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Politik international

Rechnungshof bewertet Mittelverwendung erstmals positiv

am Freitag, 20.11.2009 - 13:25 (Jetzt kommentieren)

Brüssel - Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben EU-Agrargelder zuletzt häufiger als in der Vergangenheit regelkonform ausgegeben. Im vergangenen Jahr war die Mittelverwendung erstmals nicht mit "wesentlichen Rechtmäßigkeits- und/oder Ordnungsmäßigkeitsfehlern" behaftet.

Zu diesem Schluss gelangt der Europäische Rechnungshof in seinem Jahresbericht für 2008. Danach lag die Fehlerquote über den gesamten Agrarbereich hinweg damals knapp unterhalb der Bagatellgrenze von zwei Prozent.

In der ländlichen Entwicklung, auf die rund 19 Prozent der Gesamtausgaben entfallen, war der Mängelanteil nach wie vor höher als bei den übrigen Agrarausgaben im Rahmen des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL); die Quote lag laut Hof zwar über der Zwei-Prozent-Schwelle, aber unter dem Niveau der Vorjahre. Ferner waren die ermittelten Verstöße in finanzieller Hinsicht relativ geringfügig. In der Brüsseler Generaldirektion Landwirtschaft wurde der Bericht mit großer Genugtuung aufgenommen.

Verwaltungsaufwand gesunken

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel bezeichnete die Ergebnisse des Rechnungshofberichts als Meilenstein. Dieser Erfolg sei hauptsächlich den jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verdanken, insbesondere der Entkopplung der Direktbeihilfen. Dadurch sei der Verwaltungsaufwand für Landwirte und Behörden nämlich deutlich gesunken, erklärte Fischer Boel am Dienstag vergangener Woche in Brüssel. Ferner begrüßte die Dänin die gesunkene Fehlerquote in der ländlichen Entwicklung. "Natürlich werden wir alles daran setzen, diese Verbesserung in den kommenden Jahren fortzusetzen", so die Kommissarin. In der Zweiten Säule gebe es einfach mehr Fehler, weil die den Landwirten auferlegten, aber notwendigen Verpflichtungen sehr detailreich seien.

Beihilfen für verbuschte Flächen

Die Rechnungsprüfer untersuchten insgesamt 204 Vorgänge in 14 Mitgliedstaaten. Im Einzelnen wurde die Betriebsprämienregelung in Belgien, Spanien, Slowenien und Großbritannien, die Einheitliche Flächenzahlung in Bulgarien, Rumänien, Estland und Polen sowie die Förderung der ländlichen Entwicklung in Tschechien, Irland, Griechenland, Spanien, Italien, Ungarn und Portugal überprüft. Deutsche Betriebe gehörten diesmal nicht zur Stichprobe. Der Rechnungshof moniert an der Durchführung der Direktzahlungsregeln unter anderem, dass Zahlungen an Begünstigte ohne Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt seien.

In Rumänien habe es in einem Fall für bestimmte Parzellen keinen Anhaltspunkt gegeben, dass sie in den vergangenen Jahren von Tieren beweidet oder aber gemäht worden seien. Der größte Teil dieser Flächen sei mit Büschen und Farnen, der restliche Teil mit hohem Gestrüpp bewachsen gewesen. Der Hof bewertete diese besichtigten Parzellen als aufgegeben und deshalb nicht förderfähig. Die Europäische Kommission will dieser speziellen Verfehlung nachgehen, hält sie aber für einen Einzelfall. In ihrer Antwort auf den Bericht weist die Behörde darauf hin, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit EU-Rechtsvorschriften keine Beweidungs- oder Mähpflicht vorschreiben müssten, um einen "guten landwirtschaftlichen Zustand" zu erhalten.

An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass eine Verpflichtung zur Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit als Voraussetzung für Beihilfen nicht mit den Vorschriften der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar sei.

Italienisches Problem Superabgabe

Ein weiteres vom Rechnungshof angeführtes Beispiel betrifft die Handhabung der Superabgabe in Italien, wo gegen zahlreiche Milcherzeuger Gerichtsverfahren wegen Umgehung der Abgabe anhängig sind. Die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, die Abgabe in den Betrieben zu erheben, so die Prüfer. Rom habe 2008 zwar an Brüssel die nationale Abgabe in Höhe von insgesamt 174,5 Millionen Euro gezahlt, bei den betroffenen Erzeugern jedoch lediglich einen Betrag von 21,5 Millionen Euro zurückgefordert. In einem geprüften Einzelfall belaufe sich die Abgabenschuld des Erzeugers für die Wirtschaftsjahre seit 1995/96 auf mehr als 610.000 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5.200 Euro.

Datenlücken gefunden

Hinsichtlich der Fördermaßnahmen unter der Zweiten Säule wurde unter anderem kritisiert, dass bei Agrarumweltmaßnahmen bestimmte Bedingungen nicht eingehalten oder falsche Angaben gemacht worden seien. Eine mit Einschränkung positive Erwähnung findet das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS). Es sei ein wirksames Instrument zur Verringerung des Risikos vorschriftswidriger Ausgaben, sofern es ordnungsgemäß angewendet werde. "Gravierende" Kontrollmängel wurden jedoch in Großbritannien, Bulgarien und Rumänien ausgemacht. In den zugrunde liegenden Datenbanken für die Flächenidentifizierung seien erhebliche Unzulänglichkeiten aufgedeckt worden.

Zuverlässige Daten über die Zahlungsansprüche seien aber eine Grundvoraussetzung dafür, dass die einzelnen Begünstigten korrekte Betriebsprämienzahlungen erhielten. In Großbritannien seien die Daten unvollständig, ungenau und veraltet; in mehr als 1.200 Fällen bestünden bei den Ansprüchen Unstimmigkeiten, die noch geklärt werden müssten.

Mittelmeerländer glänzen durch Regelverstöße

Wie ferner aus internen Zahlen der Kommission hervorgeht, führen Italien und Griechenland die Liste der Länder an, bei denen die Behörde selbst besonders viele unsachgemäß verwendete Mittel über die vergangenen Jahre hinweg feststellte. Seit 1999 wurden im Rahmen des Rechnungsabschlussverfahrens von Rom und Athen jeweils mehr als 1,3 Milliarden Euro zurückgefordert. Es folgen Spanien mit Unregelmäßigkeiten in Höhe von 1,15 Milliarden Euro, Frankreich mit 1,0 Milliarden Euro und Großbritannien mit 0,5 Milliarden Euro.

Die Bundesrepublik schneidet in diesem Vergleich relativ gut ab: Die an sie gerichteten Forderungen betrugen insgesamt 151 Millionen Euro. Über die EU-25 hinweg zog die Kommission seit 1999 insgesamt 5,9 Milliarden Euro ein. Nach Sektoren aufgeschlüsselt zeigten sich die meisten Missstände mit rund 1,5 Milliarden Euro bei den Flächenbeihilfen und den Feldkulturen. Aber auch im Olivensektor wurde die Marke von einer Milliarde Euro überschritten. Darüber hinaus verlangte die Kommission unter anderem rund 720 Millionen Euro für Tierprämien, 640 Millionen Euro vom Obst- und Gemüsesektor und 610 Millionen Euro für Zahlungsverzug zurück. (AgE)

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