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JGS-Anlagen: Agrarminister Schmidt knickt ein

am Mittwoch, 17.09.2014 - 08:00 (Jetzt kommentieren)

Berlin - Die Landwirte müssen sich scheinbar nun doch auf verschärfte Anforderungen für JGS-Anlagen einstellen. Agrarminister Christian Schmidt stimmte nun der Einbeziehung in die Bundesverordnung zu.

Dem Vernehmen nach wird die Bundesregierung die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) mit den Maßgaben des Bundesrates in Kraft setzen. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte sich bislang unter Hinweis auf mögliche Folgekosten für die Landwirte dagegen gewehrt und seine Zustimmung zum Inkraftsetzen der Verordnung verweigert. Sein Meinungsumschwung steht offenbar im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Novelle der Düngeverordnung.
 
Eine Voraussetzung für die Verständigung sei gewesen, das Schmidt gegenüber Umweltministerin Barbara Hendricks seine Zustimmung zur Anlagenverordnung signalisiert habe, heißt es in Berlin. Daneben dürften auch die anstehenden schwierigen Verhandlungen mit dem Bundesrat über die Düngeverordnung den CSU-Politiker bewogen haben, von seiner bisherigen harten Linie in Sachen AwSV abzuweichen. Der Kabinettsbeschluss zur Anlagenverordnung soll noch in diesem Monat herbeigeführt werden.
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Neue Behälter brauchen Leckageerkennung

Nach dem Beschluss der Länderkammer sollen neue Güllebehälter mit einem Gesamtvolumen von mehr als 25 Kubikmeter künftig generell mit einem Leckageerkennungssystem ausgerüstet sein. Für bestehende Behälter soll diese Verpflichtung im Grundsatz ebenfalls gelten, es sei denn, eine nachträgliche Leckageerkennung ist technisch nicht machbar oder unverhältnismäßig. Den Nachweis dafür sollen die Landwirte erbringen müssen.

Sachverständigenprüfung verpflichtend

Vorgeschrieben werden soll eine Sachverständigenprüfung bestehender Anlagen. Bei JGS-Anlagen, die vor 1971 in Betrieb genommen wurden, soll diese Prüfung binnen vier Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung erfolgen müssen. Für neuere Anlagen sollen längere Fristen gelten. Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2001 in Betrieb genommen wurden, sollen binnen zwölf Jahren überprüft sein müssen. Werden bei der Überprüfung Mängel festgestellt, soll der Betreiber zur unverzüglichen Beseitigung verpflichtet werden.

Streitpunkt Biogasanlage

Gefordert wird zudem eine Klarstellung hinsichtlich von Lagerstätten für Gärsubstrate im Zusammenhang mit Biogasanlagen. Danach soll geregelt werden, dass keinesfalls jede Anlage zum Lagern von Gärsubstraten oder Gärresten Bestandteil einer Biogasanlage sei. Vielmehr müssten Gärrestlager in einem "funktionalen und räumlichen Zusammenhang" zur Biogasanlage stehen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Güllebehälter von Landwirten, die ihre Gülle an eine Biogasanlage liefern, nicht im Sinne der AwSV als Biogasanlage mit den entsprechenden Auflagen eingestuft werden.

Agrarminister fordert Anpassungen

Schmidt hatte sich diesen Forderungen des Bundesrates widersetzt und dies mit der "unzumutbarer Belastung für den Agrarsektor" begründet. Ein wichtiger Punkt waren für Schmidt die im Bundesratsbeschluss vorgesehenen und aus seiner Sicht unzureichenden Regelungen zum Bestandsschutz. Der CSU-Politiker hält längere Übergangszeiten für sinnvoll, um auslaufenden Betrieben eine Restwirtschaftsdauer zu ermöglichen, ohne sie mit zusätzlichen Investitionen zu belasten. Dem Vernehmen nach sollen den Bedenken zumindest in Teilen Rechnung getragen werden. Durch Anpassungen in der Verordnungsbegründung will man gewährleisten, dass JGS unterhalb einer Bagatellgrenze nicht kontrolliert und gegebenenfalls nachgerüstet werden müssen. Zudem soll sich die Kontrolle auf die Betongüte und -dicke beschränken.
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AbL: "Existenzbedrohend"

Der Landesverband Niedersachsen/Bremen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hält die geplante Einbeziehung in die verschärfte Bundesverordnung für Industrie-Anlagen als "völlig unverhältnismäßig und gefährde die Existenz gerade auch vieler mittlerer und kleinerer Bauernhöfe". Der AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann wies darauf hin, dass die Grundwasserbelastung durch die Ausbringung von Gülle aus überdimensionierten Tierhaltungsstrukturen entstehe und nicht durch die von dieser Verordnung betroffenen Lagerkapazitäten.
 
