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Verwahrloste Pferde im Wöhrdener Loch

Das geschieht nun mit den Nabu-Pferden

Konik
am Mittwoch, 11.03.2020 - 13:19 (Jetzt kommentieren)

Der Nabu Schleswig-Holstein hat eine Pferdeherde in Dithmarschen unkontrolliert wachsen lassen. Die Tiere sollten Landschaftspflege betreiben, sind aber inzwischen sehr verwahrlost. Jetzt endlich wird rigoros eingegriffen und der Bestand deutlich verringert.

Seit Ende Februar sorgten Medienberichte über eine verwahrloste Pferdeherde im Naturschutz für Schlagzeilen (agrarheute berichtete).

Im Speicherkoog Dithmarschen (Wöhrdener Loch) hatte der Naturschutzbund (Nabu) Schleswig-Holstein eine Konik-Herde für die Landschaftspflege installiert. Aus anfänglich zehn Ponys waren im Laufe der Jahre über 70 Tiere geworden – und das, obwohl die Fläche ursprünglich nur für 30 Pferde konzipiert war. Der Regen der vergangenen Wochen hatte die Futtermangelsituation noch einmal verstärkt. Eine Zufütterung erfolgte viel zu spät. Mehrere Tiere starben. Andere sind noch immer in besorgniserregendem Zustand.

Zum Futtermangel hinzu kamen desolate Zustände der Hufe. Eine Fangeinrichtung, um Tiere zu behandeln und Hufe zu korrigieren, gab es nicht. Erst durch die Aufmerksamkeit engagierter Tierfreunde und nachfolgende Pressemeldungen hatte sich der Nabu zu einer Reaktion veranlasst gefühlt.

Nabu wiegelt die Probleme ab

Der Kreis Dithmarschen berief am 3. März eine Krisensitzung ein und versuchte, eine schnelle Lösung für die vernachlässigten Pferde zu finden.

Der ebenfalls vertretene Nabu Schleswig-Holstein erklärte dabei sein Bedauern, sah sich aber nicht in der Verantwortung. Man habe die Kontrolle der Tiere an Tierhalter vor Ort ausgelagert. Auch seien nur ganz vereinzelte Pferde in schlechtem Zustand. Die bis zu diesem Zeitpunkt verstorbenen Tiere seien zudem nicht verhungert, sondern an "Kreislaufversagen" eingegangen oder – im Falle der aufgefundenen Fohlen – einfach Totgeburten gewesen.

Veterinäre und Pferdeexperten widersprachen dieser Darstellung. Die Unterernährung sei unübersehbar und müsse auf einen Nahrungsmangel über mehrere Monate zurückzuführen sein. Für diese Einschätzung spricht auch, dass in den Folgetagen weitere Tiere verendeten.

Bei der Krisensitzung wurde vereinbart, die Herdenstärke zu reduzieren, die bis dato erst beim Nabu einzuholende Fütterungserlaubnis zu vereinfachen und mittelfristig eine feste Fanganlage zu installieren, um künftig bei gesundheitlichen Problemen und Hufschäden schneller eingreifen zu können.

Nur wenige Pferde verbleiben auf der Fläche

Inzwischen wurde mit Hilfe einer mobilen Fangeinrichtung die komplette Herde zusammengetrieben und tierärztlich untersucht. Mehrere Pferde müssen aufgepäppelt werden, andere (vor allem Junghengste) sollen zügig vermittelt werden – nach Aussage des Nabu vorrangig in ähnlich gelagerte Projekte, was erneut die Frage nach einer gesicherten Zukunft der Pferde aufwarf. Mittlerweile sprechen die Verantwortlichen allerdings auch von privater Vermittlung.

War zunächst noch die Rede davon, nur 28 Koniks umzuziehen und gut 40 Tiere in Dithmarschen zu lassen, wurde nach Sichtung der Herde die Tierzahl weit rigoroser zusammengestrichen. Auf den Flächen im Speicherkoog sind nach aktuellen Angaben nur ein Dutzend Stuten in gutem Gesundheitszustand verblieben.

Die Behörden ermitteln

Unklar bleibt weiterhin, wie es zu den verheerenden Zuständen gekommen ist. Der Nabu Schleswig-Holstein weist die Schuld von sich. Man sei in seinen Bemühungen um eine Entspannung der Herdensituation "torpediert" worden, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. So sei eine stationäre Fanganlage unabgesprochen abgebaut worden, weitere "organisatorische Schwierigkeiten" hätten die Verantwortungswahrnehmung des Nabu behindert.

Wie jeder Tierbesitzer muss allerdings (auch bei Beauftragung Dritter) der Nabu dafür sorgen, dass seine Tiere in gutem Gesundheitszustand sind und nicht leiden. Dafür sind eine engmaschige Kontrolle und bei Bedarf ein schnelles Eingreifen abzusichern. Ob Hufkorrekturen und das Zufüttern aus Nachlässigkeit oder aus falsch verstandener "Naturbelassenheit" unterblieben, müssen nun die Behörden klären.

Polizei und Staatsanwaltschaft haben Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz aufgenommen.

Mit Material von NDR, boyens-medien, Nabu Schleswig-Holstein
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