Erweiterte Möglichkeiten für eine Erdkabelverkabelung von Höchstspannungsleitungen sieht das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vor, das der Bundestag am vergangenen Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen hat. Die Opposition stimmte dagegen. Mit dem Gesetz wird es bei Gleichstromtrassen im Zuge der Energiewende einen generellen Vorrang für die Erdverkabelung geben. Gleichzeitig werden Erdkabel im Wechselstrombereich auf elf Pilotstrecken begrenzt.
Der Energiebeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Bareiß, schätzte in der Debatte den Umfang der Gleichstromkabel, die in den nächsten Jahren in der Erde verlegt werden, auf mehr als 1.700 km.
Haupttrassen zu 80 bis 90 Prozent unterirdisch
Bareiß begrüßte ebenso wie der energiepolitische Koordinator der SPD-Bundestagsfraktion, Johann Saathoff, den in dem Gesetz festgelegten Vorrang für die Erdverkabelung bei der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) als Beitrag zur Akzeptanz des notwendigen Baus neuer Stromtrassen. Laut Saathoff werden die geplanten großen Nord-Süd-Trassen wie Sued-Link und die Süd-Ost-Passage damit zu 80 bis 90 Prozent unterirdisch verlegt.
Der Sprecher der grünen Bundestagsfraktion für Energiewirtschaft, Oliver Krischer, kritisierte den generellen Vorrang für die Erdverkabelung bei Gleichstromleitungen. Seiner Einschätzung nach wird dies zu Konflikten mit der Landwirtschaft und dem Naturschutz führen. Kritik an der Bundestagsentscheidung übte auch der Deutsche Bauernverband (DBV). Die Energiewende werde nun "zu Lasten der Nutzer von land- und forstwirtschaftlichen Flächen" erfolgen.
DBV: Massive Eingriffe in Bodenstruktur
Der Vorrang der Erdverkabelung widerspricht laut Bauernverband in vielen Fällen dem Grundsatz der Minimierung von Eingriffen in Landwirtschaft, Boden und Naturhaushalt. Mit der Erdverkabelung im Höchstspannungsbereich seien massive Eingriffe in die Bodenstruktur verbunden. Zwar sei die Wärmeentwicklung des Gleichstroms in Erdkabeln geringer als bei Drehstromfreileitungen. Allerdings seien die mit Erdkabeln einhergehenden erheblichen Produktionseinbußen auf landwirtschaftlichen Flächen dauerhaft und nicht nur vorübergehend.
Der DBV bemängelt, dass die Forderungen nach Entlastung bei den naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen und einer Neujustierung der Entschädigungsgrundsätze nicht berücksichtigt worden seien. Nach Ansicht des Verbandes hätten die Auswirkungen der Gleichstromtrassen als Erdverkabelung zunächst in Pilotprojekten mit einem bodenkundlichen Langzeit-Monitoring erprobt werden müssen.
Die umfangreichere Flächeninanspruchnahme bei Erdverkabelung dürfe zudem nicht durch zusätzliche Flächeninanspruchnahmen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen verschärft werden. Eine Änderung der Kompensationsregelungen sei daher dringend geboten, mahnte der Bauernverband.
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