Was bedeuten die Ergebnisse des neuen IPCC-Berichts des für deutsche und europäische Landwirte?
Der Bericht zeigt noch deutlicher als frühere Berichte, dass der Klimawandel überall auf der Welt bereits angekommen ist. Deutschland und Mitteleuropa werden im Vergleich zu vielen anderen Weltregionen wahrscheinlich milder betroffen sein. Aber auch hier muss sich die Landwirtschaft auf zunehmende Schwierigkeiten einstellen, selbst wenn es gelingt, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Mit welchen Schwierigkeiten müssen sie in den nächsten 10 Jahren rechnen?
Es wird zu mehr Hitzetagen über 30 Grad kommen, häufiger zu länger anhaltenden Trockenperioden (wie z.B. im Jahr 2018 und 2019), aber auch zu häufigeren extremen Starkregen-Ereignissen. Kurzfristige extreme Niederschlagsmengen wie im Ahrtal im Jahr 2021 können im Prinzip jederzeit und überall auftreten. Und es macht eben einen entscheidenden Unterschied für die Landwirtschaft, ob es über 5 Jahre jedes Jahr gleichmäßig 700 mm regnet, oder zwei Jahre hintereinander 400 mm und danach jeweils 1000 mm, womöglich mit ungünstiger saisonaler Verteilung.
Welche Anpassungsstrategien können deutsche und mitteleuropäische Landwirte anwenden?
Der neue Bericht zeigt, dass die Entwicklung von Anpassungsstrategien bislang noch zu langsam erfolgt, und dass der Aufbau einer klimaresilienten Landwirtschaft und Gesellschaft nur in Zusammenhang mit dem Erhalt funktionierender natürlicher Ökosysteme funktionieren wird. Die Landwirtschaft kann sich anpassen durch verbesserte Produktionstechnik, z.B. durch die Einführung angepasster Nutzpflanzenarten aus anderen Regionen, durch die Züchtung klimaresilienter Sorten, durch eine bodenschonende und wassersparende Bodenbearbeitung, aber auch durch vielfältigere Fruchtfolgen. Ein höherer Anteil pflanzlicher Nahrungsmittel würden die zunehmende Konkurrenz um Flächen vermindern und gleichzeitig landwirtschaftliche Emissionen reduzieren. Offene und diversifizierte internationale Handelsbeziehungen können helfen, die Agrarmärkte auch in Zukunft zu stabilisieren.
Was können deutsche Landwirte durch mögliche Anpassungen erreichen?
Ernteausfälle und Ernteschwankungen können reduziert werden. Damit werden auch die landwirtschaftlichen Einkommen gesichert. Allerdings müssen Anpassungsstrategien konkret in der Region geplant und entwickelt werden. Es gibt keine pauschalen Lösungen, die überall gleich funktionieren.
Wie schätzen Sie die bisherigen Anpassungen in der Landwirtschaft ein? Sind sie ausreichend?
Ich erlebe in der Landwirtschaft ein deutliches Umdenken über die letzten 10 bis 15 Jahre. Die Erkenntnisse zum Klimawandel sind durch die immer detaillierteren Berichte des IPCC inzwischen bei den meisten Beteiligten angekommen. Allerdings erfolgt die konkrete Umsetzung von bereits verfügbaren Anpassungs- und Emissionsvermeidungsmaßnahmen noch zu langsam. Klima-Anpassung und Klimaschutz müssen in der Landwirtschaft gemeinsam gedacht werden.
Die Berichte des Weltklimarats IPCC dienen als Grundlage für weltweite Klimapolitik
Im August 2021 wurde der erste Teil des sechsten Sachstandberichts des Weltklimarats veröffentlicht. Er zeigt, dass von Menschen verursachte Treibhausgasemissionen seit den Jahren 1850 bis 1900 für ca. 1,1 Grad Celsius an Erderwärmung gesorgt haben. Die Autoren des Berichts gehen zudem davon aus, dass eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 oder 2 Grad nur noch möglich sei, wenn Treibhausgasemissionen schnell verringert werden.
Der zweite Teil des sechsten Sachstandberichts des Weltklimarats IPCC verdeutlicht die Folgen des Klimawandels. Der Bericht listet Verwundbarkeiten auf und informiert über Anpassungsstrategien. Außerdem wird klar: Auch wenn es gelingt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, werden Risiken bleiben, die sich nicht vermeiden lassen. Jenseits der 1,5 Grad Celsius wird es zu weiteren negativen Auswirkungen kommen.
Schon jetzt bedrohen immer häufiger Hitzewellen und Überflutungen die Lebensgrundlage vieler Menschen. Die zunehmenden Wetterextreme werden vor allem Afrika, Asien, Zentral- und Südamerika, die Arktis und kleine Inselstaaten treffen. Laut Weltklimabericht könnten 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen weltweit von den Folgen des Klimawandels betroffen sein. Diese Schätzung bezieht sich nicht nur auf Menschen, die direkt vom Klimawandel betroffen sind, sondern auch Menschen, die als verwundbar gelten, weil es in ihren Staaten Armut, Konflikte und zu wenig sauberes Trinkwasser gibt.
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