Es ist nicht immer leicht, der Obrigkeit und erst recht einer Besatzungsmacht entgegenzutreten. Heute sind es ein blau-gelber Schal, ein Sticker im Facebook-Profil oder ein Peace-Zeichen auf dem Feld, die zeigen: Wir stehen mit den Menschen in der Ukraine. Putin, verzieh dich.
Landwirte haben schon früher Zeichen gesetzt, wenn ihnen etwas nicht passte. Das Dänische Protestschwein ist ein Beispiel für einen besonders subtilen Protest, wie ihn nur Landwirte fertigbringen können.
Theodorm Storm und die Schweine formulierten Protest
Die Geschichte beginnt damit, dass der dänische König zugleich Herzog von Schleswig und Holstein war. Es war ein fernes Echo des Durcheinanders nach dem Zusammenbruch des Heiligen römischen Reiches im Jahr 1806. Der Zustand im Norden passte weder Preußen noch Österreichern.
Und so brachen die beiden Mächte 1864 einen Krieg vom Zaun. Kurz: Sie haben gewonnen, vor allem den Preußen mit ihrer Übermacht konnten die Dänen wenig entgegensetzen. Österreich herrschte fortan im Herzogtum Holstein und in Lauenburg. Preußen verleibte sich Schleswig ein. Nach dem Krieg mit Österreich zwei Jahre später, bekam Preußen auch noch den Rest. 200.000 dänischstämmige Menschen waren fortan Preußen. Ob sie wollten oder nicht. Der Dichter Theodor Storm hat die Annexion scharf kritisiert und die Stimmung damals gut zusammengefasst: „Die unglaublich naive Rohheit dieser Leute vertieft die Furche des Hasses, die Preußens Vorfahren tief in die Stirn der Schleswig-Holsteiner eingegraben. Auf diese Weise einigt man Deutschland nicht.”
Bauern setzen mit Protestschwein ein Zeichen
Das Königreich Preußen ließ fortan das Zeigen der dänischen Flagge bei Strafe verbieten. Die rote Fahne mit dem weißen Kreuz galt als Symbol des Widerstands. 1881 dann meldete ein Polizeiposten nach Berlin, dass bei Bauern rot-weiße Schweine zu sehen wären. Trotz intensiver Befragung konnte den Schweinehaltern aber keine Absicht nachgewiesen werden. Sie blieben straflos. Aber die Rasse blieb offiziell ohne Namen. Die Obrigkeit entschied sich fürs Wegsehen, war sich aber der Geste bewusst.
Die Schweine hatten ihre rote Farbe, robuste Natur und ihre Stehohren wohl bekommen, als die Bauern mit englischen Tamworth-Ebern kreuzten. Die Rasse war unter den preußischen Dänen sehr beliebt und weit verbreitet. Sie ging als "Dänisches Protestschwein" in die Geschichte ein.
Protestschwein starb 1968 aus, heute gibt es eine Nachzüchtung
Und sie bekam auch noch einen anderen Namen: Ab dem ersten Weltkrieg galt sie als rote Variante der Angler Rasse. Aber erst 1954 fand sie einen Eintrag ins Herdbuch als „Rotbuntes Husumer Schwein“. Ab 1968 verliert sich die Spur allerdings, das Herdbuch wurde geschlossen, die Rasse galt als ausgestorben. Erst 1984 tauchten wieder Exemplare auf, die zumindest äußerlich dem Protestschwein ähnelten.
Auch die Österreicher haben noch eine Episode in der Geschichte. Auch in Wien bekam man mit, dass Preußen sich über das Protestschwein ärgerte. So kam es 1911 zu der Überlegung, das rotbunte Tier in Anlehnung zu den Farben Österreichs zum Nationalschwein des Kaiserreichs zu machen. Doch die Vorlage war zu gut: Als vom Saustall in der Hofburg die Rede war, verzichtete man auf dieses Symbol.
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