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Interview: Schmidt verteidigt Entwurf zur Düngeverordnung

am Montag, 12.01.2015 - 15:43 (Jetzt kommentieren)

Agrarminister Christian Schmidt geht von einer bundesweiten Zustimmung zur neuen Düngeverordnung aus. Im Interview verteidigt der Minister den Entwurf und erklärt, mit welchen Änderungen die Landwirte rechnen können.

Nach langen Hin und Her einigten sich das Bundeslandwirtschafts- und das Bundesumweltministerium im Dezember auf den Entwurf zur Novelle der Düngeverordnung. Der Verordnungsentwurf legt Länderöffnungsklauseln und verlängerte Sperrfristen fest. Bei den Landwirten auf Ablehnung trifft insbesondere die Begrenzung der Phosphatdüngung. Im Interview mit AGRA-Europe verteidigt Landwirtschaftsminister Christian Schmidt den Entwurf.
Agra-Europe: Warum sind Sie nicht dem Rat auch von Parteifreunden gefolgt und lassen es ähnlich wie Frankreich im Hinblick Düngeverordnung auf einen Konflikt mit der EU-Kommission ankommen?
 
Schmidt: Ich bin überzeugter Pragmatiker und arbeite immer lösungsorientiert. Wer sich wie Frankreich einem Urteil beugen muss, beraubt sich jeglichen politischen Gestaltungsspielraums. Deswegen habe ich mich in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen und meiner Umweltministerkollegin für eine Novelle entschieden.
 
Agra-Europe: Nichts tun war keine Option?
 
Schmidt: Nein, weil es die Sache verschlimmert hätte und ich nicht sehe, dass wir besser fahren, wenn wir ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) mit Auflagen und Strafzahlungen einfangen.
Agra-Europe: Bauchschmerzen bereiten vielen Landwirten die im Entwurf vorgesehenen Länderöffnungsklauseln. Sind Landwirte bei der Düngung künftig dem Gutdünken ihrer jeweiligen Landesregierung ausgesetzt?
 
Schmidt: Nein. Wir standen vor der Wahl, entweder wir regeln alles deutschlandweit gleich, oder wir tragen der Tatsache Rechnung, dass in zahlreichen Regionen keine Probleme erhöhter Nährstoffeinträge bestehen. Ich habe mich für einen Mittelweg entschieden. Danach gelten im Kern für alle die gleichen Bedingungen. In Gebieten, in denen der Nitratgehalt bereits mehr als 50 Milligramm (mg) pro Liter Grundwasser beträgt oder 40 mg pro Liter erreicht hat und ansteigt, sind weitergehende Regelungen möglich. In unserem Entwurf sind diese Zusatzregelungen genau festgelegt und an objektive Kriterien gebunden. Damit ist nicht der Willkür Tür und Tor geöffnet, sondern es sind regional angepasste Maßnahmen möglich.
 
Agra-Europe: Sind die Länderöffnungsklauseln der Preis, um die Verordnung durch den Bundesrat zu bekommen?
 
Schmidt: Der Entwurf ist ein Angebot an die Länder, einerseits die landwirtschaftliche Produktion nicht abzuschnüren und andererseits dem Wasserhaushalt Rechnung zu tragen.
 
Agra-Europe: Sie haben keine Zusagen insbesondere Ihrer Grünen-Kollegen, den Entwurf in der vorliegenden Fassung mitzutragen?
 
Schmidt: Erster Schritt war die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Aber selbstverständlich hat es formelle und informelle Gespräche mit den Ländern gegeben. Mein Eindruck ist, dass wir auf einer Linie liegen, die vom Bundesrat mitgetragen werden kann.
 
Agra-Europe: Wären weitere Verschärfungen für Sie akzeptabel, die über Ihren Entwurf hinausgehen?
 
Schmidt: Es gibt Grenzen, die nicht überschritten werden können, ohne die Landwirtschaft in ihrer Existenz zu gefährden. Das ist mein Maßstab.
 
Agra-Europe: Für Kritik sorgt neben den Länderöffnungsklauseln insbesondere auch die in Ihrem Entwurf vorgesehene Begrenzung der Phosphatdüngung auf sehr hoch mit Phosphor versorgten Böden. Landwirte in Veredlungsregionen befürchten massive Auswirkungen auf die dortige Schweinehaltung. Warum ist die Phosphatregelung noch hineingekommen, die ursprünglich nicht vorgesehen war?
 
Schmidt: Eins will ich ganz klar sagen: Wir haben einiges abwenden können, was für die Landwirtschaft überaus problematisch gewesen wäre. Aber wir sorgen auch für eine gute Wasserqualität. Die Begrenzung und Reduzierung der Phosphatdüngung soll nur auf vollversorgten Böden greifen. Diese Regelung ist deshalb nötig, weil sie ein wirkliches Problem angeht.
Agra-Europe: Teilen Sie die Befürchtung, dass damit die Veredlung in bestimmten Regionen massiv beeinträchtigt wird?
 
Schmidt: Nein. Es geht nicht darum, die Veredlung zu reduzieren. Eigentlich handelt es sich um ein Transport- und Managementproblem, das wir lösen müssen.Wir müssen erreichen, dass Nährstoffe dort ausgebracht werden, wo sie benötigt werden und nicht immer nur dort, wo sie anfallen.

Der Bedarf ist da, zum Beispiel in zahlreichen Ackerbauregionen mit wenig Viehbesatz. In diesem Zusammenhang müssen wir auch die Anstrengungen verstärken, die Aufbereitung von Gülle zu optimieren, um Dünger leichter transportieren zu können. Ein Problem ist zudem, dass die Düngeproblematik bei uns durch Gülleimporte aus den Niederlanden verstärkt wird.
 
Agra-Europe: Wird es den von Agrarpolitikern aller Fraktionen geforderten Bestandsschutz für JGS-Anlagen in der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) geben.
 
Schmidt: Ich unterstütze diese Forderung und es wird mit den Ländern darüber verhandelt. Nach meinem Eindruck ist man sich auch dort der Gefahr bewusst, dass wir ein Stück kalten Strukturwandel durch die Aufgabe kleiner und mittlerer Betriebe ernten würden. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung im Sinne der Landwirte erreichen werden. In trockenen Tüchern ist das aber noch nicht.
 
Agra-Europe: Wird die Bundesregierung dazu einen neuen Verordnungsentwurf vorlegen?
 
Schmidt: Der Ball liegt im Feld des Bundesrates.
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