Mehr als zwei Jahre ging nichts, weil aufgrund der Pandemie fast alle Veranstaltungen in geschlossenen Räumen abgesagt werden mussten. Doch nun wird die Freude über den Wegfall der Schutzmaßnahmen deutlich getrübt. Der Grund ist eine Ausnahmegenehmigung, die Kommunen nun für Veranstaltungsräume nicht mehr erteilen dürfen.
Denn ab diesem Jahr gilt die geänderte Niedersächsischen Versammlungsstättenverordnung (NVStättVO) uneingeschränkt, sobald die Veranstalter mit mehr als 200 Party-Gästen rechnen. Hintergrund ist die Streichung des Paragraphen 47 der NVStättVO.
Sind Erntedankfeste und Gottesdienste auch bedroht?
Der Paragraph 47 ermöglichte es Behörden, Scheunen oder Gebäude wie Lagerhallen für einzelne Veranstaltungen unkompliziert zu genehmigen. Zum 01.01.2022 wurde dieser Paragraph gestrichen. Seitdem muss die Genehmigung durch die Behörden auf Grundlage der niedersächsischen Bauordnung (NBauO) erfolgen. Betroffen sind nicht nur Scheunenparties: Auch die traditionellen Erntedankfeste, Gottesdienste und weitere Kulturveranstaltungen.
Bauantrag für Landjugendfeten notwendig
Für die Landjugend ergeben sich durch den Wegfall des Paragraphen riesige Herausforderungen, die kaum zu stemmen sind. Für jede Veranstaltung mit mehr als 200 Besucherinnen und Besuchern ist jetzt ein Bauantrag notwendig. Zudem werden Parkplatzkonzepte, Bestuhlungs- und Entwässerungspläne sowie Toilettenkonzepte gefordert. Bei Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern muss sogar ein Lärmschutzgutachten erstellt werden. Das ist nicht nur bürokratischer Aufwand, sondern auch mit hohen Kosten verbunden. Schnell können Kosten im vierstelligen Bereich entstehen, wenn Planungsbüros und Gutachter erforderlich werden.
Für die Landjugend, die mit den Scheunenfeten ihre Haupteinnahmequelle generiert, ein riesiger finanzieller Rückschlag, der auf Kosten aller Jugendlicher geht, für die die Landjugend Aktivitäten organisiert. Ein weiteres Problem, das nicht unterschätzt werden darf: Um einen Bauantrag einzureichen, wird ein bauvorlageberechtigter Entwurfsverfasser benötigt. Aufgrund von Haftungsrisiken und auch in Anbetracht des Zeitaufwands dürfte es sehr schwierig werden, eine solche Person ehrenamtlich zu finden. Leichter umzusetzen sind die Veranstaltungen immerhin im Zelt oder als Open-Air-Veranstaltung.
Landjugend fordert: „Bauminister Lies muss handeln“
In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern die Niedersächsische Landjugend (NLJ) und die Katholische Landjugendbewegung Niedersachsen (KLJB) Bau- und Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) auf, sofort zu handeln. Das Ministerium hatte im Juni letzten Jahres noch betont, dass sich mit der Änderung keine neuen Anforderungen ergeben würden. Dies hätten die Mitglieder der Landjugend jedoch anders erleben müssen, hieß es in der Pressemitteilung der NLJ. Gebäude, in denen bislang jahrelang Veranstaltungen stattgefunden hätten, würden nun für die gleichen Zwecke nach Anwendung der NBauO mitunter nicht mehr genehmigt. Die neu gestellten Anforderungen an Brandschutz und Standsicherheit gingen in den Augen der NLJ weit über das gebotene Maß hinaus.
Der Mehraufwand sei für die ehrenamtlichen Jugendgruppen nicht mehr zu tragen. Sicherheit müsse bei den Veranstaltungen an oberster Stelle stehen, so die NLJ. Einen neuen vollständigen Bauantrag zu fordern, halte man aber für übertrieben. „Hier muss ein Weg gefunden werden, der die Sicherheit auch ohne Bauantrag garantiert und für ehrenamtlich Tätige umsetzbar ist“, so Torben Kessen und Erja Söhl. Die NLJ fordere nun eine umgehende Lösung. Denn: „Die Scheunen- und Erntedankfeste sind bei Weitem nicht nur eine Möglichkeit zum Feiern für Jugendliche, sondern verbinden ganze Dörfer und Generationen.“
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