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Politik EU

Maßnahmepaket Milchkrise: 'Ein Tropfen auf den heißen Stein'

am Mittwoch, 09.09.2015 - 12:43 (Jetzt kommentieren)

Am Montag wurden Maßnahmen beschlossen, die den europäischen Landwirten aus der Krise helfen sollen. Das Ergebnis des Sondergipfels sorgt für kontroverse Stimmung bei Politik und Verbänden.

Die Europäische Kommission hat bei der Tagung des EU-Agrarrats am 7. September 2015 ein 500 Millionen Euro umfassendes Maßnahmenpaket vorgelegt, mit dem den europäischen Landwirten die Bewältigung der aktuell schwierigen Marktlage ermöglicht werden soll. Doch was bringt das Maßnahmepaket? Ist es ein Schritt in die richtige Richtung, ein Tropfen auf den heißen Stein oder gehen die Maßnahmen ganz und gar an der Problematik vorbei? Wir haben die Stimmen aus der Politik und den Verbänden gebündelt.

Stimmen aus der Politik:

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt befürwortet das Maßnahmenpaket: "Damit geben wir den Landwirten Luft zum Atmen, um sich auf die Herausforderungen des Marktes einzustellen. Langfristig müssen wir Strukturen schaffen, die Position der Landwirte so zu verbessern, dass sich in einer Tiefpreis-Situation die Gewinne nicht allein zugunsten des Handels entwickeln."
 
Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko Aeikens bewertet die Beschlüsse gundsätzlich positiv. Die Landesregierung wird mit Bürgschaften und Steuerstundungen helfen. Außerdem räumen wir die Möglichkeit ein, zur Überwindung von Liquiditätsengpässen Land vorübergehend an die Landgesellschaft zu verkaufen und es zurückzupachten.
 
"Die Entscheidungen der Agrarminister sind leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein und stellen keine wirklichen, dauerhaften Hilfen für die Landwirte dar. Sie führen nur zu mehr Verwaltung und der Markt wird bloß müde über Brüssel lächeln", erklärt Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz MV.
 
Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck hat das angekündigte Paket als unzureichend kritisiert. "Die EU setzt die falschen Zeichen. Sie will die Verstärkung des Exportes. Das heißt nur, dass die Milch dann auch auf dem Weltmarkt verramscht wird. Höhere Preise erzielen die Erzeuger damit nicht, stattdessen wird die Politik "wachse oder weiche" fortgesetzt", frei nach dem Motto "viel hilft viel".
 
Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärt: Die gestern, nach dem Sondertreffen der Agrarminister, vorgestellten Maßnahmen werden die strukturelle Krise am Milchmarkt nicht beheben. Sie bleiben weit hinter den dringend notwendigen Maßnahmen zurück.

Stimmen aus den Verbänden

Copa und Cogeca begrüßen einige positive Zusätze zum neuen Hilfspaket der EU-Kommission, auf die sich die Landwirtschaftsminister gestern Abend einigten, mahnen aber, dass es nach wie vor unzureichend sei, um den Landwirten der EU bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen.
 
"Die Ankündigung der EU-Kommission, aufgrund der aktuellen Preismisere im Agrarsektor ein Maßnahmenpaket mit 500 Millionen Euro bereitzustellen, ist ein Schritt in die richtige Richtung."Das betonte DBV-Präsident Joachim Rukwied nach der gestrigen Sitzung des EU-Agrarrates in Brüssel. "Das ist die kurzfristig hilfreichste Maßnahme, um die Betriebe durch das Preistief zu bringen und Liquidität zu sichern." Bund und insbesondere die Bundesländer sind nun gefordert, diese Maßnahme nicht zu einer Scheinlösung geraten zu lassen.
 
Die Milchviehhalter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter sind äußerst unzufrieden mit den Ergebnissen des gestrigen Sonderagrarrats. "Sie gehen an der eigentlichen Problematik vorbei, sind völlig unzureichend, zu unbestimmt und bringen den Milchviehhaltern angesichts eines Wertschöpfungsverlustes von rund 4 Milliarden Euro alleine in Deutschland nicht die spürbare Entlastung, die sie jetzt so dringend benötigen, um ihre Betriebe durch die massive Krise zu retten.
 
Ähnlich sind die Stimmen der Milcherzeuger des European Milk Board (EMB).  Die Politik hat ganz klar am Problem vorbei entschieden. Die Krise auf dem Milchsektor ist struktureller Art und wird sich durch die zugesagten Gelder aus Brüssel nicht lösen lassen.

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