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Ernährung und Gesundheit

Streit um Gentechnik-Honig geht weiter

am Mittwoch, 19.03.2014 - 06:23 (Jetzt kommentieren)

Berlin - Deutschland wird sich in Brüssel nicht für eine Kennzeichnungspflicht von Honig einsetzen, der gentechnisch veränderten Pollen enthält.

Ein entsprechender Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ist im Bundestag von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt worden.
 
Die Grünen hatten kritisiert, dass die EU-Kommission 2012 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der sogenannten Honigrichtlinie vorgelegt habe, der im Ergebnis Pollen von Pflanzen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) als natürlichen Bestandteil von Honig einstufen würde. Dadurch wäre eine Kennzeichnung von Honig, der Pollen zugelassener GVO enthalte, nicht mehr erforderlich.

Wahlfreiheit erhalten

Vor diesem Hintergrund forderten die Grünen die Bundesregierung jetzt dazu auf, sich in den Verhandlungen mit der EU über die geplante Änderung der Honigrichtlinie dafür einzusetzen, dass die Kennzeichnungspflicht und damit die Wahlfreiheit für den Verbraucher erhalten bleibe. In diesem Zusammenhang verwies die Fraktion auf das sogenannte Honigurteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahr 2011, wonach Honig, der Pollen von in der EU zugelassenen GVO enthält, als genetisch verändert zu kennzeichnen sei. Die Linken plädierten ebenfalls dafür, dem EuGH-Urteil zu folgen und "im Zweifel für die Verbraucher und für die Imkerei" zu entscheiden. Wenn GVO-Pollen im Honig enthalten seien, müsse das für die Käufer, die Agrogentechnik mehrheitlich ablehnten, auch erkennbar sein. Nach Ansicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verfehlte der Antrag in wesentlichen Detailfragen sein Ziel. Die SPD-Fraktion befürwortet zwar die Angabe von GVO-Pollen als Zutat in Honig, widersprach aber der Forderung nach erneuten Verhandlungen zu diesem Thema auf EU-Ebene. Die Gespräche im Rahmen des Trilogverfahrens seien bereits abgeschlossen.
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Viel zu aufwändig

Die CDU/CSU-Fraktion schloss sich der Einschätzung des Europaparlamentes an und betonte, dass Pollen ein natürlicher Bestandteil von Honig und keine Zutat seien, weshalb eine Kennzeichnung nicht notwendig sei. Hinzu komme, dass der Pollengehalt von Honig so gering sei, dass er generell unter dem Grenzwert kennzeichnungspflichtiger Bestandteile liege.
 
Sogar der Grenzwert für Lebensmittel mit dem Ohne-Gentechnik-Siegel, der bei 0,1 Prozent angesetzt sei, werde unterschritten. Zudem würde eine Kennzeichnungspflicht zu einem "nicht mehr vertretbaren hohen bürokratischen Aufwand" für die deutschen Imker führen, gab die Union zu bedenken. Internationale Handelspartner hätten mögliche Kennzeichnungspflichten bereits in den zuständigen Ausschüssen der Welthandelsorganisation (WTO) als Handelshemmnis gerügt. Schließlich verwies die CDU/CSU-Fraktion darauf, dass Honig mit Pollen von GVO ohne EU-Zulassung in den Mitgliedstaaten nicht verkauft werden dürfe. Für zugelassene GVO habe die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) dagegen die gesundheitliche Unbedenklichkeit bestätigt.
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Nicht erfüllbar

Die SPD-Fraktion bekräftigte ihre Forderung nach Wahlfreiheit für den Verbraucher im Bereich der Gentechnologie und nach Kennzeichnungspflichten. Im Fall des Honigs kämen diese sogar den deutschen Imkern entgegen. Bislang mache das Fehlen einer Kennzeichnung den europäischen Imkern "mit ihren wertvollen Qualitätsprodukten und hohen Standards" nämlich den Markt kaputt, so die Sozialdemokraten. Die Analysetechnik stehe nicht nur den deutschen Importeuren zur Verfügung, sondern werde seit dem Honigurteil des EuGH auch genutzt. Auch sei der Nachweis über den Abstand des Bienenstocks zu gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland nahezu kostenfrei über die Standortregister für GVO-Felder möglich, stellte die Fraktion fest. Der Antrag der Grünen komme zum jetzigen Zeitpunkt aber "einfach zu spät". Man könne "von einer Bundesregierung nichts verlangen, was sie nicht erfüllen kann". Das Trilogverfahren auf EU-Ebene sei beendet und es gebe "den Brauch, dass dieses Verfahren auch nicht wieder eröffnet werden kann".

Unterstützung auch in der Koalition

Dieser Einschätzung widersprach der Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Harald Ebner. Das Verfahren auf EU-Ebene sei noch nicht abgeschlossen. Die Regierungskoalition versuche aber "Deutschlands Bedeutung in Brüssel kleinzureden". Dabei bestünden sehr gute Chancen, noch eine Sperrminorität gegen den Kommissionsvorschlag zur Änderung der Honigrichtlinie zu erreichen. Dazu dürfe Deutschland diesem Plan aber nicht zustimmen. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Kieler Landtag, Bernd Voß, betonte, dass die Verbraucher ein grundsätzliches Informationsrecht hinsichtlich der in Lebensmitteln enthaltenen Bestandteile hätten. Unterstützung erhielt der Grünen-Antrag, über den namentlich abgestimmt wurde, auch von drei Abgeordneten der Koalition. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel erklärte als einer von ihnen, die Kennzeichnung sei ein wichtiger Schritt hin zu der im Koalitionsvertrag geforderten "Wahrheit und Klarheit" für den Verbraucher. Darüber hinaus profitierten heimische Imker von einer klaren Kennzeichnung, weil hierzulande bis auf einige Versuchsfelder kaum noch GVO angebaut würden.

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