Den meisten Landwirten fällt ein Stein von Herzen, wenn sich zumindest eines der Kinder entschließt, den Familienbetrieb weiterzuführen. Oft heißt es, die Eltern hätten es selbst in der Hand, ob ihre Kinder Lust haben, in die Landwirtschaft einzusteigen. Doch können Eltern die Entscheidung ihrer Kinder wirklich beeinflussen?
Das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt hat zu dem Thema beim Bildungsberater Günther Rehm vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten nachgefragt.
Als Landwirt ein gutes Vorbild sein
„Die beste Voraussetzung, die Freude an der Landwirtschaft an die Kinder weiter zu geben, ist, selber gerne Landwirt oder Landwirtin zu sein“, ist der Bildungsberater überzeugt. „Das lässt sich in vielen verschiedenen Lebensbereichen beobachten: „Wenn jemand etwas gerne macht, dann strahlt diese Person das aus. Das kann ansteckend wirken, auch auf den Nachwuchs.“
Die Kehrseite ist jedoch: Wenn die Eltern nur noch die Schwierigkeiten ihres Berufs sehen und sie sich nicht mehr auf die positiven Aspekte fokussieren können, kommt auch das bei den Kindern an und prägt ihre Einstellung zur Landwirtschaft. Denn auch diese Einstellung, dass alles nur anstrengend, schlecht oder negativ ist, strahlen Menschen aus.
Auch Schwierigkeiten gehören zum Alltag
Eltern müssen sich aber keinen Druck machen, ständig die perfekten Vorbilder zu sein und ihren Kindern nur die positiven Seiten der Landwirtschaft aufzuzeigen. Das ist nicht authentisch, denn zum (Berufs-)Alltag gehören auch schwierige Phasen. Rehm betont, dass es dabei wichtig ist, diese Schwierigkeiten als Familie zu besprechen. „Es darf durchaus vor den Kindern zur Sprache kommen, dass es Probleme gibt, selbst wenn es schwerwiegende Dinge sind, und dass man sich mit diesen auseinandersetzt“, meint der Bildungsberater und ergänzt: „Nur wenn man offen über Schwierigkeiten spricht, können Kinder bei konstruktiven Problemlösungen von den Eltern lernen.“
Ein weiterer Pluspunkt: Als Familie kommt man bei Schwierigkeiten häufig auf ganz andere Lösungen, als dies im Alleingang möglich wäre. „Ich denke das ist sogar eine der Kernkompetenzen von erfolgreichen Familienbetrieben“, betont Rehm. „Sie haben es geschafft eine Basis zu finden, gemeinschaftlich Probleme anzugehen und zu lösen.“
Druck bringt nichts
„Eltern sollten ihren Kindern bei der Frage, welchen Beruf sie lernen wollen, den Freiraum einräumen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Und diese respektieren“, unterstreicht der Bildungsberater. Freilich müssen Eltern ihren Wunsch nicht verschweigen – sie dürfen offen sagen, dass sie sich freuen würden, wenn die Kinder in die Landwirtschaft einsteigen möchten.
Wenn Kinder sich vor dem Hintergrund dieses Freiraums für die Landwirtschaft entscheiden, einfach weil sie es selber wollen, dann steht einem erfolgreichen Weg in Richtung Ausbildung und Betriebsnachfolge nichts mehr im Weg. Aber wenn Eltern bemerken, dass sich die Kinder beruflich in eine andere Richtung entwickeln, sollten sie keinen Druck aufbauen. Aus seiner Erfahrung finden einige Kinder sogar zur Landwirtschaft zurück, nachdem sie erst einen anderen Beruf gelernt haben.
Dieser Artikel erschien zuerst im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt
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