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Bildung

Falsch informiert: Landwirtschaftliche Themen in Schulbüchern

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am Donnerstag, 30.12.2021 - 14:00 (1 Kommentar)

Immer wieder beklagen Landwirte die unrealistische und diskreditierende Darstellung ihrer Arbeit in Schulbüchern und Lehrmaterialien. Wir haben versucht nachzuvollziehen, wie diese Fehler zustande kommen.

„Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass ein hoher Milchkonsum sogar Krebs auslösen kann. Das liegt daran, dass Milch große Mengen Antibiotika und Hormone enthält.“

Diese Sätze präsentierte eine Landwirtin vor einigen Monaten empört auf der agrarfrauen-Facebook-Seite und schrieb dazu: „Was sagt Ihr zu diesem Text? Er wurde in einer Realschule (7. Klasse) ausgegeben!“

Milch macht Krebs und Weizen Pickel

Das zugehörige Buch stammt aus der Reihe „30 x 90 Minuten“ vom Verlag an der Ruhr und wird an Schulen als Hauswirtschaftslehrbuch für die Klassen 7 bis 10 eingesetzt.

Und nicht nur zum Thema Milchproduktion verbreitet die Publikation Verwirrendes und nachweislich Falsches: „Der Weizen, den Du heute isst, ist kein echter Weizen mehr. Er ist genetisch stark verändert […] Der ‚neue‘ Weizen […] sorgt dafür, dass Du schlecht schläfst, müde bist, Konzentrationsstörungen hast, Pickel und Hautprobleme bekommst […]“

Proteste von Landwirten verhallen oft ungehört

Beispiele dieser Art gibt es immer wieder. Landwirte mit Schulkindern verbreiten die gröbsten Schnitzer in den sozialen Medien und protestieren – allein oder mit Unterstützung von Kollegen und Verbänden – bei den Verlagen. Doch der Erfolg scheint bestenfalls mäßig.

Die Bandbreite der Kritik ist dabei groß und reicht von zu negativ bis zu romantisch. Fest steht: Lehrmaterialien stellen die Landwirtschaft oft weit entfernt von der Realität dar. Woran liegt das?

Jedes Bundesland hat andere Schulbücher

Bildung ist Ländersache. Der Föderalismus gibt den Bundesländern die Hoheit über das Bildungssystem. In jedem Bundesland und für alle Schulformen gibt es deshalb unterschiedliche Schulbücher.

In Deutschland versorgen rund 80 Bildungsmedienverlage die Schulen mit Lehrmaterialien. Bislang sind ungefähr 70.000 verschiedene Bildungsmedien auf dem Markt und jährlich kommen rund 7.000 hinzu. Viele Länder verzichten bei der Zulassung auf Fachgutachter (siehe diese Recherche des Medien-Bloggers Tobias Thelen zu Grundschullesebüchern). Und werden selbige doch herangezogen – wie zum Beispiel in Bayern oder Bremen –, beschränkt sich ihre Kontrolle weitestgehend auf Grundgesetzkonformität und didaktische Eignung.

Ob die zugehörigen Texte die Realität korrekt wiedergeben, wird meist nicht geprüft.

i.m.a bietet eigenes Unterrsichtsmaterial

Leider bleibt hierfür nur die Lösung, sich zu beschweren, wenn das Kind eigentlich schon im Brunnen liegt. Viele Bauern- und Landfrauenverbände unterstützen die Beschwerdeführer dabei nach Kräften.

Auch die initiative.medien.agrar (i.m.a) versucht, Verlage mit Fachinformationen zu versorgen, um falsche Fakten zu vermeiden. Die i.m.a bietet daneben auch selbst Lehrmaterialien an und gibt eine Lehrerzeitschrift heraus.

Knackpunkt Lehrerbildung

Anders als die ebenfalls „nicht offiziellen“ Bücher und Broschüren von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie PETA und Greenpeace gibt es an diesem Material aber immer wieder Kritik von Bildungsexperten und Publikumsmedien. Es sei einseitig und lobbyistisch und stelle Landwirtschaft unkritisch dar.

Verzerrende und nicht selten diskreditierende Texte und Bilder von Tierrechtlern und Umweltschützern gelten dagegen als unbedenklich. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Lehrer meist einen städtischen Hintergrund haben und Landwirtschaft nicht aus eigener Erfahrung kennen.

Das macht deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur Kinder, sondern auch Lehrer und Erzieher mit landwirtschaftlicher Realität vertraut zu machen.

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