Horst Reinhardt: Eine Überschuldung droht der deutschen Landwirtschaft sicher nicht. Die Investitionstätigkeit der Agrarbetriebe reflektiert vielmehr die guten Zukunftsaussichten der Branche. Hinzu kommen politisch gesetzte Investitionsanreize im Bereich der erneuerbaren Energien, wobei die Finanzierung von Biogasanlagen 2012 deutlich nachgelassen hat. Bei der Photovoltaik war hingegen ein Vorzieheffekt spürbar. Neben den guten Zukunftsperspektiven und den politischen Anreizen hilft natürlich auch das historisch niedrige Zinsniveau. Das ist nicht vergleichbar mit einem überhitzten Bausektor wie zum Beispiel in den USA.
- Landwirte investieren 2012 weniger in erneuerbare Energien (24.01.2013) ...
- Zinsen bei der Rentenbank steigen (22.01.2013) ...
Der steigende Fremdkapitaleinsatz bereitet Ihnen also keine Sorgen?
Horst Reinhardt: Nein, aber das Management der Wachstumsbetriebe ist durch die höheren Kapitaldienste tatsächlich in einer neuen Qualität gefordert. Liquidität ist der Schlüssel. Denn hohe Investitionen führen nicht nur zu hohen Kapitaldiensten, sondern das Wachstum wird begleitet von destabilisierenden Faktoren wie beispielsweise einem hohen Anteil an Fremdarbeitskräften und Pachtflächen sowie geringeren Eigenkapitalanteilen. Vor dem Hintergrund volatilerer Märkte kommt der Rücklagenbildung dann natürlich ein größerer Stellenwert zu. Die Betriebe sollten in guten Zeiten einen Liquiditätspuffer aufbauen, um bei schwächeren Betriebsergebnissen darauf zurückgreifen zu können. Das muss nicht unbedingt eine Barreserve sein, sondern da hilft auch eine eingeräumte Kreditlinie weiter.
Wo liegen die zentralen Herausforderungen für die Finanzierung eines wachstumsorientierten Landwirtschaftsbetriebes in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Horst Reinhardt: Auch wenn ich mich wiederhole: Liquidität ist der Schlüssel. Wachstumsbetriebe dürfen Liquiditätsreserven nicht vergessen. Das volatile Marktumfeld und Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen stellen die Betriebe vor besondere Herausforderungen. Empfehlenswert ist eine Sensitivitätsanalyse, um die Verwundbarkeit des Unternehmens bei verschiedenen Preisszenarien zu erkennen und um entsprechend reagieren zu können. Durch die Spezialisierung fehlt den Betrieben heute zumeist der innerbetriebliche Risikoausgleich. Die Landwirte müssen sich darum aktiv mit dem Risikomanagement auseinandersetzen. Die Hausbanken fragen heute verstärkt nach, ob der Landwirt seine spezifischen Risiken kennt und im Griff hat. Viele Risiken sind beherrschbar, wenn sie rechtzeitig erkannt werden, sei es durch Versicherungen oder technische und betriebswirtschaftliche Maßnahmen.
- Rentenbank: Risikomanager online (12.02.2013) ...
- Den Leitfaden "Risikomanagement in der Landwirtschaft" finden Sie hier ...
Wie sicher ist nach Ihrer Einschätzung der Fortbestand der Euro-Zone?

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Dr. Horst Reinhardt: Der Euro wird weiter bestehen, das ist meine klare Erwartung. Sein Fortbestand bleibt für die Stabilität der Volkswirtschaften in Europa und auch aus globaler Sicht sehr wichtig. Die Bestrebungen von Politik und EZB zeigen bereits erste Erfolge, da die Finanzmärkte sich derzeit stabilisieren. Entscheidend bleibt, in den Reformbemühungen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit nun nicht nachzulassen. Insoweit könnten sich die Fesseln der Währungsunion als Vorteil erweisen, weil sie zu echten Reformen zwingen. Europa kann dann tatsächlich gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Welche Konsequenzen hätte ein Zerbrechen der Euro-Zone für die Landwirtschaft in Deutschland und in Europa?
Horst Reinhardt: Wir als Landwirtschaftliche Rentenbank glauben nicht an ein Zerbrechen der Euro-Zone. Die Folgen würden globale Ausmaße annehmen. Zudem ist es von Bedeutung, dass die EU am Euro festhält. Eine Rückkehr zur D-Mark und die damit einhergehende Aufwertung hätten fatale Folgen für den Export.
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