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Reportage

Landwirt sucht Gärtner

Stefan Körner
am Mittwoch, 13.02.2019 - 09:29

Landwirt Stefan Körner vermietet Gemüsebeete an Hobbygärtner. Der Wunsch der Städter nach einem Fleckchen Erde ist gut für seinen Geldbeutel und auch für seinen Hofladen.

Es ist Mitte Oktober und die Sonne wirft bereits lange Schatten hinter Kartoffel-, Tomaten-, Kürbis- und Kohlpflanzen. Mittendrin, zwischen Gemüseparzellen, die „Pension“, „Hubsies Paradies“ und „Theresas Gemüsegarten“ heißen, steht Stefan Körner. Die Parzellen haben ihre Namen von ihren Hobbygärtnern bekommen. Diese leben überwiegend in der Stadt und haben sonst keine eigene Fläche, um sich Gemüse zu ziehen. „Ich vermiete seit drei Jahren über die Internetplattform, meine Ernte‘ Gemüsebeete an Hobbygärtner“, sagt der Landwirt.

Das steckt hinter „meine Ernte“

Hinter „meine Ernte“ verbirgt sich ein Unternehmen, das bundesweit landwirtschaftliche Fläche an Privatleute vermittelt. Dafür stellt Stefan Körner beispielsweise 0,29 ha Fläche zur Verfügung, für die er von „meine Ernte“ eine Pacht erhält. Eine Voraussetzung, um bei „meine Ernte“ mitmachen zu können, ist eine Fläche von mindestens 2.500 m², die für bis zu 50 Gärtner reicht. Die Fläche wird in kleine Parzellen geteilt, die entweder 45 m² oder 90 m² groß sind. Der kleine Garten kostet den Kleingärtner pro Saison 229 Euro, der große 439 Euro. Dieses Jahr hatte Körner 45 Hobbygärtner auf seiner Fläche.

Meine Ernte wurde 2010 gegründet

„Wichtig ist auch, dass die Flächen gemüsetauglich sind. Daher sind unsere Partnerbetriebe entweder Acker- oder Gemüsebauern“, sagt Natalie Kirchbaumer, Mitbegründerin von „meine Ernte“. Diese Voraussetzungen kann Stefan Körner problemlos erfüllen. „Bis 2013 haben wir selbst Feldgemüse angebaut. Daher haben wir alle notwendigen Geräte wie Pflanz- und Sämaschine.“ Natalie Kirchbaumer und ihre Kollegin Wanda Ganders sind allerdings aus einem anderen Grund auf Körners Betrieb aufmerksam geworden. „Wir haben im Internet recherchiert, welche Betriebe in der Nähe von Großstädten liegen und daher für unser Projekt geeignet wären. Dann haben wir bei den Landwirten angerufen und sind hingefahren, wenn sie Interesse hatten.“

Arbeit hält sich in Grenzen

Für den Landwirt hält sich diese jedoch in Grenzen. Körner schätzt, dass er pro Saison ein bis zwei Tage für Bodenbearbeitung und Säen benötigt. „Dafür bekomme ich von ,meine Ernte‘ einen Anbauplan. Ich säe dann rund 20 Gemüsesorten quer zu den Gärten an.“ Das verringert den Arbeitsaufwand für Körner und jeder Pächter hat dadurch ein paar Reihen von jedem Gemüse. Die Einteilung der Gärten übernimmt dann das Team von „meine Ernte“.

Landwirt stellt Gartengeräte zur Verfügung

Ende April, Anfang Mai beginnt die Saison. Der Landwirt stellt Gartengeräte wie Gießkanne, Spaten, Rechen, Hacken und auch Wasser zur Verfügung. Die Pflege und Ernte übernimmt dann der Hobbygärtner. Die Hobbygärtner sind bunt gemischt. „Bei uns mieten Familien, Rentner, Ökos, Hipster, Akademiker und auch Schüler“, sagt Kirchbaumer. Inzwischen ist „meine Ernte“ in 25 Städten in ganz Deutschland vertreten. „Zurzeit arbeiten wir mit 23 Landwirten zusammen“, sagt Kirchbaumer.

Arbeit für Landwirt extensiv

Für den Landwirt ist so eine Fläche arbeitsextensiv. Im Frühjahr muss er vorbereiten und am Ende der Saison, Anfang November, benötigt Körner noch mal einen halben Tag, um die Gemüsebeete abzuräumen. „Ansonsten fahre ich während der Saison ab und zu vorbei und schaue nach den Beeten.“ Kontakt zu den Gärtnern hat er nicht sehr häufig. Die Kommunikation läuft überwiegend über „meine Ernte“. „Wenn ich jedoch bei den Beeten bin, spreche ich natürlich mit ihnen und gebe gerne Tipps“, sagt Körner.

Gut für die Öffentlichkeitsarbeit

Der Lohn für die Hobbygärtner ist über die ganze Saison frisches Gemüse. Das Prinzip ist auch für den Landwirt ein Zuverdienst. Für Stefan Körner war allerdings nicht der finanzielle Aspekt auschlaggebend, bei „meiner Ernte“ mitzumachen: „Mir liegt die Öffentlichkeitsarbeit sehr am Herzen.“ Zudem wollte der Landwirt den Städtern die Möglichkeit geben, wieder mehr Bezug zu den Lebensmitteln zu bekommen.

Gut für Direktvermarktung

Natalie Kirchbaumer hält einen weiteren Aspekt für wichtig: „Die meisten unserer Landwirte sind wie Stefan Körner Direktvermarkter. Durch uns können sie bekannter werden. Wir verschicken beispielsweise Newsletter an unsere Kunden und an alle die daran Interesse haben, und stellen unsere Produkte vor. So können unsere Landwirte überregionale Kundschaft erreichen.“ Das ist auch für Laufkundschaft in Körners Hofladen gut. An Wochentagen hat er täglich etwa 250 Kunden und am Samstag rund 400. Wie viele davon allerdings von „meine Ernte“ kommen, weiß er nicht.

Gärtner mieten häufig über Jahre

Der Erfolg gibt dem Projekt Recht. Das Verständnis wächst genauso wie Kohl, Kürbis oder Karotten. Und es ist auf Dauer. Viele Hobbygärtner mieten regelmäßig über Jahre eine kleine Parzelle.