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Blog Christina

T-Führerschein auf dem zweiten Bildungsweg

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am Dienstag, 04.01.2022 - 10:14 (Jetzt kommentieren)

Christina macht sich an den Treckerführerschein. Andere Landwirtskinder haben den schon mit 16 in der Tasche, Christina tastet sich lieber etwas später an die großen Maschinen heran. Nicht ganz einfach, denn Corona und die Arbeit auf dem Hof machen die Zeitplanung mit der Fahrschule zur echten Herausforderung.

Hallo ihr fleißigen Junglandwirte,

ich hoffe, ihr konntet die vergangenen Feiertage genießen und seid nun aufgetankt in das neue Jahr gestartet. Ich möchte euch von einem ganz besonderen Ereignis erzählen, über das ich mich wirklich freue. Im vergangenen Dezember habe ich nämlich erfolgreich die Führerscheinprüfung der Klasse T absolviert.

Das mag dem einen oder anderen Leser von euch nun seltsam vorkommen, sollte ich als auf einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb aufgewachsenes Kind gefühlt doch auf dem Trecker groß geworden sein. Da ihr aber ja wisst, dass unser Familienbetrieb neben der Landwirtschaft auch die Betriebszweige Direktvermarktung und Gastronomie bereithält, erschienen mir als Kind diese weitaus interessanter als die Arbeiten draußen auf dem Feld.

Macht, was euch Freude bereitet!

Das hat in keinem Fall damit zu tun, dass mein Vater mir und meiner Schwester das Gefühl gegeben hat, dass wir als Mädchen nichts auf dem Feld oder gar im Dreck zu suchen haben – ganz im Gegenteil! Er hat sich immer sehr gefreut, wenn wir ihm einen Besuch in seiner Halle abgestattet und Interesse für den Anbau gezeigt haben. Jedoch galt hier – genau wie bei unserer Mutter – immer der Vorsatz für unsere beruflichen Lebenswege: „Macht das, was euch Freude bereitet. Wenn es der Hof ist, freuen wir uns, wenn nicht, ist das auch vollkommen in Ordnung. Denn schließlich haben wir uns selbst bewusst für den Weg vor einigen Jahren entschieden, möchten euch diesen aber nicht überstülpen.“

T-Führerschein: eine Brücke zur Landwirtschaft

Daher habe ich zu Weihnachten 2020 lange mit meiner Schwester über diese Brücke – Christina + Landwirtschaft – gesprochen. Bei einem langen Spaziergang entstand die Idee, für den Anfang einmal einen Führerschein der Klasse T zu machen. Damit Yannik, sollte er einmal Hilfe in diesen Dingen brauchen, mich um Hilfe bitten kann. Das ersetzt sicher keinerlei Theorien, das ist mir durchaus klar, aber es gibt mir zumindest das Gefühl, dass ich eine Brücke bauen kann.

Fahrschule zu Corona-Zeiten: mit Hindernissen

Gesagt, getan. Anfang 2021 meldete ich mich zum T-Führerschein für einen Trecker bei unserer Fahrschule im Dorf an. Aufgrund von Corona konnte ich die Theoriestunden online absolvieren, was es insbesondere an Tagen, wo man bis zum letzten Moment auf dem Hof beschäftigt ist, nicht von Nachteil ist. Die jeweils 6 Stunden Grund- und klassenspezifische Stunden hatte ich vor der Spargelsaison in der Tasche. Hier hatte ich jedoch dann keine Zeit mehr, mich auf die Theorieprüfung vorzubereiten. Ich wollte aber auch nicht, dass das Ganze nun im Sande verläuft und da die Termine für eine theoretische Prüfung beim TÜV aufgrund von Corona frühzeitig gemacht werden sollte, entschied ich mich schon während der Spargelsaison, den Termin festzulegen. Anfang Juli rockte ich dann die Theorieprüfung und wusste, dass die praktische nun weniger einfach für mich wird.

Klar war, dass ich mit dem Case meines Freundes Philipp (für die Technikfreunde unter uns: Case Vestrum 130 VCX) die Prüfung absolvieren werde. Da dieser aber bis Mitte Oktober noch im Feld gebraucht wurde (Trecker UND Freund :-) ), war für mich klar, dass ich erst ab dann mit den Fahrstunden beginnen konnte. Dass ich das selbst natürlich suuuuuuuper schade fand, ist selbstredend – nicht? Mein Freund war es letzten Endes, der mich dann nach Ende seiner Saison zeitnah dazu schubste, den Führerschein nun abzuschließen. Denn wusstet ihr, dass die Theorieprüfung nur 1 Jahr nach Bestehen gilt? Wie unglücklich wäre es gewesen, hätte ich diese noch einmal machen – geschweige denn noch einmal bezahlen – müssen.

Sonntag ist Traktortag

Jeder Sonntag im Herbst bestand also daraus, die Abfahrtskontrolle an Philipps Trecker durchzuführen. Ich konnte es mittlerweile schon nicht mehr sehen und fand es ziemlich doof, meinen einzigen freien Tag für eine solche Beschäftigung opfern zu müssen. Aber es nützte nichts. Insbesondere war das Anbringen der Brems- und Vorratsverschlüsse mein Endgegner. Immer und immer wieder versuchte ich, bekam aber einfach nicht den richtigen Dreh, um diese direkt beim ersten Mal anschließen zu können.

An diese Stelle mag vielleicht einige Leser von euch die Augen verdrehen, ist das doch sooooo einfach. Aber wie lange macht ihr das schon? Für mich waren diese Bewegungen völliges Neuland und nicht selten wollte ich alles hinschmeißen und fragte mich, wofür ich das Ganze eigentlich mache. Aber drei wichtige Männer in meinem Leben und auf dem Hof - mein Papa, mein Freund und Yannik - wurden nicht müde, mir immer und immer wieder zu zeigen, welchen Winkel ich nehmen musste und überlegten, wie man mir das Anbringen noch erleichtern konnte. So brachten sie kurzerhand eine Ackerschiene an, und: tadaaa nun bekam ich auch die Anschlüsse – fast direkt beim ersten Mal – dran *tschaka*. Nach einigen Fahrstunden und noch mehr Vor- und Rückwärtsfahren auf dem Hof mit Anhänger war die Erleichterung groß: Anfang Dezember bestand ich die Prüfung!

Auch Ungewohntes meistern

Auch wenn zwischen Anmeldung (März 2021), Bestehen der theoretischen Prüfung (Juli 2021) und der praktischen Prüfung (Dezember 2021) einige Monate lagen, freue ich mich nun umso mehr, dass ich es geschafft habe! Denn es hat mir nochmal gezeigt, dass ich auch Dinge rocken kann, die mir auf Anhieb nicht so liegen, aber für andere in meiner Situation als Hofnachfolger:in aber so einfach erscheinen (Ja Philipp, ich weiß, dass du mir das stets gesagt und keinen Moment daran gezweifelt hast…).

Dass ich nun in der kommenden Saison bei Philipp schon fest für einige Feldarbeiten eingeplant bin, lasse ich jetzt einfach unkommentiert und freue mich auf die Dinge, die das neue Jahr nun bringen.
In diesem Sinne wünsche ich euch, dass ihr vielleicht in diesem Jahr auch den inneren Schweinehund überwinden und erfahren dürft, dass es da Menschen gibt, die euch wohlgesonnen sind und euch unterstützen möchten. Danke an dieser Stelle, an Papa, Philipp und Yannik, dass ihr mich ausgehalten und stets jede noch so doofe Frage von mir beantwortet habt.
DANKE :-)
Eure Christina

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