Mitte Juni marschierten Klimademonstranten in den Braunkohletagebau Garzweiler. Dabei liefen sie quer über Felder und richteten deutlichen Schaden an (agrarheute berichtete). Diese Demonstration machte Schlagzeilen – vor allem wegen der Uninteressiertheit ihrer Teilnehmer an den zertrampelten Nahrungsmitteln. Doch sie war kein Erstfall. Bereits vorher gab es entsprechende Veranstaltungen in der Region. Und es darf wohl getrost davon ausgegangen werden, dass die Gegend um Garzweiler und den Hambacher Forst nicht zum letzten Mal Ort von Klimaprotesten war.
Aber auch in anderen Regionen sind unerlaubte Feldbetretungen ein Thema – sei es wegen Demonstrationszügen, der Einrichtung "wilder" Camping- oder Parkplätze oder aus dem Ruder gelaufener Musikfestivals.
Welche Rechte hat der geschädigte Feldbesitzer? Und was muss er unternehmen, um zu seinem Recht zu kommen? Wir haben mit dem Kölner Rechtsanwalt Dr. Jörn Claßen über diese Fragen gesprochen:
Herr Dr. Claßen, durften die Demonstranten die Äcker rund um Garzweiler betreten?
Nein. Landwirtschaftliche Flächen unterliegen während der Nutzzeit einem gesetzlichen Betretungsverbot. Nutzzeit ist insbesondere der Zeitraum zwischen Saat und Ernte.
Neben dem Gesetz gibt es aber auch noch den sogenannten gesunden Menschenverstand, wonach man mit mehreren Hundert Menschen nicht einfach durch bewirtschaftete Felder marschiert.
Haften die Feldbetreter für angerichtete Schäden?
Ja. Es gilt zunächst die Verursacherhaftung, das heißt, jeder Demonstrationsteilnehmer haftet für die Schäden, die er selber angerichtet hat.
Wenn eine Gruppe von Teilnehmern beschließt, eine Abkürzung des Demonstrationsweges über ein Feld zu nehmen, kann zudem auch ein Einzelner für den gesamten Flurschaden haften. Ihm wird dann das Verhalten der Anderen zugerechnet.
Und schließlich kann auch der Veranstalter für Schäden in Haftung genommen werden. Allerdings müsste dieser eine Mitverantwortung tragen. Eine solche kann zum Beispiel in der Planung der Demonstrationsroute oder in Aufrufen Verantwortlicher liegen.
Wie sollte ein Geschädigter vorgehen?
Der betroffene Landwirt kann Strafanzeige erstatten. Denn wer unbefugt Felder betritt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 15.000 Euro geahndet werden kann. Wenn das Feld oder die Wiese mit einem Zaun umgeben ist, kann sogar eine Straftat (Hausfriedensbruch) vorliegen.
Aber auch ein zivilrechtliches Vorgehen ist möglich – und oft effektiver. Schäden können dabei in Rechnung gestellt und es kann kostenpflichtig zur Unterlassung künftiger Übergriffe aufgefordert werden.
Was ist vor Ort nötig, um später Schadenersatz fordern zu können?
In jedem Fall sollte der Betroffene die entstandenen Schäden dokumentieren, etwa durch Fotos.
Zudem ist die Identitätsfeststellung der Schädiger für die Rechtsverfolgung wichtig. Bestenfalls werden die Ackertrampler sofort von der Polizei gestellt. Diese muss dem geschädigten Landwirt die Personalien der Täter rausgeben.
Das Recht zur Festnahme auf frischer Tat steht aber auch dem Landwirt zu. Er kann Schädiger selbst festhalten und sich Personalien zeigen lassen. Hierbei muss er die Täter zwar nicht mit Samthandschuhen anfassen, sollte aber verhältnismäßig agieren. Am besten wird nach der Festnahme direkt die Polizei dazu gerufen.
Sollte man sich gütlich einigen, wenn der Organisator der Demonstration Schadenersatz anbietet?
Wenn Schäden vollständig ausgeglichen werden, spricht nichts dagegen. Man sollte aber in jedem Fall auf Augenhöhe verhandeln. Dafür muss vorher geklärt werden, welche Schäden und auch welche Folgeschäden entstanden und wie die Erfolgsaussichten für eine Rechtsdurchsetzung sind.
Darf ein Landwirt Personen aktiv am Betreten seiner Felder hindern?
Ja. Man darf sein Eigentum selbstverständlich verteidigen. Allerdings muss die Gegenwehr verhältnismäßig sein. Also keine Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten.
Die spontane Düngung des eigenen Feldes mit Gülle am Tag der Demo könnten die oft urbanen Teilnehmer mit feiner Nase beispielsweise nicht verhindern.
Zum Interviewpartner: Dr. Jörn Claßen ist Rechtsanwalt in der Kölner Kanzlei Höcker, die sich unter anderem auf den Reputationsschutz von Unternehmen spezialisiert hat. Er ist zudem Dozent für Medienrecht an Hochschulen in Köln und Düsseldorf.
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