sei überhaupt noch nicht abzusehen.
Zeitplan nicht vorgegeben
Cioloş weigerte sich vor Journalisten, einen konkreten Zusammenhang zwischen den Mercosur-Gesprächen und der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik herzustellen. Für die bilaterale Handelsrunde gebe es nämlich im Gegensatz zur Agrarreform keinen festen Zeitplan. Die Ergebnisse dürften nicht an den Grundfesten des EU-Agrarmodells rütteln, aber man müsse auch berücksichtigen, dass andere Wirtschaftszweige von einem Abschluss sehr profitieren könnten. Am Ende werde man über zusätzliche Maßnahmen für EU-Landwirte nachdenken müssen, aber dazu sei es derzeit noch zu früh.
Cioloş bekräftigte, dass er gegenüber seinen Kommissarskollegen im Vorfeld der Entscheidung auf die Problematik der landwirtschaftlichen Produkte aufmerksam gemacht habe. Er werde die Verhandlungen mit größter Wachsamkeit verfolgen. Dabei habe man auch im Agrarsektor durchaus etwas zu gewinnen, vor allem im Bereich des Schutzes von Herkunftsangaben. Gleichzeitig bestätigte er, dass EU-Handelskommissar Karel de Gucht "zum geeigneten Zeitpunkt" eine ausführliche Folgenabschätzung vorlegen werde.
- Deutschland:
Lieber verhandeln als blockieren
Die deutsche Delegation steht auf dem Standpunkt, dass verhandeln besser als blockieren sei, warnte am Montag jedoch ebenso wie andere Mitgliedstaaten vor negativen Auswirkungen eines EU-Freihandelsabkommens mit Mercosur auf den Agrarsektor. Daneben meldete sie Bedenken hinsichtlich eventueller Umweltprobleme an.
- Irland:
Angst vor Konkurrenz aus Südamerika
Irland befürchtet unliebsame Konkurrenz aus Südamerika insbesondere im Bereich des hochwertigen Rindfleischs.
- Frankreich:
Berechnungen zu Importen vorgelegt
Frankreich legte Berechnungen vor, wonach sich die Rindfleischimporte aus dem Mercosur-Raum um 70 Prozent erhöhen sollen. Für den Geflügelfleischbereich könnten die Einfuhren um ein Viertel steigen.
- Italien:
Fleischproduktion und Obstanbau in Gefahr
Italien sieht nicht nur die eigene Fleischproduktion, sondern auch den Obstanbau in Gefahr.
- Niederlande/Tschechien:
Vergleichsweise poitive Resonanz
Die Niederlande und Tschechien gaben sich im Vergleich zu anderen Delegationen weniger düster; aber auch sie betonten, dass die Kommission nicht über das erteilte Verhandlungsmandat hinausgehen dürfe.
- England/Dänemark:
Zurückhaltende Reaktion
Die neue britische Landwirtschaftsministerin Caroline Spelman griff ebenso wenig in die Diskussion ein wie ihr dänischer Amtskollege Henrik Høegh.
COPA/COGECA: EU-Standards in Gefahr
COPA/COGECA lehnt die Wiederaufnahme der Handelsgespräche ab und erklärte, dass dadurch die strengen EU-Standards im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft ausgehöhlt werden könnten. COPA-Präsident Padraig Walshe begrüßte gegenüber der spanischen Landwirtschaftsministerin Elena Espinosa den Widerstand der acht Delegationen um Frankreich ausdrücklich. Die EU-Produzenten müssten strengere Auflagen als die Mercosur-Staaten einhalten. Dadurch lägen die Produktionskosten in Europa höher als in Lateinamerika.
COPA-Präsident: Antibiotikakontrollen unzureichend
Der Ire bezeichnete die Antibiotikakontrollen in der dortigen Tierhaltung als unzureichend. Ferner seien die Arbeitsbedingungen aus EU-Sicht nicht tragbar. Die USA und Japan ließen keine Fleischimporte aus Mercosur-Staaten zu. "Der EU-Landwirtschaftssektor liegt bereits am Boden", so Walshe. Die Einkommen der Landwirte seien in vielen Staaten unter das Niveau des Jahres 2000 abgerutscht. Jeder weitere Druck sei unerträglich und habe Betriebsaufgaben sowie Landflucht aus den ländlichen Gebieten zur Folge. COGECA-Präsident Paolo Bruni ergänzte, man halte den Schritt der Kommission für absolut inakzeptabel. Ein bilaterales Handelsabkommen mit Mercosur würde die Importe von Rindfleisch, Geflügel, Weizen, Zitrusfrüchten beziehungsweise -saft sprunghaft steigen lassen. Darüberhinaus gehe die Ausweitung der Produktion in Südamerika mit intensiveren Bewirtschaftungsmethoden und der Abholzung des Regenwalds einher. Der Italiener forderte die Einstellung der Verhandlungen. (AgE)
- Artikel: 'EU-Kommission will wieder mit Mercusor-Ländern verhandeln'
Die Europäische Kommission hat sich trotz Vorbehalten in den eigenen Reihen für eine Wiederaufnahme der Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay ausgesprochen. mehr ...
