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Umwelt

Fischereiverband lehnt Kameraüberwachung ab

am Mittwoch, 23.10.2013 - 11:50 (Jetzt kommentieren)

Ab 2014 will die EU mittels Kameraüberwachung verhindern, dass unerwünschter Beifang tot ins Meer zurück geworfen wird. Viele Fischer akzeptieren dieses Vorgehen, nicht jedoch der Fischereiverband.

Beifang - das momentan schwerwiegendste Problem der Fischereiwirtschaft. 30 Jahre nach Einführung der Fangquoten hat es die Überfischung als Hauptproblem in den EU-Gewässern abgelöst. In den Netzen verletzt oder verendet, werden sie wieder ins Meer geworfen, da der Platz auf den Fangschiffen für Fische benötigt wird, die sich besser verkaufen lassen. Auch jene Arten gehen wieder über Bord, für die ein Kutter oder Trawler keine Fangquote besitzt. Es gibt keine konkreten Zahlen zum tatsächlichen Ausmaß der weltweiten Rückwurfmengen, doch Schätzungen zufolge liegen sie zwischen sieben und 40 Million Tonnen jährlich.
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Rückwurfverbot ab 2015

Ab 2014 wird die Fischereireform, die Fangquoten sowie Fangmethoden betrifft, in Kraft treten. Sie wird sich auch dem gravierenden Problem des Beifangs annehmen. So hat die Europäische Union festgehalten, dass ab 2015 ein schrittweises Rückwurfverbot für Beifang eingeführt wird. Dies gilt in einem ersten Schritt für Schwarmfische in der Nord- und Ostsee. Ein Jahr später folgen Rundfische wie Kabeljau oder Seelachs und abschließend Plattfische. Nach Meinung der Experten ist die einzige Möglichkeit zur wirksamen Kontrolle die Videoüberwachung an Bord der Fangschiffe.
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Gegenwind aus Fischereikreisen

Viele deutsche Fischer zeigen sich mit dieser Maßnahme einverstanden. Doch ihr Lobbyverband, der Deutsche Fischereiverband (DFV) sieht dies anders, wie das Hamburger Abendblatt weiß: "Es gibt einen Verbandsbeschluss, der besagt, dass sie deutsche Fischerei Kameras auf Fischkuttern massiv ablehnt", so der Generalsekretär des DFV, Dr. Peter Breckling. Als Einwände nennt er unter anderem den hohen Aufwand. Rund 400 deutsche Schiffe müssten Schätzungen zufolge mit neuem technischem Equipment ausgestattet werden. Zudem wäre auch mit der Kameraüberwachung keine sichere Kontrolle geboten und das Vorgehen würde gegen die Menschenwürde verstoßen. Breckling drohe gar mit juristischen Konsequenzen und meint: "Es stellt sich die Frage, ob eine Überwachung am Arbeitsplatz ohne jeden Verdachtsmoment nicht sogar rechtswidrig ist."

Kameraüberwachung sinnvoll

Anders sehen dies, wie bereits erwähnt, viele deutsche Fischer. Unter anderem auch die Erzeugergemeinschaft Kutterfisch, der größte deutsche Fangquoten-Inhaber. Die Genossenschaft beschäftigt rund 600 Mitarbeiter und ihre Fangflotte hält 60 Prozent der deutschen Küstenfischerei-Quoten. Geschäftsführungsmitglied Kai-Arne Schmidt spricht aus, was viele Fischer denken: "Wir haben nichts zu verbergen." Auch Dr. Uwe Richter von der Euro-Baltic Fischverarbeitung ist sich sicher: "Wenn der Rückwurf von Beifang wirksam kontrolliert werden soll, wird kein Weg an Kameras vorbeiführen."
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Technische Neuerungen notwendig

Richter jedoch äußerst Bedenken zur Durchführung der Überwachung. Er warnt davor, dass der Beruf des Fischers nicht "kriminalisiert" werden dürfe. Das Thünen-Institut, das die Filme auswertet, entgegnet diesen Bedenken mit einem Lösungsvorschlag. Die Aufnahmen sollen automatisch so verändert werden, dass einzelne Gesichter nicht mehr zu erkennen sind, so Dr. Christopher Zimmermann, stellvertretender Leiter des Instituts in Rostock. Dies würde für mehr Datenschutz sorgen.
Auch an einer neuen Software wird gearbeitet. Sie soll erkennen, wann auf den Videoaufnahmen Fisch über Bord geworfen wird, um dann den Film automatisch anzuhalten. Somit würde die Sichtung des Kontrollmaterials deutlich einfacher werden. Im Moment bleibt jedoch das Problem: Wer soll sich Tausende von Stunden Fischfang nachträglich auf dem Bildschirm ansehen?

Experten-Kritik

Am Thünen-Institut zeigen sich die Wissenschaftler jedoch auch kritisch gegenüber den EU-Maßnahmen. So gelte das Rückwurfverbot nur für Fische, die eine Quote haben. Die Hälfte der Fischarten in der Ostsee jedoch haben keine und sind somit "weiterhin nicht geschützt", so Zimmermann.
Zudem gehe ihnen die Überwachung nicht weit genug. Es gäbe "zu viele Ausnahmen". Er kritisiert: "Ganze Regionen wie das Mittelmeer oder das Schwarze Meer bleiben anfangs außen vor." Viele Länder würden sich wohl wieder allzu lange Zeit lassen, die Vorschriften umzusetzen. Haben doch Frankreich, die Niederlande oder auch Großbritannien Teile der Fischereireform von 2002 bis heute noch nicht umgesetzt. Einzig deutsche und skandinavische Fischer erfüllen bisher diese vor elf Jahren eingeführten Vorschriften.
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