Die AbL rief daher alle anderen landwirtschaftlichen Verbände dazu auf, gemeinsam den noch ausstehenden Kabinettsbeschluss der Bundesregierung zu verhindern. Laut AbL sei es völlig unverhältnismäßig, wenn Umweltministerin Hendricks und Bundesagrarminister Schmidt alle landwirtschaftlichen Behälter mit Anlagen z.B. der Chemie-Industrie gleichsetzen wolle. Die vorgesehenen Zusatz-Auflagen, z.B. das längerfristige Leerstehen von Behältern für eine Sachverständigenprüfung und die Nachrüstpflichten für eine Leckage-Erkennung auch unter bestehenden Anlagen seien nicht durchführbar.

Reform der Düngeverordnung

Unterdessen hat die Bundesregierung auf die Stellungnahme der EU-Kommission geantwortet, die ihr die Brüsseler Administration im Juli wegen unzureichender Umsetzung der europäischen Nitratrichtlinie übermittelt hatte. Die zwischen den Ressorts abgestimmte Antwort basiert auf dem Entwurf für eine Novelle der Düngeverordnung, den das Bundeslandwirtschaftsministerium vorgelegt hatte.
 
Kernpunkte der Düngeverordnung:
  • Verlängerung der Sperrfisten für die Ausbringung
  • Verringerung des zulässigen Stickstoffüberschusses ab 2020 auf 50 kg pro Hektar
  • Einführung bundeseinheitlicher Vorgaben für das Fassungsvermögen von Anlagen zur Lagerung von Wirtschaftsdünger
  • Einbeziehung von Gärrückständen in die Obergrenze von 170 kg/ha und Jahr für Gesamtstickstoff aus organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln
  • höhere Anforderungen an die Ausbringungstechnik.
 
Dem Vernehmen nach plant das Bundeslandwirtschaftsministerium zudem den Einstieg in die Hoftorbilanz. Große Betriebe mit starker Viehhaltung sollen künftig einen Nährstoffvergleich auf Hoftorbasis durchführen müssen, bei dem die Nährstoffmengen, die in den Betrieb hineinfließen und die abgehenden Nährstoffmengen bilanziert werden. Eine dafür notwendige Verordnungsermächtigung soll in das Düngegesetz aufgenommen werden.
 
 

DBV kritisiert Regierungspläne

Durch den Beschluss des Bundesrates, für alle Güllebehälter eine Leckageerkennung und eine Sachverständigenprüfung vorzuschreiben, werde der Strukturwandel in der Landwirtschaft massiv beschleunigt, befürchtet das DBV-Präsidium. Der DBV erinnerte daran, dass die Bundesregierung bisher die Auffassung vertreten hat, keine über die bisherigen landesrechtlichen Regelungen hinausgehenden Anforderungen für JGS-Anlagen zu schaffen und für Altanlagen Bestandsschutz vorzusehen. Damit wurde die Position des DBV bestätigt, der seit mehreren Jahren davor warnt, dass von den unverhältnismäßigen Auflagen vor allem kleine und mittlere tierhaltende Betriebe mit älteren Anlagen unter Druck gesetzt werden.
 
Das Präsidium des DBV kritisierte ferner die vom Bundesumweltministerium in den Verhandlungen zur Düngeverordnung geforderte Einführung einer verpflichtenden Hoftorbilanz. Abgesehen von dem voraussichtlich hohen bürokratischen Aufwand sei die Hoftorbilanz nach Einschätzung des DBV aus fachlichen Gründen nicht das geeignete Instrument, die Effizienz und Effektivität der Düngung zu verbessern. Mit der bereits jetzt im Rahmen der Düngeverordnung vorgeschriebenen Flächenbilanz gelinge es sehr viel besser, das Düngemanagement auf der Fläche zu steuern, bedarfsgerecht zu düngen und gleichzeitig Nährstoffüberschüsse zu minimieren.

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