Keine Sonderrolle für Frauen bei Direktzahlungen
Brüssel - Eine Sonderrolle für Bäuerinnen bei der Bemessung der Direktzahlungen dürfte es auch künftig nicht geben. Das ist das Fazit einer Diskussion der EU-Agrarminister zur Rolle der Frau in der Landwirtschaft.
Bei der Tischrunde am Montag in Brüssel hielt die klare Mehrheit der Minister die Erste Säule der EU-Agrarpolitik für kein geeignetes Instrument zur Förderung der Gleichberechtigung, auch wenn einige der neuen EU-Mitgliedstaaten die Begünstigung von Frauen in Form einer "positiven Diskriminierung" ins Spiel brachten.
In den Reihen der EU-15 sieht man Gleichberechtigung überwiegend als Thema, das eher im gesamtgesellschaftlichen Kontext und nicht speziell innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik behandelt werden sollte. Es wurde darauf verwiesen, dass im Rahmen der ländlichen Entwicklung bereits spezielle Fördermaßnahmen für Unternehmerinnen bestünden, beispielsweise unter der Gemeinschaftsinitiative Leader.
Kein Positionspapier geplant
Der Meinungsaustausch wurde von der spanischen EU-Ratspräsidentschaft auf die Tagesordnung gesetzt. Agrarministerin Elena Espinosa drängt nicht darauf, die Ergebnisse der Diskussion schriftlich zu fixieren: Einen Entwurf für sogenannte "Schlussfolgerungen des Rates" gibt es bislang nicht. Vor Journalisten wies sie auf die grundsätzliche Aufgeschlossenheit der Mitgliedstaten für das Thema hin. Sie zähle jetzt erst einmal auf die Verbesserung der einschlägigen Statistiken und neue Studien.
Deutsche Delegation: Gleichstellung muss sich in GAP niederschlagen
Von Seiten der deutschen Delegation wurde durchaus bekräftigt, dass sich die Gleichstellung der Geschlechter auch in der Gemeinsamen Agrarpolitik niederschlagen müsse. In der Bundesrepublik sei das bereits umgesetzt. Insbesondere unter der Zweiten Säule gebe es umfangreiche Möglichkeiten. Vorrangig müsse man die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Frauen sollten in politischen Entscheidungsgremien stärker vertreten sein und befähigt werden, sich eine eigene wirtschaftliche Existenz aufzubauen.
EU-Agrarkommissar Dr. Dacian Cioloş dankte der spanischen Ratspräsidentschaft für ihre Initiative. Der Moment sei anlässlich der anstehenden Reform der Agrarpolitik günstig gewählt. Auch er sah den Gegenstand eher in der Zweiten Säule verankert.
Kinderbetreuung und Weiterbildung: Zuschüsse möglich
Cioloş räumte ein, wenn sich eine Familie aus der Landwirtschaft zurückziehe, dann stehe hinter der Entscheidung oft die Frau. Als Möglichkeiten zur Stärkung von Bäuerinnen nannte der Rumäne Zuschüsse für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie die Kinderbetreuung. Für die Zukunft hält er die Einrichtung einer auf Frauen zugeschnittenen Unterstützung in Anlehnung an die Junglandwirteförderung für denkbar. Hinsichtlich eines Ausbaus der Förderung müsse man jedoch zunächst identifizieren, was erreicht werden solle. Danach könne man erwägen, welche Mittel zur Umsetzung zur Verfügung stünden.
EU-Justizkommissarin Reding: Bericht über die Rolle der Frau in der EU
Er erinnerte daran, dass EU-Justizkommissarin Viviane Reding noch in diesem Jahr einen umfassenden Bericht über die Rolle der Frau in der europäischen Gesellschaft vorlegen will. Ein genauer Termin steht nach Kommissionsangaben allerdings noch nicht fest. Ferner verwies der Kommissar auf Artikel 8 der Verordnung zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums (ELER-Verordnung), wonach bei Fördermaßnahmen unter der Zweiten Säule niemand wegen "des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" diskriminiert werden darf. (AgE)
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