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Landfrauen

Politik muss endlich aktiv werden für die Landwirtinnen

Juliane Vees, Vizepräsidentin des Deutschen LandFrauenverbands, stellt die Bäuerinnenstudie dem Bundestagsernährungsausschuss in Berlin vor. „Darunter sind Zahlen, die unseren Verband schockiert haben.“
am Dienstag, 23.05.2023 - 10:36 (Jetzt kommentieren)

Landwirtinnen sind oft schlechter abgesichert als Landwirte. Der Deutsche LandFrauenverband fordert mehr Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie, Pflege und Ehrenamt für Frauen in der Landwirtschaft. Dazu nahmen die Frauen gestern im Bundestagsernährungsausschuss die Politik in die Pflicht.

Was bewegt die Landwirtinnen in Deutschland, wie zufrieden sind die Frauen auf dem Land und herrscht auf Bauernhöfen Gleichberechtigung? Das untersucht die Bäuerinnenstudie des Deutschen LandFrauenverbands (dlv) und zeigt Burn-out, Überlastung, mangelnde Absicherung und zu wenig Unterstützung bei der Familienplanung auf.

Daher forderte der dlv gestern vor dem Bundestagsernährungsausschuss politische Konsequenzen aus der Studie „Die Lebenssituation von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland“ ein. Vizepräsidentin Juliane Vees bekräftigte gegenüber den Bundestagsabgeordneten im Ausschuss den Handlungsbedarf in den Bereichen Agrarstatistik, soziale und rechtliche Absicherung sowie Gesundheitsschutz.

Landwirtinnen stehen vor Entscheidung: Kind oder Betrieb?

Im Bundestag thematisiert wurden unter anderem folgende Ergebnisse der Studie:

  • eine Landwirtin nimmt sich durchschnittlich nur 11,4 Urlaubstage im Jahr
  • junge Landwirtinnen stehen oft vor der Entscheidung: Betriebsleitung oder Familiengründung, Kind oder Kuh?
  • viele Landwirtinnen sind unsicher, wie viel Unterstützung beispielsweise durch Betriebshilfe sie vor und nach der Geburt eines Kinds bekommen
  • die schwere Arbeit auf den Höfen belastet Frauen stark gesundheitlich, unter anderem weil nach der Schwangerschaft zu früh wieder mit der Arbeit begonnen werde
  • viele Frauen haben eine unzureichende Altersvorsorge, obwohl sie vollwertig im Betrieb mitarbeiten
  • Durch die auf den Höfen übliche Ehegatten-GbR werden Frauen häufig in die Pflicht genommen, ohne sie an Entscheidungen zu beteiligen.
  • Der Anteil an Betriebsleiterinnen ist in Deutschland deutlich geringer als in vergleichbaren europäischen Ländern.

Landwirtinnen zu wenig sichtbar auf den Betrieben

Ein Ziel müsse sein, die Leistungen von Frauen in allen Tätigkeitsbereichen auf landwirtschaftlichen Betrieben sichtbar zu machen, sagte Vees. Eine Möglichkeit dafür sei, diese in der Agrarstatistik differenziert darzustellen. Gegenwärtig zeichneten Statistiken ein unvollständiges und teilweise verzerrtes Bild.

Hohe Belastung der Frauen in der Landwirtschaft

Dringend notwendig ist laut Vees, der psychischen und physischen Belastung von Frauen in der Landwirtschaft vorzubeugen. Dazu sei vor allem das Thema „seelische Gesundheit“ zu enttabuisieren. Die Vizepräsidentin zitierte ein Ergebnis der Studie, demzufolge ein Fünftel der befragten Frauen Hinweise auf eine Burnoutgefährdung zeigten. Dies betreffe vor allem Frauen in der „Rushhour des Lebens“ im Alter zwischen 35 und 54 Jahren sowie Frauen auf Betrieben in einer schlechten finanziellen Situation sowie mit unklaren Zukunftsperspektiven.

Digitalisierung könnte Landwirtinnen helfen

Landwirtin Hanka Mittelstädt ergänzte, die zunehmende Digitalisierung in der Landwirtschaft habe das Potenzial, die Arbeit der Frauen auf den Betrieben zu erleichtert, es scheitere aber oft an der notwendigen Internetverbindung: „Im Stall mitten auf einem Acker in der Uckermark hat man kein Glasfaser, das wäre aber nötig, um den Stall managen zu können“, erläuterte sie gegenüber den Bundestagsabgeordneten.

„Maßgeschneiderte Beratung und Begleitung ist zu vielen Themen sinnvoll und notwendig“, bilanzierte schließlich Juliane Vees. Sie sprach sich dafür aus, bundesweit eine sozio-ökonomische Beratung aufzubauen, zu erweitern und nachhaltig zu finanzieren. Schließlich komme der Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum eine besondere Bedeutung zu. Dies gelte insbesondere für die ärztliche Versorgung. Eine nicht ausreichende Versorgung in diesem Bereich erhöhe die Sorgen beziehungsweise Ängste und verlängere die Wege der Frauen.

Mit Material von AgE

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