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Milchpolitik

Kartellamtsbericht prägt Berliner Milchforum

Podiumsdiskussion Milchforum
am Freitag, 17.03.2017 - 13:30 (Jetzt kommentieren)

Der Sachstandsbericht des Bundeskartellamtes hat den ersten Tag des 8. Berliner Milchforums geprägt. Konkrete Ansätze für die Zukunft gab es nur wenige.

„Gesellschaft im Wandel — Gibt es einen verlässlichen Weg für die deutschen Milchbauern?“ — diese Frage sollte am gestrigen Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion auf dem 8. Berliner Milchforum beantwortet werden. Doch konkrete Antworten hörten die rund 500 Teilnehmer nur wenige.

Die Reaktion von Ingo Müller, Hauptgeschäftsführer des DMK Deutsches Milchkontor, auf den aktuellen Sachstandsbericht des Bundeskartellamtes war eher verhalten. Er beschränkte sich hauptsächlich auf die Verteidigung des Status quo.

Breit diskutiert wurden außerdem die Möglichkeiten zur Absatzförderung und die Notwendigkeit einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierstrategie. Diese soll den Landwirten wieder mehr Planungssicherheit bringen.

Nicht an Kündigungsfrist rütteln

Das Bundeskartellamt hatte zu Beginn dieser Woche die zu langen Kündigungsfristen und Vertragslaufzeiten für die Milcherzeuger kritisiert. Es gebe dadurch so gut wie keine Wechsel zwischen den Molkereien.

Die Vorwürfe stießen bei Ingo Müller auf Unverständnis. Es sei Sache der Molkerei-Mitglieder, wie sie die Lieferbeziehung regeln, unterstrich der DMK-Chef. Man habe sich nicht kartellwidrig verhalten.

„Jeder Landwirt weiß beim Einstieg in die Genossenschaft, dass er für zwei Jahre an die Ablieferung der Milch gebunden ist. Wenn er das nicht möchte beziehungsweise unzufrieden ist, kann er aussteigen. Das ist ganz klar und demokratisch geregelt“, erklärte Müller.

Kürzere Kündigungsfristen würden nicht bedeuten, dass der Druck auf die Geschäftsführung steige. „Schließlich geben wir immer unser Bestes“, rechtfertigte sich der DMK-Geschäftsführer.

Der Landwirt, als Anteilseigner der Genossenschaft, hat nach Ansicht von Müller jederzeit in den Gremien die Möglichkeit, an den Stellschrauben im Unternehmen zu drehen. Dadurch könne er direkt auf die Geschäftsführung einwirken.

Angesprochen auf die lange Vertragsbindung erklärte Müller, dass auch die Molkerei, zu der ein Landwirt wechseln möchte, Planungssicherheit benötige. Nur dann könne das Unternehmen investieren. Deshalb dürfe die aktuelle Kündigungsfrist nicht verkürzt werden.

Karsten Schmal, Milchbauernpräsident beim Deutschen Bauernverband (DBV), sieht den Sachstandsbericht des Bundeskartellamtes in erster Linie als Anregung für die Milchbranche. Die Kritikpunkte dürften nicht als Frontalangriff gegen die Molkereien verstanden werden. „Als Bauernverband tragen wir einige Punkte des Berichts mit, andere hingegen nicht“, erklärte Schmal.

Mehr Planungssicherheit

Die von der Politik vorgegebenen Rahmenbedingungen müssen laut Prof. Folkhard Isermeyer, Präsident des Thünen-Instituts, wieder mehr Beständigkeit haben. Im Moment wüssten die Landwirte nicht, in welche Richtung sie investieren sollen.

„Eine Strategie kann nur funktionieren, wenn das Kernziel bekannt ist. Es nützt nichts, wenn nur Label entworfen werden, denn dann hört die gesellschaftliche Diskussion zur Landwirtschaft niemals auf“, sagte Isermeyer. Das Ziel solle eine nationale Nutztierhaltungsstrategie sein, die auch gesellschaftlich akzeptiert sei. Das verhindere, dass die Politik ständig die Rahmenbedingungen ändere.

Absatzförderung stärken

DBV-Milchpräsident Karsten Schmal

Milchbauernpräsident Karsten Schmal regte die Gründung einer Organisation zur Absatzförderung an, die auch die zu diesem Zweck bereit stehende EU-Förderung für Deutschland abruft. Außerdem müsse man verstärkt in verschiedene Produktschienen investieren.

„Wir haben in Deutschland hinsichtlich einer differenzierten Milchproduktion noch großes Potenzial. In Österreich produzieren beispielsweise etwa 43 % der Milcherzeuger in speziellen Programmen. Das reicht von Weidemilch bis Heumilch. Solche Programme müssen wir auch in Deutschland stärker umsetzen und so dem Lebensmitteleinzelhandel zuvorkommen“, sagte Schmal. Man müsse selbst alternative Konzepte ausarbeiten, bevor es der Handel tue. Ansonsten würden den Landwirten die Vorgaben ohne ausreichende Vergütung aufgedrückt.

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